3.1 Historische Übersicht
Mali hat im Laufe der Jahrhunderte viele Gesichter gehabt. Im vierzehnten Jahrhundert ging von dieser Region vor allem der Glanz Timbuktus aus. Diese Stadt der \"333 Heiligen\" war geistiges Zentrum des Islam, zu dieser Zeit studierten hier mehr Menschen als heute in der 15000 Einwohner Stadt leben. Hier trauten sich Ärzte zum ersten Mal eine Augenoperation zu und hier führten Mathematiker die \"Null\" ein. Der Name \"Mali\" taucht erstmals im 13. Jahrhundert als Name eines West-Sudan Reiches auf, dessen Grenzen die des heutigen Mali aber um ein weites überschritten. Dieses Reich erhielt seine Macht durch die Kontrolle des Handels mit Gold, Sklaven und Gewürzen, der über die Sahara hinaus mit endlosen Kamel-Karawanen betrieben wurde. Aus dieser Zeit stammt wohl auch die kulturelle Identität der in Mali lebenden Volksgruppen, seien es Nomaden oder Seßhafte. Zwischen dem 15. und dem 19. Jahrhundert entwickelten sich weitere Königreiche und Herrschaftsgebiete, die bis heute im Gedächtnis des Volkes verblieben sind, vor allem Samory Touré, der im 19. Jahrhundert hartnäckig Widerstand gegen die vordringenden Franzosen leistete. In dieser Zeit begann dann eine geplante militärische Expansion Frankreichs von dem Senegal aus, die Operation wurde 1895 abgeschlossen und die Region unter dem Namen Soudan Francais in das Generalgouvernement Frz. Westafrika eingebunden. Die Fremdherrschaft dauerte wenig mehr als ein halbes Jahrhundert, begleitet von Grenzziehungen quer durch Volksstämme und ersten Hungerkatastrophen. Die Entkolonialisierung begann 1946, Mali setzte sich für ein föderatives System in Westafrika ein, doch es kam zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Nachbarn, so daß schließlich 1960 auch die Allianz mit dem Senegal zerfiel. Maßgeblich an der Unabhängigkeit beteiligt war die RDA, ein Parteienzusammenschluß mehrerer Staaten. Mitgründer dieser Partei war Modibo Keita, der als Vorsitzender der Union Soudanaise erster Präsident der sozialistischen Partei Malis wurde und es bis 1968 unter Errichtung einer Einparteien-Herrschaft mit ausgedehntem Patronage- und Klientelsystem blieb. In dieser Zeit kam es zu Verstaatlichungen und Planwirtschaft, die ein ökonomisches Defizit entstehen ließen. Ideologische Flügelkämpfe innerhalb der Partei und der Widerstand der Klientel ließen keine Reformen zu. Als die Lage sich zuspitzte putschte schließlich das Militär unter Führung von Moussa Traoré.
Die US wurde aufgelöst, das Militärkomitee sah seine Aufgabe in der Einleitung eines Demokratisierungsprozesses. Trotzdem wurden die Wahlen erst 1974 durchgeführt, schließlich auch auf Druck Frankreichs hin. Traoré nutzte seine Machtstellung, er wurde mit 99,9% der Stimmen gewählt, schaltete seine politischen Widersacher aus und verfestigte ein neues Einparteiensystem, diesmal mit der UDPM an der Spitze, wobei das Militär weiterhin politische Macht behielt. Ende der siebziger setzte langsam der \"second wind of change\" ein, mit Protesten verschiedener Gruppen. Nachdem der Protest gewaltsam beendet wurde, dauerte die Herrschaft von Traoré noch bis 1991 an. Hier setzte - durch einen erneuten Putsch ausgelöst - der eigentliche Demokratisierungsprozess Malis ein, der Gegenstand dieser Arbeit ist.
3.2 Die ökonomische Situation Malis
Willie Breytenbach stellt die These auf, daß Länder mit relativ hohem Pro-Kopf-Einkommen bessere Chancen hätten sich in Demokratien zu verwandeln . Dies bedeutet, daß es wichtig sein kann, die Wirtschaft eines Landes zu beleuchten, was hier, verbunden mit einer geographischen Einordnung, getan werden soll. Ließt man die Zahlen zu Mali, bekommt man schnell den Eindruck, daß - bei einem zutreffen von Breytenbachs These -, Mali keinerlei Chancen auf eine gefestigte Demokratie haben dürfte: Das Bruttosozialprodukt liegt bei 250 US-$ pro Kopf, das Land importiert jährlich Waren im Wert von 477 Mio US-Dollar, bei einem Export von nur 329 Mio US-Dollar. Die Verschuldung ist hoch, und die ehemalige Kornkammer Afrikas hat zwar immer noch einen Anteil von 46% Landwirtschaft am Bruttosozialprodukt, muß aber schon seit 1966 Getreide importieren. Dies liegt natürlich auch an der geographischen Lage Malis: Fast die Hälfte des Landes liegt in der Sahara Region bzw. in der sahelischen Zone. Dürrekatastrophen ziehen hier regelmäßig auch Hungersnöte nach sich. , hier Landwirtschaft zu betreiben gilt als außerordentlich schwierig. Der Fluß Niger, der das Land teilt und es in seiner Mitte mit genügend Trinkwasser und auch Überschwemmungen versorgt , gilt als die Lebensader des Landes . Dieser ist allerdings genau wie der Senegal nur in der Hochwasserzeit befahrbar, so daß er keine nennenswerte Verbesserung der malischen Infrastruktur darstellt: In ganz Mali gibt es nur 2000 km asphaltierte Straßen. Dies und die Binnenlage Malis , nach Norden von der Sahara abgeschnitten, machen Mali wirtschaftlich zu einem der ärmsten Länder der Welt. Allerdings muß auch erwähnt werden, daß die wechselnden Regierungen die Strukturanpassungsprogramme der Weltbank und des IWF umgesetzt haben und somit zumindest eine Basis für eine mögliche Entwicklung schufen, so lag das Wirtschaftswachstum 1996 bei immerhin 6%.
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