Im Jahre 1260 beauftragte das Generalkapitel von Narbonne, den Generalminister Bonaventura, ein neues Franziskusleben zu schreiben, und zwar ein ausführlicheres für die Tischlesung und ein kürzeres für den Chorgebrauch. 1263 approbierte das Generalkapitel Bonaventuras Großes und Kleines Franziskusleben, in denen dieser "alles zusammengetragen [habe], was er aus dem Munde jener Männer erfuhr, die gleichzeitig mit ihm gelebt und die alles genau wissen konnten" als die im Orden allein anerkannten Legenden und verfügte die Vernichtung aller früheren Legenden über Franziskus.
Dieser Kapitelbeschluss, dem die Handschriften der Celano-Trilogie fast restlos zum Opfer fielen, ist auf zweierlei zurückzuführen. Zum einen war es wünschenswert, alles über Franziskus in einer Legende vereint zu haben, waren die Legenden des Celano doch zu lang für die Lesung bei Tisch und enthielten sie zudem manch ermüdende Wiederholung. Zum anderen war der Orden zu jener Zeit durch Angriffe von innen und außen bedroht. Im sogenannten "Mendikantenstreit", der in Paris seinen Ausgang nahm, wurde die seelsorgerische Tätigkeit der neuen Orden und ihre evangelische Lebensform überhaupt in Frage gestellt. Daneben waren in den Ordens unter Bonaventuras Vorgänger, Johannes von Parma, der "Joachinismus" und die Ideen des Joachim von Fiore, besonders dessen trinitarische Geschichtslehre eingedrungen.
Auf beide Angriffe antwortete Bonaventura derart gezielt, wie es Celano noch nicht möglich gewesen war. Indem er Franziskus Jesus Christus zuordnete und nicht dem dritten Weltzeitalter, nahm er dem Joachinismus den Wind aus den Segeln. Manche Berichte Celanos, die Bonaventura ausließ, konnten zudem in den Händen der Gegner zu Waffen werden. Darum der Wunsch nach einer neuen Legende und das Verdikt über die alten.
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