In den langen Jahrhunderten ohne einen eigenen Staat blieb in den Juden die Sehnsucht nach dem Gelobten Land stets lebendig. Die Rückkehr in das Land ihrer Väter war für "das Ende aller Tage" vorherbestimmt und sollte unter der göttlichen Führung des Messias stattfinden, der dereinst kommen würde, das auserwählte Volk zu erlösen.
Der Begriff ZIONISMUS stammte von "ZION", dem Hügel, auf dem der Tempel von Jerusalem stand, von dem die Stadt Jerusalem ihren symbolischen Namen "Tochter Zions" erhielt. Bereits im 17. und 18. Jahrhundert gab es zwei Richtungen innerhalb der Judenschaft; die eine betonte die geistige Seite des Judentums und trat für die Assimilierung der Juden bei Wahrung ihrer religiösen und moralischen Grudsätze mit der Bevölkerung der Länder ein, die für sie eine neue Heimat geworden waren. Die andere Richtung betonte das rassische und nationale Element des Judentums und erstrebte die Schaffung eines eigenen nationalen Heims im Ursprungsland Palästina, das seit 1517 unter türkischer Herrschaft stand. Die Zuneigung zu der einen oder anderen Richtung wurde durch die Lebensbedingungen mitbeinflußt, die den Juden in den Ländern ihres Wohnsitzes zugestanden wurden.
Erst Ende des 19.Jahrhunderts begannen die Juden ernsthaft darüber nachzudenken, schon vor der Ankunft des Messias einen jüdischen Staat zu gründen. Der Antrieb dazu gab die verzweifelte Lage der Juden im zaristischen Rußland. Die russischen Juden lebten weiterhin unter ähnlichen Bedingungen wie ihre Vorfahren im Mittelalter. Da ihnen alle Bürgerrechte verweigert wurden, waren sie sowohl der Unterdrückung seitens des Staates als auch den Gewalttaten des Pöbels hilflos ausgeliefert.
Im Gegensatz zu den Verhältnissen in Osteuropa, wo die Judenschaft durch Unterdrückung und immer wieder aufflammende Pogrome stets stark gefährdet war, hatte sich in Westeuropa unter dem Geist der Aufklärung eine Entwicklung angebahnt, die zur Emanzipation der Juden führte. So konnte sich eine Persönlichkeit wie der britische Philanthrop Sir Moses Montefoire massiv für die Interessen der Glaubensgenossen in Osteuropa und im Osmanischen Reich einsetzten. Zwischen 1827 und 1866 unternahm der Lord, der durch Heirat mit dem Hause Rothschild verwand war, mehrere Reisen nach Palästina, wo er durch die Errichtung gewerblicher Betriebe und sozialer Einrichtungen versuchte, die Lage der dort lebenden Juden zu verbessern.
Der Umstand, daß sich Montefoire persönlich beim türkischen Sultan für die Belange seiner Glaubensbrüder einsetzten konnte, zeigt, daß er bei seinen philanthropischen Unternehmungen die Unterstützung seiner Regierung hatte, die sich als "Schutzmacht" der Juden Einfluß sichern wollte.
Auch in anderen Ländern Europas fühlte sich das emanzipierte Judentum berufen, sich der Juden im Orient anzunehmen. Die Gründung der "Alliance Israelite Universelle"(1860) in Frankreich war ein Zeichen dafür. Als wichtigste Aufgabe sah die "Alliance":
Überall für die Gleichberechtigung und den moralischen Fortschritt der Juden zu wirken.
Denjenigen, die in ihrer Eigenschaft als Juden leiden, eine wirksame Hilfe angedeihen zu lassen.
Jeder Schrift Unterstützung zu gewähren, die geeignet ist, diese Resultate herbeizuführen.
In über 100 israelischen Schulen und Ausbildungsstätten, die die "Alliance" im Osmanischen Reich unterhielt, sollte eine Grundlage für die Besserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Juden geschaffen werden. Eine besondere Bedeutung erlangte die 1870 gegründete Ackerbauschule Miqweh Yisrael bei Yaffa, in der später die ersten Einwanderer der "Liebe zu Zion"-Bewegung ihre erste vorübergehende Bleibe finden sollten.
Der "Alliance" "Ähnliche Vereinigungen wurden später auch in Wien(1873) und in Berlin(1901) gegründet.
In den zahlreichen Judengemeinden Osteuropas konnte freilich die Idee von der Emanzipation durch Assimilation nur wenig überzeugend wirken. Wovon man dort träumte, war die Möglichkeit das Gelobte Land zu sehen und als Bauer ein bescheidenes Dasein in Palästina zu führen. Der aus Odessa/Rußland stammende Arzt Leon Pinsker(1821-1891) veröffentlichte 1882 eine Schrift, in der er zum Ausdruck brachte, daß es nicht die bürgerliche Gleichstellung der Juden in einem nichtjüdischen Staat sein könne, die den Juden Sicherheit und Vertrauen geben würde, sondern daß man ein eigenes Kolonistenwesen ins Leben rufen müsse.
Einige junge Anhänger Pinskers versuchten diese Idee in die Praxis umzusetzten, indem sie eine Bewegung gründeten mit dem Ziel, in der alten Heimat Zion eine auf Landwirtschaft beruhende Gesellschaft aufzubauen. Aber Palästina war fern; Geld war knapp und Freunde fehlten. Die erste Gruppe, die sich auf dem Weg machte, zählte genau 16 Personen.
Es war ein bescheidener Anfang. Es hätte aber auch das Ende sein können, wenn da nicht die Begeisterung und die Tatkraft eines einzelnen Mannes gewesen wären: des 1860 in Budapest geborenen Theodor Herzl. In jüngeren Jahren stand der Journalist Herzl dem Judentum so gleichgültig gegenüber, daß er die Meinung vertrat, die Antwort auf den Antisemitismus könnte die Massentaufe jüdischer Kinder sein.
Sein Schlüsselerlebnis hatte Herzl 1894, als er nach Paris ging, um über den berühmten Dreyfus-Prozeß zu berichten. Hauptmann Alfred Dreyfus, ein jüdischer Offizier der französischen Armee, wurde beschuldigt, ein deutscher Spion zu sein.
Das Beweismaterial für Hochverrat war dürftig, das für antijüdische Vorurteile überwältigend; was den jungen Herzl aber besonders erschüttete, war die Menschenmenge vor dem Gerichtssal in dem angeblich so aufgeklärten Frankreich, die "Tod den Juden!" brüllte.
Mit der zielstrebigen Hingabe eines alttestamentarischen Propheten schrieb Herzl eine der einflußreichsten Abhandlungen aller Zeiten: der JUDENSTAAT. Er hatte weder von Pinsker noch von der Bewegung gehört. Ebensowenig wußte er von den Hindernissen, die vor ihm lagen, angefangen von den physischen Problemen bei der Besiedelung Palästinas bis hin zum Widerstand, auf den er bei seinen Glaubensbrüdern stoßen sollte, insbesondere bei den einflußreichsten und wohlhabensten.
Während der nächsten Jahre war Herzl unermüdlich tätig, klopfte an jede erdenkliche Tür, sucht die Unterstützung der Regierungen Frankreichs, Groábritanniens und Deutschland, verhandelte mit dem türkischen Sultan und wandte sich sogar an den Papst. Dennoch blieb der stolze Preis weiterhin unerreichbar. Von den Anstrengungen seiner Bemühungen und der Größe seiner Aufgabe erschöpft, verstarb Herzl 1904 im Alter von 44 Jahren.
1897 fand in Basel der erst zionistische internationale Kongreß statt. Es wurde als Ziel der zionistischen Bewegung erklärt, für das jüdische Volk ein Heim in Palästina zu schaffen, Palästina durch die Einwanderung landwirtschaftlicher und industrieller jüdischer Arbeiter zu kolonisieren, die Judenschaft in der ganzen Welt durch entsprechende Institutionen zusammenzufassen und die nationale Bewußtheit der Juden zu stärken und zu fördern. Erste Verhandlungen der Zionisten mit der türkischen Regierung führten zu keinem Ergebnis. Es wurde ein jüdischer Nationalfonds gegründet, der die Mittel für die Erwerbung von Land sammelte und zur Verfügung stellte.
Die zionistische Bewegung hatte wenig Zeit , ihn zu betrauern: Es gab viel zu tun, nicht zuletzt in Palästina selbst. Wie das gesamte Osmanische Reich war auch dieses Land in stetigen Verfall geraten, was zur Folge hatte, daß es nun weitgehend unfruchtbar war, ausgebeutet von korrupten türkischen Beamten und verheert von Dürreperioden, Räuberbanden und Seuchen. Doch die zionistischen Pioniere ließen sich nicht abschrecken, und im Jahre 1914 hatten sie bereits 44 Siedlungen, eine Landwirtschaftsschule und eine technischen Lehranstalt gegründet.
Im ersten Weltkrieg kam es zu Kämpfen in Palästina zwischen britischen und türkischen Truppen, da die Türkei an der Seite der Mittelmächte in den Krieg eingetreten war. Die Briten waren bestrebt sich bei diesen Kämpfen die Unterstützung der Juden in Palästina zu sichern; aber auch, durch ein Eintreten für die Aspirationen der jüdischen Zionisten die Juden in der ganzen Welt für die Sache der Alliierten zu gewinnen.
Einer der führenden Zionisten, Dr. Chaim Weizmann, ein russischer Jude, war ein Chemiker internationalen Ranges, der an der Universität Manchester lehrte. Eine Entdeckung, die er auf dem Gebiet der Waffentechnik gemacht hatte, brachten ihn mit höchsten britischen Regierungskreisen in Kontakt, und er nutzte jede Gelegenheit, die Sache seines Volkes voranzutreiben.
Im Winter 1916 waren die Briten dann bereit, mehr zu tun als nur zuzuhören. Die Kriegslage war prekär: Die deutsche U-Boot Blockade hatte die britischen Inseln abgeriegelt; Rußland stammte am Rande der Revolution und des Zusammenbruchs; und die Vereinigten Staaten zögerten immer noch. in den Krieg einzutreten. Wenn jedoch die amerikanischen und russischen Juden dafür gewonnen werden konnten, ihren Einfluß zugunsten der Entente geltend zu machen, dann konnte sich die Lage durchaus ändern.
So jedenfalls dacht die britische Regierung. Am 2.November 1917 gab Außenminister Arthur Balfour jene Deklaration ab, die für alle Zeit mit seinem Namen verbunden bleiben wird.
Die entscheidende Passage lautet: "Die Regierung ihrer Majestät faßt mit wohlwollen die Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina ins Auge. Sie wird sich mit besten Kräften dafür einsetzten, daß dieses Ziel erreicht wird. Festgestellt wird, daß nichts unternommen wird, was die zivilen und religiösen Rechte der bestehenden nichtjüdischen Gemeinden in Palästina oder die Rechte und den politischen Status der Juden in anderen Ländern berührt."
Der Text war bewußt wage formuliert- mit gutem Grund. Die Briten hatten auch den Arabern des Osmanischen Reiches Versprechungen gemacht, um sie (mit Erfolg wie sich herausstellte) zu veranlassen, sich gegen ihre Beherrscher zu erheben. Es sollte in den Nachkriegsjahren schwierig werden, diese Zusagen miteinander in Einklang zu bringen.
Knapp 5 Wochen nach der Veröffentlichung der Balfour-Deklaration zogen bereits britische Truppen in Jerusalem ein. Im darauffolgenden September brachte ein zweite Offensive das ganze Osmanische Reich zum Einsturz. Es kapitulierte Ende Oktober, wenige Tage vor dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches. Überall auf der Welt sahen Zionisten optimistisch in die Zukunft, von der sie sich ihren verdienten Lohn erhofften.
Zwischen den Arabern und den Zionisten sah es zumindest so aus, als ob ein Kompromiß möglich wäre. In den letzten Kriegsmonaten hatte eine zionistische Kommission unter der Leitung Wizmanns Palästina besucht. Weizmann hatte selbst mit Emir Feisal verhandelt, dem Führer des arabischen Aufstands. Der Emir, schrieb Weizmann, "war lebhaft daran interessiert, Juden und Araber in Einklang miteinander arbeiten zu sehen", und bis an sein Lebensende blieb der große Zionist davon überzeugt, daß die bitteren Konflikt der Zukunft hätten vermieden werden können.
Die Zionisten befanden sich in einer schwierigen Lage. Bei Kriegsende stellten die Juden knapp 10% der 750000 Einwohner Palästinas. Nur ein Bruchteil von ihnen sympathisierte mit dem Zionismus: Die meisten lebten in frommen Gemeinschaften, die sich dem Studium des Talmud widmeten, von den Spenden der Diaspora unterhalten wurden und an etwas so weltlichem wie einem jüdischen Staat völlig uninteressiert waren. Um den zionistischen Traum Wirklichkeit werden zu lassen, war eine umfangreiche Einwanderung erforderlich.
Aus Angst vor arabischen Reaktionen waren die Engländer allerdings nicht bereit dies zuzulassen.
Das unmittelbare Problem war nicht das Verbot einer Einwanderung großen Stils, sondern daß die Einwanderung an sich nicht mit dem nötigen Nachdruck betrieben wurde. Ende der 20er Jahre sah die Zukunft der nationalen Heimsstätte in der Tat düster aus. 1927 lag die Zahl derer, die das Land verließen, um 2000 höher als die Zahl der Neuankömmlinge. 1928 betrug der Überschuß ganze 10 Personen.
Der zionistische Weltkongreß billigte Weizmanns Empfehlungen für eine Erweiterung der Jewish Agency, um die gesamte Diaspora in die Zukunft Palästinas einzubeziehen. Die Besorgnis der Araber wuchs, als Wladimir Jabotinsky, Kritiker Weizmanns, einen Zustrom großer Massen von Siedlern forderte, um auf beiden Seiten des Jordans einen jüdischen Staat zu gründen.
Ausbruch der Gewalt folgte. 133 Juden wurden von Arabern getötet. Das Ergebnis war nicht nur der Anstieg der arabisch-jüdischen Feindseligkeiten, sondern auch ein tiefer Groll der Juden gegen die britische Verwaltung, da diese die Schuld auf beide Seiten verteilte.
Die Engländer wußte, daß die Balfour-Deklaration unmöglich durchzusetzen sei. Sie schickten zwar Royal Commissions, um das Problem zu lösen, jedoch standen sie unter Zeitdruck.
1933 kam Adolf Hitler an die Macht. Ein gewaltiges Ansteigen der Einwanderung war die Folge. Der Flüchtlingsstrom löst 1936 einen regelrechten Aufstand aus.
Ein 1937 veröffentlichter Berich der Engländer empfiehlt die Teilung Palästinas in ein autonomes jüdisches und arabisches Gebiet. Die Juden nahmen diese Plan an, doch die Regierung hielt ihn für undurchführbar.
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