Man nennt ihn auch den "Schicksalsberg der Archäologie", den Hügel
Hissarlik.Hier setzte Heinrich Schliemann im Jahre 1871 zum erstenmal
den Spaten an, um das zu finden, was die Wissenschaftler zu seiner Zeit
als reines Phantasiegebilde abtaten: das Troja, das Homer in der "Ilias"
beschrieben hatte, jenen Ort, an dem Achilles gegen Hektor kämpfte und
Odysseus das trojanische Pferd erbauen liess.
Heinrich Schliemann wurde 1822 im mecklenburgischen Neubukow als Sohn
eines Pfarrers geboren. Sein Vater erzählte ihm griechische Sagen und
weckte so den Wunsch in ihm, einmal Troja aufzusuchen. Zuerst aber
machte Schliemann eine kaufmännische Lehre und wurde bald ein
erfolgreicher Kaufmann. Zu Reichtum gelangt, unternahm er weite Reisen
und liess sich später in Paris nieder, um Archäologie zu studieren. 1870
besuchte er Trojas im Nordwesten der Türkei und begann nach längeren
Verhandlungen mit der türkischen Regierung Ausgrabungen auf Hissarlik
vorzunehmen. Entgegen aller Erwartungen stiess Schliemann auf die
Überreste Trojas. Was er aber nicht wusste: Troja wurde mehrere Male
durch Feuer, Erdbeben oder Kriege zerstört. Die Trojaner bauten ihre
Stadt immer wieder auf die Trümmer des alten Trojas und so entstand auf
der anfangs nur kleinen Erhebung ein immer grösser werdender Hügel.
Heinrich Schliemann stiess auf die zweite Schicht, die er für das Troja
Homers hielt. Kurz vor seinem Tod im Jahre 1890 in Neapel entdeckte er,
dass er die falsche Schicht für "sein" Troja hielt.
Zu seinen weniger rühmlichen Vermächtnissen gehört der nach ihm benannte
Graben, der den Hügel auf einer Länge von 40 Metern durchschneidet. Weil
er unbedingt zum Toja Homers vordringen wollte, zerstörte Schliemann
bedenkenlos alle darüberliegenden Schichten. Den Schatz, den er
schliesslich fand - und fälschlicherweise dem Ilias-König Priamos
zuschrieb -, liess er, entgegen allen Abmachungen, heimlich ausser
Landes schaffen.
Heute weiss man, dass Troja aus neun Schichten besteht. Troja VI war die
bedeutendste Siedlung und die einzige, die als Schauplatz für die
"Ilias" in Frage kommt. Nach ihrem Untergang wurde sie zwar wieder
aufgebaut, doch mit der früheren Pracht war es vorbei.
Die Bedeutung Trojas für die Menschheit bis ins 19. Jh.
Homers Dichtung inspirierte über Jahrtausende Generationen von Malern,
Bildhauern und Schriftstellern. Davon zeugen antike Vasenbilder ebenso
wie Gemälde zum Beispielvon Jan Brueghel und Oskar Kokoschka, Dichtungen
wie Vergils "Äneis" ebenso wie Christa Wolfs "Kassandra".
Noch nach Jahrhunderten beeinflusste Troja auch die Politik: Die Römer
leiteten aus ihrer mythischen Abstammung von Äneas reale
Herrschaftsansprüche auf den östlichen Mittelmeerraum ab. (Äneas rettete
nach der Zerstörung Trojas seinen Vater Anchises und seinen Sohn
Ascanius und gelangte nach vielen Irrfahrten nach Italien.)
Wie man heute Erkenntnisse über die Griechen gewinnt
Heute kann man mittels High-Tech-Methoden selbst winzigste Spuren zum
Sprechen bringen. Man benötigt nur rund 20 Gramm eines Fundstückes und
kann dann das Alter auf 50 Jahre genau feststellen. Mit Hilfe zweier
komplizierter Verfahren können Forscher den C-14-Gehalt und damit das
Alter einer Probe ermitteln. Wirklich präzise sind diese Messungen
jedoch erst, seit man zusätzlich die Jahresringe von jahrtausendealten
Baumstämmen untersucht hat - und dadurch Aufschluss erhielt über die
zeitlichen Schwankungen des C-14-Gehaltes der Atmosphäre.
Insgesamt wurden über 120 Holzkohleproben aus Troja vermessen. So konnte
das Alter der verschiedenen Schichten, das bisher jeweils nur anhand von
Keramikscherben zu bestimmen war, erstmals naturwissenschaftlich exakt
ermittelt werden.
Abgesehen von diesen hochmodernen Methoden kann man auch selber
nachforschen, was sich in der Antike abgespielt hatte. Man kann den
"Tatort" besichtigen, Schriften, Urkunden, Briefe und Dokumente aus
dieser Zeit lesen und Fragen an die Geschichte stellen. Dadurch kann man
Schlussfolgerungen ziehen und erfährt so, was sich ereignet hat.
|