Empfängnisverhütung und Abtreibung?
1985 erregen zwei Bremer Bevölkerungswissenschaftler mit ihrem Buch über die "Vernichtung der weisen Frauen" großes Aufsehen. Heinsohn und Steiger, so scheint es, haben den gordischen Knoten gelöst und konnten eine schlüssige Erklärung der Hexenverfolgungen anbieten, die sowohl geistige wie sozialökonomische Aspekte des Problems berücksichtigt. Ihre These: Die großen Seuchen des 13. und 14. Jahrhunderts hatten die Bevölkerung dermaßen schwinden lassen, daß Kirche und Staat nun zur Sicherung der Arbeitskraft und des Steuervolumens eine starke Vermehrung wünschten.
Bis dahin hatten die Frauen, unterstützt von Spezialistinnen (weise, alte Frauen, Hebammen), die Zahl und den Zeitpunkt der Geburten weitgehend selbst bestimmt. In der Tat war die Familie des ausgehenden Mittelalters nicht sehr kinderreich, waren Kenntnisse über Techniken der Abtreibung und
Empfängnisverhütung weit verbreitet. Um - so Heinsohn und Steiger - diesen selbstbestimmten Umgang mit der Fruchtbarkeit zu stören, ließen die Inquisitoren schlimmste Gerüchte über die Hebammen usw. in Umlauf setzen und schritten dann zur "Vernichtung der weisen Frauen". Auch diese auf den ersten Blick so überzeugende These ist durch die Quellen nicht abgesichert. Richtig ist, daß im "Hexenhammer", dem Anleitungsbuch für Hexenrichter, viel gegen "Hexenhebammen" polemisiert 1) wird, daß Kindertötung (Abtreibung) und nur auf Lustbefriedigung zielende Sexualität als typische Merkmale der "Hexen" erscheinen.
|