Die Schweiz ist das Land mit der ältesten und ungebrochenen Tradition der Neutralität. Diese beruht auf internationalen Vereinbarungen, die auf den Wiener Kongress von 1815 zurückgehen, bei dem die Neutralität der Schweiz durch förmliche Unterzeichnung einer Neutralitätserklärung konstituiert und garantiert und im Versailler Friedensvertrag 1919 als Bestandteil des europäischen Völkerrechts bestätigt wurde. Die Mitgliedschaft in der UNO wird in Bern mit dem Schweizer Status für unvereinbar gehalten, da der Sicherheitsrat Zwangsmaßnahmen gegen einzelne Staaten anordnen kann, zu denen die UNO-Mitglieder dann verpflichtet sind.
Die ersten Nachkriegsjahre wurden für die Schweiz doppelt schwierig, weil da kleine Land vollkommen isoliert einem sich wandelnden internationalen System gegenüberstand. Die unfreiwillig engen wirtschaftlichen Bindungen an die Achsenmächte Deutschland und Italien erwiesen sich am Ende des 2. Weltkriegs als schwere Hypothek für die Schweizer Außenpolitik. Die Eidgenossen sahen sich mit dem Vorwurf "opportunistisch taxierten Abseitsstehens" konfrontiert. Außenpolitisch verharrte die Schweiz in ihrer Igelstellung, versuchte aber gleichzeitig im lebenswichtigen Außenhandel mit neuen Partnern Fuß zu fassen und überwand die Isolation schließlich durch die Teilnahme an der Marshall-Plan Konferenz in Paris 1947.
Im Mai 1946 schloß die Schweiz unter amerikanischem Druck ein Abkommen, das die Verpflichtung, deutsche Vermögenswerte zur Hälfte an Drittländer als Reparationsleistungen herauszugeben, zum Gegenstand hatte. Nach Herstellung von diplomatischen Beziehungen zwischen Bern und Bonn 1952 fanden sich mit alliierter Duldung andere Lösungen der Vermögensprobleme.
Die Nachkriegsjahre brachten den Eidgenossen ökonomisch eine lange Zeit der Hochkonjunktur. Der Ausbau des Sozialsystems stand unter der allgemeinen Tendenz zum Wohlfahrtsstaat. Daneben blieben die traditionellen Werte, die das Schweizer Politikverständnis bestimmen und dessen Originalität ausmachen - Föderalismus, direkte Demokratie und Neutralität -, unangetastet.
Staat und Recht Die Schweizer Eidgenossenschaft ist eine föderative und demokratische Republik aus (seit 1978) 20 Kantonen und sechs Halbkantonen. Die Bundesverfassung von 1874 gesteht der Bundesverwaltung ausdrücklich nur die ihr von den Kantonen übertragenen Rechte zu, die zentralisierenden Tendenzen verstärken sich jedoch stetig. Staatsoberhaupt ist der Bundespräsident, der jährlich nach dem Dienstalter wechselt und gegenüber seinen Regierungskollegen nur unbedeutende Vorrechte besitzt (Vorsitz in den Bundesratssitzungen, Vertretung der Schweiz nach außen).
Die Exekutive liegt bei der Regierung, dem Bundesrat, dessen sieben Minister dem Parlament nicht verantwortlich sind und eine permanente >große Koalition< bilden, die sich jedoch auf keinen expliziten Koalitionsvertrag stützt. Sie verstehen sich in erster Linie als Chefs ihrer Ministerien (Departemente) und erst in zweiter Linie als Mitglieder eines Kollegialorgans, das jedoch in allen wichtigen Angelegenheiten formelle Entscheidungsinstanz bleibt. Während der Legislaturperiode des Nationalrats ist es der Bundesversammlung formell verwehrt, einen einzelnen Bundesrat oder die ganze Regierung abzusetzen. Seit 1959 sind die vier größten Parteien FDP, CVP, SPS und SVP im Bundesrat im Verhältnis 2 : 2 : 2 : 1 (der >Zauberformel<) vertreten.
Die Legislative liegt beim Parlament, der Bundesversammlung, die aus zwei rechtlich gleichgestellten Kammern besteht: Der Nationalrat repräsentiert das Volk und der Ständerat vertritt die Kantone. Die 200 Abgeordneten des Nationalrats werden auf 4 Jahre von den über 20-Jährigen gewählt. Im Ständerat mit 46 Mitgliedern entfallen auf jeden Kanton zwei, auf jeden Halbkanton ein Vertreter. Wahlmodus und Mandatsdauer bestimmt das kantonale Recht. Die aus den beiden Kammern bestehende Bundesversammlung ist ein Milizparlament, das in der Regel viermal jährlich zu je drei- bis vierwöchigen Sessionen zusammentritt. Sie wählt den Bundesrat, den Bundespräsidenten, das Bundesgericht, das Versicherungsgericht, den Bundeskanzler und den General der eidgenössischen Armee.
Die dominierende Stellung des Bundesrats hat ein gewisses Gegengewicht in den direktdemokratischen Rechten der Bürger (Referendum und Volksinitiative). Bundesweit vertretene Parteien sind die liberale Freisinnig-demokratische FDP, die Sozialdemokratische SPS, die bürgerlich-konservative Christlichdemo-kratische Volkspartei CVP und die vierte Bundesratspartei, die mittelständische Schweizer Volkspartei (SVP).
Der Charakter der Schweiz als Bundesstaat bedingt eine weitgehende Aufteilung der Verwaltungstätigkeit auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden. Alle Kantone haben eine eigene Verfassung, die vom Bund genehmigt werden muss. Die kantonale Zentralverwaltung wird in Form eines Kollegialorgans vom Regierungsrat geleitet. Die Regierungs- bzw. Staatsräte als Vorsteher der 5-9 Departemente werden vom Volk durch Urnenwahl bzw. durch die Landsgemeinde direkt gewählt. Die Rechtspflege gehört verfassungsmäßig zur Zuständigkeit der Kantons, sodass es erhebliche Unterschiede hinsichtlich Zusammensetzung und Wahl der Gerichte wie auch der Rechtsmittelordnung gibt.
Die letzte Instanz in zivil- und strafrechtlichen Fällen, das Bundesgericht sorgt für die einheitliche Anwendung des Bundesrechts. Die Landesverteidigung erfolgt durch eine Miliz. Die allgemeine Wehrpflicht gilt vom 20. bis zum 50., für Offiziere bis zum 55. Lebensjahr. Die Wehrpflichtigen werden in drei Klassen unterteilt ( Auszug, Landwehr und Landsturm). Nur die Kommandeure der Flieger- und Flugabwehrtruppen, die der Divisionen und der vier Armeekorps, der Generalstab sowie ein Teil der Piloten und des Ausbildungskorps sind hauptberuflich Militärs (insgesamt 6 500).
Wirtschaft
Begünstigt von einer in kurzen Wellen ablaufenden Hochkonjunktur zeichneten sich die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse durch große Stabilität aus. Die feste Währung und das Bankgeheimnis lockten einen immensen Kapitalzufluß ins Land. Jetzt zählt die Schweiz zu den führenden Industrienationen der Erde. (Maschinenbau, Textil-, feinmechanische und chemische Industrie. Zu den erfolgreichsten Branchen der Volkswirtschaft zählen das Bankgewerbe und der Fremdenverkehr (wichtiges Transitland).
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