1.) Über den Autor
Wladyslaw Szpilman, geboren 1911, studierte in Berlin Musik. 1933 ging er nach Warschau zurück, wo er sofort Anerkennung als Pianist und Komponist gewann. Wladyslaw Szpilman brachte seine Erlebnisse gleich nach dem Krieg zu Papier und veröffentlichte sie 1946 unter dem Namen Smierc miasta / Der Tod einer Stadt heraus, welches kurz darauf aus Gründen öffentlichen Aufsehens verboten wurde. Wie durch ein Wunder dem Holocaust entkommen, wirkte er von 1945 bis 1963 als Chef der Musikabteilung des Polnischen Rundfunks. Seine Autobiografie wurde 1998 im Econ-Verlag unter dem Titel "Das wunderbare Überleben" in deutscher Sprache ein weiteres Mal herausgegeben.
Im Alter von 88 Jahren verstarb Wladyslaw Szpilman im Juli 2000 in Warschau.
2.) Inhaltsangabe
In dem Buch "Der Pianist" von Wladyslaw Szpilman geht es um die Erfahrungen eines polnischen Pianisten in einem Warschauer Ghetto im Jahre 1939. Wladyslaw Szpilman, der Protagonist des Buches, lebt mit seiner Familie zu Beginn des Krieges in Warschau. Der Einmarsch der Deutschen in die Stadt wirft den Alltag von Wladyslaw, seinem Bruder Henryk, seinen beiden Schwestern Regina und Halina und ihren Eltern vollkommen aus der Bahn. Trotz kläglichen Versuchen, sich durch die Kriegserklärung an ihr Land nicht irritieren zu lassen, muss sich die Familie bald selbst eingestehen, dass sie besonders als jüdisch Stämmigen sich mit der Situation auseinander setzten müssen. Anders als viele ihrer Nachbarn und Freunde entschließen sie sich allerdings nicht zur Flucht, sondern gehen weiter ihren Beschäftigungen nach. Tag für Tag kämpft sich Wladyslaw in das Rundfunkgebäude, um mit seiner Musik den Menschen durch das Radio Hoffnung zu schenken. Als dieses bald darauf durch eine Bombe zerstört wird, verbringt Wladyslaw seine Zeit zuhause mit Kompositionen. Doch mit den unzähligen Toten durch die Bombadierung und und der ständigen Angst nicht genug, bald nach Beginn des Krieges fangen die Deutschen an, die Einwohner der Stadt mit neuen Verordnungen zu schikanieren, welche vor allen Dingen die jüdischen Polen mit beispielsweise dem bekennenden und zum vogelfrei erklärenden Davidstern zu spüren bekommen. Die Militärgruppen, die in den Straßen patroulieren, werden von Zeit zu Zeit immer gewaltvoller, von der anfänglichen peinlichen Berührtheit der Soldaten, die in ein fremdes Terrotorium einfallen, ist nichts mehr zu spüren. Schon bald darauf wird ein "gesondertes jüdisches Stadtviertel" errichtet, was nüchtern betrachtet nichts weiter als die umschmeichelnde Bezeichnung für ein Ghetto ist. Die Szpilmans werden enteignet und zusammen mit über 450000 anderen Juden in das Warschauer Ghetto gesperrt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Stimmung in der Bevölkerung zwar verunsichert, aber keineswegs rebellisch oder verzweifelt. Die Warschauer setzten auf die Amerikaner,die sie befreien sollen. Diese Gemütslage kippt, als die Grenzen des Ghettos zusammengezogen, die Bevölkerungsdichte innerhalb der Mauern jedoch erhöht wird. In diesem Judenbezirk mitten im Herzen Warschaus entstehen große Armut, Neid und Gewalt. Die Soldaten der Gastapo benutzen Knüppel mit Rasiermessern und Nägeln, und nutzen auch sonst jede Gelegenheit aus, die hungernden Juden zu quälen. Wladyslaw hält es nicht lange tatenlos zuhause aus und fängt an, mit seinem Klavierspiel in den Cafés des jüdischen Wohlstandes Geld zu verdienen. Die Ghettobewohner, die vom Hunger schon aufs äußerste geschwächt sind und der Kälte aufgrund der hohen Preisen für Brennmaterial hilflos ausgeliefert sind, haben im Winter 41/42 nun auch noch mit Ungeziefer zu kämpfen.Fleckthyphus bricht aus und beendet das klägliche Leben von fünftausend Menschen monatlich. Im Juli 1942 kündigen Plakate die unmöglich geglaubte Säuberungsaktion in dem Ghetto an. Die "Umsiedlung in ein besseres Leben", so von den Deutschen angepriesen beginnt auf dem sogenannten Umschlagplatz, Schauplatz unmenschlicher Grausamkeiten. Die Familie Szpilman kann sich auch nach vielen Bemühungen wie die Beschaffung von Arbeitsnachweisen nicht dem Abtransport entziehen. Nach stundenlangem Warten stürzen sich die Leute voller Ethusiasmus in die eingetroffenen Wagen mit dem Ziel der zukunftsversprechenden Arbeitslager, denn schlimmer kann die Situation ihrer Meinung nach nicht werden. Während Familie Szpilman sich in einen Wagen drängen will, wird Wladyslaw im letzten Augenblick und ohne sein Zutun durch einen jüdischen Kollaborateur vor diesem Schicksal bewahrt. Schlagartig die Augen geöffnet bekommen ergreift Wladyslaw die Flucht, nicht ohne versucht zu haben, seine Geschwister und Eltern vor dem Tod in einer Gaskammer zu retten. Der Waggon fährt ab und Wladyslaw taucht in einer Menschenmenge ungesehen ab. Durch Hilfe eines Freundes kommt er in einer jüdischen Arbeitergruppe unter und verlässt am nächsten Tag das Ghetto zum ersten Mal seit 3 Jahren. Im arischen Teil der Stadt sollen die Juden ein Haus abreißen, eine angenehme Arbeit, die soweit wie möglich von allen hinausgezögert wird. Mithilfe dieses Arbeitsplatzes täuscht Wladyslaw eine unentbehrliche Arbeitskraft vor, bei den Selektionen in den nächsten Tagen gehört er zu den 25000 Überlebenden, die von der halben Millionen übrig geblieben sind.
Eines Tages gelingt ihm durch die Hilfe eines Leidensgenossen die gefährliche Flucht aus dem Ghetto, polnische Untergrundkämpfer verstecken Wladyslaw in einer leer stehenden Wohnung in dem arischen Teil Warschaus unmittelbar an der Ghettomauer. Ein Bekannter versorgt ihn während dieser Zeit mit Nahrung und Literatur, Wladyslaw fühlt sich sicher und wohl. Durchs Fenster beobachtet er, wie SS-Einheiten 1943 mit Geschützen, gepanzerten Fahrzeugen und Flammenwerfern einen Aufstand der letzten Ghetto-Bewohner niederschlagen, die wochenlang mit Pistolen, Handgranaten und Molotow-Cocktails um jeden Schlupfwinkel kämpfen. Als die Untergrundorganisation, die Wladyslaw versorgt, Ende 1939 von der Gestapo gefasst wird, bricht für ihn eine lange Hungerperriode an, beispielsweise ernährt er sich zehn Tage lang von nichts weiter als einem Laib Brot. Schließlich muss er, völlig entkräftet, aus der sicheren Wohnung fliehen, da die Nachbarn Geräuschen wegens die deutschen Gendarme alamiert hatten. Wieder entkommt Wladyslaw nur knapp dem Tod. Schließlich irrt er verdreckt und jeder menschlichen Beziehung beraubt durch die zerschossenen Straßenzüge des ausgestorbenen Ghettos, versteckt sich in der Ruine eines mehrstöckigen Hauses auf dem Dachboden und fristet sein Dasein zwischen Resignation und Überlebswillen. Verzweifelt sucht er in den leeren Wohnungen nach etwas Trink- und Essbaren. Oft den Stichkontrollen und Menschenjagden der Deutschen entkommen, wird Wladyslaw eines Tages bei der Nahrungsuche überrascht. Der Lebenskräfte fast beraubt gibt er kampflos auf und bietet dem deutschen Offizier sein Leben an. Als dieser Hauptmann Wilm Hosenfeld aber herausfindet, dass es sich bei dem aufgestöberten Mann um einen Pianisten handelt, befiehlt er ihm, auf einem Flügel im Nebenraum etwas zu spielen. Dann begreift er, dass er einen Juden vor sich hat, aber er erschießt ihn nicht, sondern lässt sich sein Versteck zeigen und geht dann, ohne ein Wort zu sagen. Unfassbar dankbar über sein Glück, einen reuevollen und hilfsbereiten Deutschen getroffen zu haben, befolgt Wladyslaw alle Ratschläge des Offiziers und nimmt seine Unterstützung dankend an. In den nächsten Tagen richten die Deutschen einen Kommandostab in den noch brauchbaren Wohnungen der Ruine ein. Hauptmann Hosenfeld versorgt Wladyslaw heimlich mit Lebensmitteln unter großer Gefährdung seines Lebens. Als dieser sich nach der Bedeutung des Artilleriefeuers erkundigt, berichtet ihm der Offizier, dass die Russen schon ganz in der Nähe ist. Am 12. Dezember 1943 schenkt Wilm Hosenfeld dem Untergetauchten seinen Mantel und verabschiedet sich, denn die Deutschen verlassen Warschau und weichen der Roten Armee.
Im Frühjahr 1944 tritt in Warschau ein schon fast für unmöglich erklärter Zustand ein: Frieden! Der erste Bote davon ist ein russischer Lastwagen,welcher durch die Straße fährt. Wladyslaw eilt aufgeregt ins Freie und läuft den ersten Menschen, die er sieht, mit offenen Armen entgegen. Am gleichen Tag noch geht Wladyslaw Szpilman zum ersten Mal seit 5 Jahren Todesängsten als freier Mann über eine Hauptverkehrsstraße inmitten der zertrümmerten Stadt Warschau. Innerhalb kurzer Zeit schafft es Wladyslaw, seine Arbeit beim wiederaufgebauten polnischen Rundfunk fortzusetzten.
3.) Wirkung und Wirkungsweisen des Buches
Ursprünglich verfasst noch im Jahr des Kriegsendes, ist der maßgebende Ton in "Der Pianist" von Wladyslaw Szpilman fernab von Verbitterung und Rachegefühlen. Szpilman schildert die zwei Jahre Überlebenskampf in einem von Grund auf nüchternen Ton, der auf das Wesentliche in der Erzählung blicken lässt. Denn trotz der gewählten Ich-Form ist das Werk frei von tiefen Emotionen. Schier trocken und eindeutig kommentarlos gibt der Erzähler das Leben im Warschauer Ghetto wieder. Szpilman beschreibt alles - den beginnenden Hunger, die Menschen, die Ehre und Anstand für einen letzten Rest Reichtum verraten, die Grausamkeit der Deutschen, die täglich steigende Zahl der Toten - mit lakonischer Ironie und beinahe unbeteiligter Distanz.
Szpilman, der Autor der Autobiographie, tritt erst allmählich in Erscheinung. Wie ein stiller Beobachter des Geschehens fokussiert er die täglichen Veränderungen um ihn herum und ist doch zugleich Teil dieser Ereignisse. Und gerade diese neutrale Erzählposition verleiht ihm die Glaubwürdigkeit, hier keine von Emotionen verschleierten Erinnerungen wiederzugeben, sondern eine authentische Wahrheit.
Je mehr sich Szpilmans Lebensgeschichte chronologisch der Flucht vor der deutschen Besatzungsmacht nähert, desto individueller wird die Beschreibung. Spätestens dann, wenn der Protagonist sich ganz alleine im ausgeraubten und leerdeportierten Ghetto wiederfindet, wird auch dem Leser klar: Jetzt geht es endgültig um das nackte Überleben. Vielleicht mag der Vergleich unangebracht erscheinen, aber Szpilmans Leben, sei es die geheime Unterbringung in einer leeren Wohnung oder das Versteck auf einem Dachboden - liest sich beinahe wie ein spannender Thriller.
Und obwohl die endgültige Rettung von Anfang an bekannt ist, leidet der Leser mit dem flüchtenden Szpilman, sieht ihn vor Hunger fast sterben, fühlt die Einsamkeit und die bohrende Frage nach einem Ende, egal welcher Art. Umso unverhoffter kommt am Ende die letzte Rettung durch den deutschen Soldaten Hosenfeld. Diesen hat Szpilman am Ende seiner Erzählung sogar ein Denkmal gesetzt. Indem er seinen eigenen Memoiren Auszüge aus Hosenfelds Briefen an die Familie anfügte, erzeugt er das Bild eines Deutschen, wie ihn sich viele gewünscht hätten.
4.) Eigene Meinung
Mir hat an dem Buch gefallen, dass der Autor die Kriegssituation so distanziert und klar geschrieben hat. Schonungslos wird von den Umständen berichtet, die Erlebnisse wirken daher nicht durch Erinnerungen verfälscht, sondern haben Glaubwürdigkeit. Davon abgesehen ist das Buch auch keine Verurteilung der Seutschen, mit dem Beispiel von Wilm Hosenfeld wird die figur eines Deutschen eigebaut, der sich für die Taten seines Vaterlandes schämt. Mit seiner Hilfe, die er Wladyslaw Szpilman zukommenlässt, fühlt man sich als deutscher Leser nicht mehr so schlecht. Bei den grausamen Beschreibungen der Gräueltaten der Deutschen habe ich als Leser auf der Seite der polnischen Juden mitgefiebert, mit Deutschland kann ich mich in der Beziehung nicht identifizieren. Ich finde, das Buch wirft ein recht klares Bild dieser Zeit auf. Der Autor schafft es, keine größeren Längen der Handlung in sein Werk einzubauen, aufgrund dessen, dass das Buch authentisch ist, habe ich noch aufmerksamer glesen als sonst. Schwer kann man sich es vorstellen, wie die damalige Situation ausgesehen hat. Die Sprache ist recht leicht gewählt, man merkt, dass der Autor trotz seiner großen Musikalität aus ärmeren Verhältnissen stammt, die sprachwahl und Formulierung der Sätze klingt öfters holperig und stockend. Mehr gewünscht hätte ich mir die genaue Erklärung der politischen Lage, oft wusste ich als Leser nicht, aus welchem Grund eine neue Verordnung gegeben würde, lediglich der Blick ins Geschichtsbuch half hier, um die strategischen Schachzüge der Deutschen zu verstehen. Insgesamt habe ich das Buch gerne gelesen, es stimmt nachdenklich, beschämt und traurig und doch kann man es nicht weglegen.
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