Zu Aufgabe 1:
Bei dem Text "Erklaerung der Menschen- und Buergerrechte (26.August 1789)", der von der Nationalversammlung erstellt wurde handelt es sich um einen Text, der erstens die Menschenrechte und deren Einsetzung und Wiedereinsetzung rechtfertigt und zweitens selbige aufzaehlt bzw. festlegt.
Den Artikeln der Menschenrechte geht eine Praeambel voraus, in der die Nationalversammlung die oeffentlichen Missstaende und die Verderbtheit der Regierung mit dem nicht Vorhandensein von Menschenrechten und deren Missachtung begruendet.
Sie bezeichenen die Menschenrechte als angestammte unveraenderliche und heilige Rechte eines jeden Menschen und wollen sie den Menschen durch ihre Erklaerung immer wieder vor Augen halten, damit sich jeder ihrer jederzeit klar ist und werden kann.
Die Menschenrechte begruenden die Handlungen der legislativen und der exekutiven Gewalt mit einem finalen und durch sie, guten Zweck, durch den diese mehr Achtung erlangen koennen.
Durch diese heiligen Rechte will die Nationalversammlung weiter erreichen, dass alle jetzt auf festen Prinzipien gegruendeten Forderungen der Buerger immer dem Wohl des Volkes und der Verfassung diene.
Mit diesen Grundvoraussetzungen und Rechtfertigungen begruendet die Natonalversammlung die Menschenrechte und verkuendet sie unter Leitung von Gott.
Hierauf folgt der 1. Artikel der franzoesischen Menschenrechte.
Er postuliert, dass alle Menschen frei und mit gleichen Rechten geboren werden. Nur im Rahmen der Erzielung des Wohles aller ist die Entstehung sozialer Unterschiede gerechtfertigt.
Im Artikel zwei werden vier grundlegende Menschenrechte, Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Bedrueckung als unverlierbare Werte der Gesellschaftsmitglieder festgeschrieben.
Jede Staatsgewalt (Souveraenitaet) geht vom Staate aus. Sie kann zwar von einer Koerperschaft und sogar von Einzelnen ausgeuebt werden, leitet sich jedoch immer von der Nation ab. Der Staat verkoerpert letztlich die Gewalt, und zwar in jeglicher Form. So wird die Personifizierung von (Staats-) gewalt, wie in Diktaturen oder anderen totalitaeren Staatsformen, ausgeschlossen.
Der Artikel 4 umschreibt die Freiheiten des Einzelnden naeher: alles ist erlaubt, was anderen nicht schadet. Was letztlich erlaubt ist und wo konkrete Grenzen im Handeln einzuziehen sind, regelt nur das Gesetz.
Laut Artikel 5 ist alles erlaubt,was nicht ausdruecklich verboten ist. Im Umkehrausdruck darf auch niemand zu etwas gezwungen werden, was das Gesetz nicht ausdruecklich befiehlt. Hier wird erneut ausdruecklich und
ausschliesslich dem Gesetz die Autoritaet zugebilligt, die allgemein vorhandene Handlungsfreiheit des Einzelnen zu modifizieren.
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Gemaess Art.6 sind alle Buerger gleich vor dem Gesetz. Es gesteht allen das gleiche aktive und passive Wahlrecht zu. Unterschiede in der Besetzung oeffentlicher Aufgaben und Aemter determinieren sich durch natuerliche Unterschiede in Begabung, Talent und Tuechtigkeit.
Zu Aufgabe 2:
Der erste Artikel ist wahrscheinlich auf dem Gedanken J.J. Rousseaus entstanden, welcher besagt: "Der Mensch wird frei geboren, und dennoch liegt er in Ketten. (...)" ("Geschichte, Politik und Gesellschaft" von Cornelsen Seite 21, T8 Zeile 1-2) Dies entspricht inhaltlich dem ersten Artikel, der besagt, dass jeder Mensch frei und mit gleichen Rechten geboren wird. Die sozialen Unterschiede, in die er aber hineingeboren wird (Knechtschaft, Leibeigene u.s.f.), sind ein Faktum.
Dieses "Frei und gleich in allen Rechten" (Menschenrechtserklaehung vom 26. 8. 1789 Artikel 1 Zeile 1) war ein total neuer Gedanke, der sicherlich auch entstanden ist, als die Gesellschaft sich umstrukturiert hat: Im Prinzip sind naemlich alle Menschen im Moment ihrer Geburt gleich, gleich berechtigt und mit gleichen Rechten ausgestattet. Eine derartige Reaktion im Anschluss an eine Monarchie, deren Erbfolge sich auf den Anspruch des Gottesgnadentums beruft, ist nur sehr verstaendlich. Dem zweiten Artikel koennten die Formulierungen und Gedanken J.Lockes zugrundeliegen. Er sagt, dass der Mensch beim Eintritt in eine Gesellschaft zwar seine Rechte des Urzustandes verliert und sie in die Haende der Gesellschaft legt, welche dann aber die noetige Souveraenitaet erhaelt um dem Wohl des gesamten Volkes zu entsprechen und zu dienen. Entsprechend liegt es nach der Geburt des Menschen an ihm, seine unverbraeuchlichen Grundrechte so weit als moeglich fortzuschreiben.
"Man kann deshalb auch nie annehmen, dass sich die Gewalt der Gesellschaft oder der von ihr eingesetzten Legislative weiter erstrecken soll als das gemeinsame Wohl." ("Geschichte, Politik und Gesellschaft" von Cornelsen Seite 20, T6 Zeile 19-22)
Diesem Gedanken ist sicher teilweise auch der naechste Artikel der Menschenrechte entsprungen. Spaeter Umschreibt Locke eine Gewaltenteilung in die legislative, die exekutive und die judikative Gewalt: "Bei der Schwaeche der menschlichen Natur, die stets bereit ist, nach der Macht zu greifen, wuerde es jedoch eine zu grosse Versuchung sein, wenn dieselben Personen, die die Macht haben, Gesetze zu geben, auch noch die Macht in die Haende bekaemen, diese Gesetze zu vollstrecken." ("Geschichte, Politik und Gesellschaft" von Cornelsen Seite 20, T6 Zeile 46-51). Dies dokumentiert sich in der strikten Trenneung von Legislative und Exekutive. Der Mensch ist als schwach erkannt worden. Seinem "natuerlichen " Bestreben nach Machtanhaeufung und Machtausuebung muss durch eine Regel der Allgemeinheit
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(Grundgesetz/Artikel) wirksame Riegel vorgeschoben werden. Rousseau sagt: "[...] Demzufolge bedarf die oberste Gewalt gegenueber den Untertanen keiner Buergschaft, weil der Koerper seine Glieder unmoeglich schaedigen will, [...] Das Staatsoberhaupt ist allein dadurch, dass es ist, auch immer schon das, was es sein soll." ("Geschichte, Politik und Gesellschaft" von Cornelsen Seite 22, T8 Zeile 9-15) Damit sagt Rousseau, dass es keine Koerperschaft oder Einzelnde geben kann, die Souveraenitaet missbrauchen, die die Gesellschaft aller ihnen in die Haende legt, weil sie somit sich selber schaden wuerden. Sie waeren einfach nciht mehr das was sie sind.
Dies ist der Grund fuer die Aufnahme des dritten Artikels in die frz. Menschen- und Buergerrechte, bzw. dieser Gedanke liegt dem dritten Artikel zu Grunde.
Solange man sich anderen gegenueber so verhaelt, das man ihnen nicht schadet, oder sie in ihren Rechten einschraenkt, erhaelt man die selben Rechte. "Schliesslich gibt sich jeder an alle und gibt sich somit niemandem; und da man ueber jedes Mitglied das gleiche Recht erwirbt, das man ihm ueber sich selbst gewaehrt, so gewinnt man das Aequivalent fuer alles, was man verliert, und mehr Kraft, das zu bewahren, was man hat." ("Geschichte, Politik und Gesellschaft" von Cornelsen Seite 21, T8 Zeile 32-37). Und somit kann eine Gesellschaft nur solange existieren, wie die Akzeptanz und Einsicht gegenueber den Rechten und Freiheiten der anderen besteht. Solange ich ein Recht auf Freiheit, auf das Eigentum, auf die Sicherheit, und auf den Widerstand gegen die Bedrueckung erhebe, muss ich anderen die gleichen Rechte einraeumen und diese betrachten, und nur so kann die Gesellschaft Staerkung und Zusammenhalt finden. So etwa koennte die Begruendung fuer die Aufnahem des vierten Artikel lauten, der auf Rousseaus Gedankengut gruendet.
Aus einer einfachen Ueberlegung heraus kann man darauf kommen, dass die in Artikel vier allgemeinen Rechte weiter eingeschraenkt werden muessen, weil das menschliche Zusammenleben nicht so einfach geregelt werden kann, weil der Mensch dazu viel zu unterschiedlich ist
und der zwischenmenschliche Umgang viel zu Kompliziert ist. Der Punkt ist aber, dass das Gesetz nicht Dinge verbieten darf, die der Gesellschaft nicht schaden. D.h. solange ich im Ramen des Artikels vier handle kann mir das Gesetz nichts verbieten oder auferzwingen.
Niemand aber hat das Recht jdn. in seinen Rechten einzuschraenken, oder zu etwas zwingen, was das Gesetz nicht ausdruecklich vorschreibt.
Der Begriff und die Idee des "volonté général" von J.J. Rousseau bedingt den ersten Satz des sechsten Artikels.
"Jeder von uns stellt seine Person und seine ganze Kraft gemeinschaftlich unter die oberste Leitung des allgemeinen Willens; wir nehmen jedes Mitglied in einem Koerper als untrennbaren Teil des Ganzen auf." ("Geschichte, Politik und Gesellschaft" von Cornelsen Seite 20, T8 Zeile 40-44). Hier kann man die Ansaetze des Mitspracherechts und die Beteiligung in der Regierung erkennen, wie sie Artikel sechs naehr erlautert.
Dieser Artikel besagt, das jeder das Recht hat Aemter und Wuerden zu tragen, wenn er die Faehigkeit dazu hat. Und dass alle vor dem Gesetz gleich sind. Wenn Rousseau sagt, dass jeder seine ganze Person zu Verfuegung stellt, so
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ist dies in diesem Artikel so aufgefasst worden, als das sich jeder in der Gesetzgebung und in der Regierung des eigenen Landes beteiligen kann.
Aufgabe 3:
Auch wenn in Frankreich nach der Revolution von 1789 die verklaerten Ziele der geistigen Vaeter in der Folge von Robbespierre in Richtung Machtkonzentration in seiner Person, Diktatur mit den Mitteln des Terrors etc. pervertiert wurden und wiederum sein Nachfolger Napoleon die gute alte bewaehrte Monarchie ausrief, hat Frankreich doch nie die reine Lehre der Revolution vergessen. Selbst heute noch finden sich die Grundzuege der damals formulierten Regeln in der franzoesischen Verfassung. Noch heute ist der 14. Juli der groesste Nationalfeiertag Frankreichs.
Das Vorbild Frankreichs strahlte auch auf seine Nachbarlaender aus. Wenn auch zum Teil mit erheblicher Verspaetung, haben andere Laender Europas die in der franzoesischen Revolution als gerecht empfundenen Gesellschaftsregeln uebernommen. In Deutschland hat nach der sog. Revolution von 1848 zunaechst die Monarchie die Staatsform gebildet. Nach dem ersten Weltkrieg und den Wirren der Weimarer Republik setzten sich die Nationalsozialisten mit einer terrorisierenden "Gesetz und Befehl" Diktatur durch. Doch selbst nach dem vernichtenden Untergang dieses deutschen Versuchs, ein nationalistisches Staatswesen zu etablieren, konnte sich zumindest der westliche Teil Deutschlands nach 1945 auf eben diese Werte der frz.
Rev. besinnen und sie als bis heute gueltige Bestandteile der deutschen Verfassung, der Grundgesetzes verankern.
Andern Staaten erging es aehnlich. Aber erst spaet kam es dazu, das Ostblocklaender die Menschenrechte anerkannten. Bis heute wurde es weltweit nicht erreicht, dass alle Laender die Menschenrechte als die angestammten und unveraenderlichen Rechte des Menschen annerkennen. Die Menschen- und Buergerrechte vom 26 August haben fuer uns eine notwendige Vorarbeit geleistet, um heute ein relativ gerechtes Staatsystem in den meisten Laendern Europas einzurichten, wo auch der einzelnde Mensch etwas erreichen kann. Ohne diese Erklaerung der Menschen- und Buergerrechte waere es nie dazu gekommen.
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