Am herausragendsten sind die Leistungen der Gotik auf dem Gebiet der Baukunst, vor allem im Bereich des Kirchenbaues. Vorläufer war hier die normannische bzw. die burgundische Architektur.
In deutlichem Gegensatz zur Romanik mit ihren Stilmerkmalen des Rundbogens, der massiven Bauweise und der kleinen Fensterpartien ist die Architektur der Gotik durch Spitzbögen, hoch aufragende (spitze) Türme, reiche Fassadenverzierung (Fialen, Kreuzblumen, Wimperge etc.) und große, mit Maßwerk versehene Buntglasfensterfronten charakterisiert. Dieser Aufbruch der Fassade wurde durch die Einführung des Kreuzrippengewölbes und den Einsatz von Strebepfeilern ermöglicht: Dadurch wurden die Außenmauern, die zuvor ausschließlich das Dach tragen mussten, durch ein ganzes Trägersystem entlastet. Eine weitere architektonische Besonderheit der gotischen Kathedrale bestand darin, den Innenraum nicht mehr streng zu untergliedern, sondern seine Ganzheitlichkeit zu betonen.
Um einen einheitlichen Raumeindruck zu gewährleisten, band die gotische Architektur die (ohnehin verkürzten) Querschiffe enger an das Langhaus an. Dabei blieb die Grundstruktur der Basilika - Hauptschiff, zwei Seitenschiffe, ein Querschiff, ein Chor mit Sanktuarium - weitgehend erhalten. In der Frühgotik der Île-de-France wurde die Mauer mit Hilfe von Arkade, Empore und Rundfensterzone bzw. Triforium (siehe unten) viergeteilt, das zuvor gebräuchliche sechsteilige Gewölbe durch ein vierteiliges ersetzt. Die hoch aufstrebende Bauweise der Gotik sollte den Eindruck von Erhabenheit vermitteln.
In der Gotik kam vor allem der Westfassade diese Aufgabe zu. Die typische gotische Westfassade besteht aus drei vertikalen Abteilungen, die mit den drei Eingangsportalen korrespondieren. Auf diese Weise wird außen die Aufteilung des Innenraumes gespiegelt. Die Westfassade ist gewöhnlich von zwei Türmen überragt. Eine große Fensterrose über dem Hauptportal bildet das optische Zentrum (siehe Rosette).
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