Schon lange war Frankreich das Land seiner Träume. Für Kurt Tucholsky war es das Land der Aufklärung und der großen Revolution von 1789 und es war für ihn auch das Land der Demokratie, der Literatur und des Cabarets, des Chansons und des Theaters. Es war kurz gesagt ein Land in dem geistig arbeitende ruhig, zufrieden und halbwegs geachtet leben konnten.
Da das bescheidene Gehalt der "Weltbühne" von 650 Mark nie dazu gereicht hätte, musste er sich nach weiteren Verdienstmöglichkeiten umsehen und so kam er zu einem Mitarbeitervertrag für die angesehene bürgerliche "Vossische Zeitung". Tucholsky sollte für das Feuilleton Glossen und Beobachtungen schreiben und die Beiträge, die sich nicht für die "Voss" eigneten, sollten an die verschiedenen anderen Redaktionen des Hauses weitergegeben werden. Zeitweise hatte er auch einige Nachdruckverträge mit diversen anderen Blättern unterzeichnet, darunter auch die "New Yorker Volkszeitung", die mindestens einen Beitrag pro Monat nachdruckte. Plötzlich schien Paris also zum greifen nahe, da alle Verträge zusammen ihm ein monatliches Einkommen von rund 2000 Mark sicherten.
Im April 1924 war es schließlich soweit und Kurt Tucholsky, der neue Frankreich-Korrespondent der "Weltbühne", reiste vom Charlottenburger Bahnhof nach Paris ab.
Es war für ihn wie eine Rettung in letzter Sekunde, da sein Weltschmerz in den letzten Monaten deutlich zugenommen hatte, doch die Aussicht auf ein Leben im Ausland und somit für Tucholsky die Freiheit stimmten ihn wieder optimistischer. In das von der Inflation deutlich gezeichnete Deutschland wollte er von da an nur noch als Besucher zurückkommen.
Er begann in Paris damit das Terrain zu erkundigen und mit der Suche eines geeigneten Quartiers für ihn und Mary Gerold, die zunächst in Berlin zurück blieb.
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