Von Frankreich aus verbreitete sich die Gotik fast in ganz Europa. 1221 wurde die Kathedrale von Bourges zum Vorbild einer Kathedrale im spanischen Toledo, im frühen 14. Jahrhundert dann von Bauwerken in Palma de Mallorca, Barcelona und Gerona.
In Deutschland, Italien und Skandinavien konnte sich die Gotik nur langsam durchsetzen. Doch nahm die deutsche Spätromanik gotische Elemente auf. Verbreitung fand die Gotik in Deutschland vor allem durch die Zisterzienser. Erstmals wird der Einfluss französischer Architekten beim 1209 begonnenen Magdeburger Dom deutlich. Rein hochgotisch sind die Trierer Liebfrauenkirche (begonnen 1235) und die Marburger Elisabethkirche (begonnen 1235). Doch ist mit ihren Grundrissen eine spezifisch deutsche Form der Gotik gefunden. Weitere Beispiele deutscher Gotik sind das Straßburger Münster (begonnen 1236), der Kölner Dom (begonnen 1248), die Erfurter Barfüßerkirche (begonnen 1291), die Dominikanerkirche in Colmar (begonnen 1283) und das Münster in Freiburg im Breisgau (begonnen 1250), welches auf das Triforium verzichtete und die Einturmfassade etablierte. Im nördlichen Europa setzte sich die so genannte Backsteingotik durch, die ihren Namen durch das dort verwendete Material erhielt.
In Italien wurde die Gotik durch Ordensbauten wie San Francesco in Assisi (im Auftrag der Franziskaner, begonnen 1228) und Santa Maria Novella in Florenz (im Auftrag der Dominikaner, begonnen 1279) begünstigt. Die Dome von Florenz, Siena und Orvieto bezeichnen einen Zwischenschritt auf dem Weg von der italienischen Romanik zu den Anfängen der Renaissancearchitektur eines Filippo Brunelleschi.
In England zeigt sich der Einfluss der französischen Gotik im Chorbau der Kathedrale von Canterbury und - Mitte des 13. Jahrhunderts - in Westminster Abbey (begonnen 1245), die nach dem Vorbild der Kathedrale von Reims erbaut wurde. Tatsächlich entwickelte sich in England eine ganz eigene Ausformung der Gotik ohne das für die Architektur des Festlands typische Streben nach Vertikalität. Stattdessen betonte der Stil des so genannten Early English (1175-1250) die Horizontalstruktur des Bauwerkes. Auf den Kapellenkranz im Chor wurde verzichtet, teils wurden zwei unterschiedlich aufgebaute Querschiffe verwendet.
Die Architekturauffassung des Early English zeigt sich beispielhaft in der Kathedrale von Salisbury (begonnen 1220). Im so genannten Decorated Style (um 1250-1350) bildete sich in England eine verschwenderische Ornamentik heraus, die sich gänzlich unabhängig von der französischen Gotik entfaltete, so etwa im Angel Choir (1256) der Kathedrale von Lincoln und in der 1322 begonnenen Innenverzierung der Kathedrale von Ely.
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