Einführung in die Evolutionstheorie
Die revolutionäre Vorstellung von der Veränderbarkeit der Welt, ihrer Lebewesen und ihrer selbst, erfasste den Menschen im 18. Jahrhundert. Es ging um das Vordringen der Idee, dass Veränderung überhaupt möglich sei, wenn auch in langen Zeiträumen, mit einem Wort, um den Begriff der Evolution. Unser heutiges Weltverständnis wird von der Kenntnis bestimmt, dass das Universum, die Sterne, die Erde und alle lebendigen Dinge eine lange Vorgeschichte haben, in der nichts vorbestimmt oder programmiert war, eine Geschichte langsamer, kontinuierlicher Veränderung, die nach physikalischen Gesetzen in mehr oder weniger richtungsbestimmten natürlichen Prozessen verlief. Das gilt für die Evolution des Kosmos ebenso wie für die Evolution des Lebendigen.
Dennoch unterscheidet sich die biologische Evolution auf vielerlei Weise grundsätzlich von der kosmischen. Zum einen läuft sie wesentlich komplizierter ab, und zum anderen führt sie zu lebenden Systemen, die jedes unbelebte System an Komplexität weit übertreffen.
Biologische Ansicht.
Charles Robert Darwin (1809-1882), englischer Wissenschaftler, begründete die moderne Evolutionstheorie mit seiner Erklärung, dass der Artenwandel und die Entstehung neuer Arten durch natürliche Selektion realisiert werde. Seine Arbeiten beeinflussten Biologie und Geologie grundlegend und gewannen auch Bedeutung für das moderne Denken. Eine weitere Theorie von Darwin betraff die Vorfahren. Zwei verwandte Lebewesen müssen einen gemeinsamen Vorfahren besitzen.
Der Theorie der Evolution durch natürliche Selektion, wie sie vor mehr als hundert Jahren von Charles Darwin vorgetragen worden ist seither von der wissenschaftlichen Genetik modifiziert und weiterentwickelt wurde. Sie gilt heute als das wichtigste Organisationsprinzip der Biologie.
Den Schöpfungsmythen, die uns bei primitiven Völkern und in den meisten Religionen begegnen, liegt grundsätzlich die statische Auffassung einer Welt zugrunde, die sich, sobald der Schöpfungsakt abgeschlossen ist, nicht mehr weiterentwickelt, einer Welt, die überhaupt erst seit kurzem existiert. Die berühmte Rechnung von Bischof Ussher, der im 17. Jahrhundert zu dem Ergebnis kam, die Welt sei im Jahre 4004 vor Christus erschaffen worden, ist für uns eher wegen ihrer falschen Präzision interessant als für ihren falschen Ansatz. Die Rechnung stammt aus einer Zeit, in der jeder Griff in die Geschichte von Traditionen und schriftlichen Überlieferungen verkürzt wurde. Erst die Naturforscher und Philosophen der Aufklärung des 18. Jahrhunderts und die Geologen und Biologen des 19. Jahrhunderts konnten die Zeitachse verlängern. 1749 machte der französische Naturforscher Compte de Buffon den ersten Versuch, das Alter der Erde zu berechnen, und kam auf wenigstens 70 000 Jahre. In seinen unpublizierten Notizen hatte er 500 000 Jahre vermerkt.
Immanuel Kant ging gedanklich in seiner Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels von 1755 so weit, dass er von Millionen oder sogar Hunderten von Millionen Jahren schrieb. Ganz offensichtlich hatten sich Buffon und Kant ein Universum vorgestellt, das seine Gestalt einer Evolution verdankte.
Die erste widerspruchsfreie Evolutionstheorie wurde 1809 von dem französischen Naturforscher und Philosophen Jean Baptiste de Lamarck aufgestellt. Er befasst sich darin mit dem Prozess der historischen Veränderung, mit dem, was für ihn ein Fortschreiten der Natur vorn kleinsten sichtbaren Organismus zu den komplexesten und nahezu vollkommenen Pflanzen und Tieren und damit zum Menschen war.
Um den Ablauf der Evolution im Einzelnen zu erklären, benutzte Lamarck vier Prinzipien: die Existenz eines in jedem Organismus vorhandenen Drangs zur Vollkommenheit; die Fähigkeit der Organismen, sich gewissen \"Umständen\", heute Umwelt genannt, anzupassen. Das häufige Auftreten spontaner Schöpfungen und die Erblichkeit erworbener Eigenschaften oder Merkmale. Sein Glaube an die Erblichkeit erworbener Eigenschaften - der Irrtum, an den man bei Lamarck vor allem denkt - war zu dieser Zeit Allgemeingut, eine Idee, die fest in Volksmärchen verankert war, und von der die Bibelgeschichte von Jakob und der Teilung der gefleckten und der schwarzen Lämmer nur ein Ausdruck ist. Dieser Glaube bestand lange weiter. Auch Darwin hatte angenommen, dass der Gebrauch oder Nichtgebrauch eines Organs durch eine Generation sich in der nächsten widerspiegeln würde, und so dachten die meisten Evolutionisten, bis der deutsche Biologe August Weismann am Ende des Jahrhunderts auf die Unmöglichkeit oder doch wenigstens die Unwahrscheinlichkeit hinwies, dass erworbene Eigenschaften vererbt werden. Auch Lamarcks \"Drang zur Perfektion\" und das Auftreten häufiger Spontanschöpfungen stellten sich als unhaltbar heraus. Bestätigt wurde seine Annahme, dass Evolution vor allem das ist, was wir heute adaptiv nennen. Darüber hinaus hatte er erkannt, dass man die Verschiedenheit der zahlreichen Lebewesen nur erklären konnte, wenn man ein hohes Alter der Erde voraussetzte und die Evolution als langsamen Vorgang verstand.
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