Khatami wurde 1997 von 70% der Iraner gewählt und hat seinem Volk Respekt vor den Menschenrechten, mehr Pressefreiheit und mehr Rechte für Frauen versprochen. Die Öffnung gegenüber dem Ausland hält er für wichtig, um die wirtschaftliche Situation des Landes zu verbessern. Torpediert wird die Reformpolitik von den fundamentalistischen Kräften um das religiöse Oberhaupt des Iran Ayatollah Khamenei (Nachfolger Khomeinis), der über größere Machtbefugnisse als der Staatspräsident verfügt (Unterzeichnung der Ernennungsurkunde des Präsidenten nach seiner Wahl durch das Volk durch die Geistliche Führung und der Präsident kann auch von ihnen abgesetzt werden).
Keine 24 Stunden nach der Wahl eines progressiven Politikers zum neuen Innenminister hat der Reformkurs des iranischen Präsidenten Khatami einen Dämpfer erlitten. Die vom konservativen Klerus dominierte Justiz verurteilten im Juli 1998 den Teheraner Bürgermeister wegen Amtsmißbrauchs und der Veruntreuung von staatlichen Millionengeldern (Vorwurf: Unterstützung des Reformflügels) zu fünf Jahren Freiheitsentzug
Zwei Jahrzehnte lang konnten die Fundamentalisten den Haß gegen den Westen schüren. Doch die Lebensfreude, den Wunsch nach einem besseren und freieren Leben konnten sie nicht aus den Köpfen tilgen. Die Jugend strömt heute lieber in die Fußballstadien statt zu den Predigten und immer mehr junge Frauen lassen in stillem Protest ihr Haar aus den Kopftüchern hängen. Mutige Studenten an den Universitäten Teherans fordern demokratische Rechte, Pressefreiheit, die Freilassung politischer Gefangener und gar die Trennung von Religion und Politik. Sie brachten die Arbeitslosigkeit genauso zur Sprache wie die hohen Studiengebühren und die Durchsetzung demokratischer Reformen.
Um die Stagnation zu überwinden, bleibt dem Regime im Grunde genommen nichts anderes übrig, als sich zu öffnen. Doch die Fundamentalisten wehren sich mit Händen und Füßen gegen jede Form der Liberalisierung. Ein Ende des Teheraner Machtkampfes zwischen den Mullahs ist nicht abzusehen. Noch sitzen die Konservativen an allen wichtigen Schalthebeln. Sie stellen nicht nur das religiöse Oberhaupt, sondern kontrollieren auch das Parlament, den Sicherheitsapparat, die Justiz und die Armee. Ihre Basis im Volk aber haben sie, abgesehen von den Bauern und den Händlern auf den Märkten, weitgehend verloren. Und das ist für eine Bewegung, die einst von den Massen an die Macht gespült wurde, wohl besonders gefährlich.
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