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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Mannheimer schule



Der Begriff M. umfaßt im weiteren Sinne das Musikwesen der ehemaligen Kurpfalz in der 2. Hälfte des 18. Jhdt. Unter Kurfürst Karl Theodor, der 1743-1787 in Mannheim residierte, und im engeren Sinne die Mannheimer Musiker in dieser Zeit (Stamitz als Gründer, Toeschi 1842, Richter 1847, Holzbauer 1852 und Filz 1854). Deren Schüler waren so überragende Virtuosen, dass Burney sie mit einer Armee aus Generälen vergleicht. Besonders gut waren aber die Violinenschüler von Stamitz, als da wären: Cannabich, Fränzl, die Toeschi-Söhne, die Cramer Brüder, Zardt, die Eck-Brüder und die Söhne von Stamitz. Vielgerühmt war die Orchesterdisziplin der Mannheimer, die sich in der Präzision des Vortrages, der Möglichkeit von kleinsten dynamischen Nuancen und in einer einheitlicher Bogenführung zeigten. Das beruhte auf den Gemeinsamkeiten der musikalischen und spieltechnischen Ausbildung der Streicher durch Stamitz/Cannabich. Diese Ausbildung führte zu unvorstellbaren klanglichen Effekten, die u.a. von Mozart gerühmt wurden. Die Blasinstrumente waren im Mannheimer Orchester ausgezeichnet besetzt: 1723: Böhmische Hornisten (Zwirny); 1757/59Klarinettisten (Quallenberg, Gebr. Tausch), waren paarweise im Orchester vertreten, was W.A Mozart als Besonderheit rühmte. Des weiteren seien die tüchtigen Bläser Wendling (Flöte), Ramm, Lebrun (Oboe), und die Hornisten der Familien Dimmlere und Lang erwähnt. Die Zeitgenossen sprachen meist von Mannheimer Qualitäten in bezug auf die o.ä. Disziplin, seit Riemann werden auch die stilistischen Gemeinsamkeiten in den Werken der Mannheimer als Merkmale dieser Gruppe gesehen. Spezifische Merkmale dieser Gruppe, die in einer Wechselwirkung zu den spieltechnischen Qualitäten stehen sind: starke Verselbstständigung der Bläserstimmen im Orchestersatz bis hin zu ausgeprägt konzertanten Partien in den Symphonien, große dynamische und klangliche Kontraste auf engstem Raum, rauschende Crescendi bei gleichbleibender Harmonie unter Beteiligung aller Orchesterteile, kleingliedrigkeit in der melodischen Gestaltung, überraschende Periodik ungerader Taktzahlen, Gegensätzlichkeit zweier Sonatenthemen, Überraschungseffekte wie Akzente auf leichten Taktteilen, unvorbereitete Generalpausen und bestimmte melodische Formeln, die z.T. so drollige Bezeichnungen wie Mannheimer: "Walze" "Rakete" "Seufzer" "Vögelchen" erhalten haben. Diese teilweise zu oft gebrauchten Manieren führten mit unter zu einer Warnung vor dem "vermanierten Mannheimer Gut". Die offensichtliche Abkehr vom Spätbarock (AUFKLÄRUNG) vollzog sich nicht nur in Mannheim (Sammartini) sondern auch in Berlin (s.u.) und Wien (s.u.), in Böhmen und Italien, aber nirgendwo mit dem gleichen Effekt, der gleichen Vehemenz, oder orchestralen Brillanz wie in Mannheim. Daher meine ich, dass die Mannheimer Schule eine Rolle als Avantgarde des 18. Jhdt. hat. Als Vorreiter zwischen Barock und Klassik haben die Mannheimer im Wesentlichen drei Dinge: Erschaffung des Orchesters im heutigen Sinne, Umwertung des Klanges in der Musik, Vorbereitung der neuen Zeit (Sinfonie) Generell hängen diese drei Sachen untrennbar zusammen.
1. Vor der Vorklassik (Renaissance, Barock) war es nicht üblich alle Stücke mit einem genormten Symphonieorchester vorzutragen, im heutigen Sinne, d.h. genormte Besetzung mit erkennbarer Sitzordnung und Wiedergabe der Nominierung in der Partitur (von oben nach unten: Holz, Blech, Batterie, Streicher). Im Barock wurde die Besetzung ad libitum in einem Ensemble zusammengestellt (Brandenburgische Konzerte). Dieses Ensemble bestand meisten aus einem Basso continuo (Generalbass-prinzip) Die anderen Stimmen darüber konnten fast beliebig ausgetauscht werden nach der Formel: Sopraninstrument gegen Sopraninstrument und Baßinstrument gegen Baßinstrument. Das, was z.B. J.S.Bach für seine Matthäus Passion an Instrumenten benötigte schrieb er sich einfach zusammen. Mit diesem ad libitum Ensemble machten die Mannheimer Schluß, indem sie dem Ensemble eine nominierte Struktur gaben. Der Basso continuo wurde zwar nicht abgeschafft, aber die Musik wurde so angelegt, daß er überflüssig wurde. Daraus und aus dem bedeutungslos werden des "maestro al cembalo" kann man das Ende des "generalbassbeherrschten Zeitalters" ersehen. Des weiteren wurde die Begleitung festgelegt: Mittelstimmen der Streicher und Bläser übernehmen die füllende Funktion des Harmonischen. Das Mannheimer Orchester sieht also wie folgt aus: das Streichquartett (1.+2. Geige, Bratsche Cello) bildet die klangliche Grundierung. Die Bläser bringen die klangliche Farbe in das Stück. Durch den Wegfall des basso continuo brauchten die Mannheimer nun eine neue klangfüllende Stimme. Diese Funktion übernahm nun die Hörner, die an den wichtigen Stellen die harmonische Stütze aushielten.
Dieser Wandel bereitete den Klang und die Struktur für die Musik und Orchester der Wiener Klassik vor. Dieser Wandel ist zugleich auch ein Wandel in der elementaren Musikauffassung überhaupt. Die Ober



stimme dominiert nun nicht mehr nur das Geschehen der Musik, sondern auch deren Ausdruck, deren Klang

2. Im Gegensatz zum Barock gewinnt in der V. mehr und mehr an Bedeutung und wird in der Empfindsamkeit sogar zum Hauptbestandteil der Musik, da er das Ausdrucksmittel des Komponisten ist. Die Leute werden nicht mehr von der Machart des Werkes, sondern von der Vortragsweise, der Interpretation, des Stückes begeistert. Die psychologische Methode der Musikerschließung gewinnt an Bedeutung, wie auch schon in der Empfindsamkeit. Stamitz und sein Orchester sorgten nun weniger mit der Form der Musik, als mit dem Klang, dem Sound der Musik für Furore unter den Zeitgenossen. Vergleicht man nun die Malerei mit der Musik, so fällt die Analogie auf: In der Musik ist Klang wichtiger als Komposition, in der Malerei wird Farbe wichtiger als Struktur des Bildes. Es war tatsächlich eine einheitliche Tendenz der V., dass die Erscheinung einen neuen Vorrang vor dem Wesen hatte. Es beeinflußt nicht den Wert von J.S.Bach´s Konzert wenn man es für zwei Klaviere in c oder in der Fassung für zwei Violinen und Orchester in d hört nicht im geringsten. Das ändert sich bei den Mannheimern grundlegend. Der Klang wird von einer Nebensache zu einer der, wenn nicht sogar zu der Hauptsache. Dies kommt in der meisterhaften Aufführungstechnik und der aufsehenerregenden Orchesterdisziplin zum Ausdruck.

Aber die Mannheimer haben nicht nur das Orchester und den Klang der (Wiener) Klassik vorbereitet, sondern sie wirkten zusammen mit anderen Künstlern an der Erstellung der Sinfonie mit und zwar durch den Ausbildung des zweiten kontrastierenden Themas im ersten Satz. Das war eine Voraussetzung für die "Wienerklassische Sonaten-Sinfonie-Entwicklung". Sie führten auch das Menuett als Satz in die Sin. ein, dass in der nunmehr 4-sätzigen Sin. an dritter Stelle steht.
Ein weiteres Merkmal der Mannheimer sind einige wiederkehrende Figuren in der führenden Stimme, die Manieren der Mannheimer, vor denen L. Mozart seinen Sohn warnte.

1. Walze: Motiv, dass bei gleichbleibender Harmonie immer höher rückt.
2. Rakete: In gebrochenem Dreiklang aufschließende Dreiklang Auch noch bei Beethoven zu finden
3. Behebung: Wiederholung des Haupttones eines Themas durch Aufwärts zur Terz und Hinab zum Hauptton.
4. Seufzer: fallende Sekunde vom betonten zum unbetonten Taktteil (Septime auch möglich) lassen sich schon bei Bachs f-moll Präludium des zweiten Teiles des Wohltemperierten Klaviers finden.
Erst die Kombination dieser Manieren machte das "gout" der Mannheimer aus.

Mannheim blieb bis zum Wegzug des Kurfürsten ein Kulturzentrum von europäischen Rang, so gab es auch eine "Kurpfälzische Akademie der Wissenschaften" und das Nationaltheater, in dem 1-1782 die legendäre Aufführung von Schillers "Die Räuber" stattfand.

 
 

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