Mehrfach versuchte die Verteidigung in Nürnberg vom \"tu quoque\" Argument ( d.h. gleiches Maß für gleichen Tatbestand; der Feind habe sich genauso verhalten) Gebrauch zu machen. Die Richter reagierten darauf mit dem Hinweis, daß das Londoner Statut die Zuständigkeit des Gerichts darauf beschränke, über deutsche Kriegsverbrechen zu urteilen, nicht aber über völkerrechtswidrige Handlungen der Siegermächte.Die Reihenfolge der Verteidigung entsprach der Anklageschrift. Als erster war Görings Verteidiger an der Reihe .
Während die Verteidigung Görings 12 Tage in Anspruch nahm, dauerte die der übrigen 20 Angeklagten etwa 4 Tage pro Angeklagter. Insgesamt vergingen darüber 78 Prozeßtage. Außer Heß betraten alle Angeklagten den Zeugenstand. Die Mehrzahl von ihnen gab zu, daß grauenhafte Verbrechen begangen worden waren, behauptete aber, daß sie persönlich in gutem Glauben gehandelt hätten. Die Generale hatten nur Befehle befolgt; die Admirale hatten nichts anderes als andere Admirale getan; die Politiker hatten nur für das Vaterland gearbeitet, und die Finanzleute hatten sich nur mit Geschäften befaßt. (30) Die Fülle der Beweisanträge der Verteidiger richtete sich kaum gegen das der Anklage zugrundeliegende Tatgeschehen.
Den Beweisdokumenten der Anklagevertretung wurde nicht widersprochen. Ebensowenig wurde die Prozeßführung angegriffen. Sie wurde als sachlich, korrekt und fair bewertet. Vielmehr wurde immer wieder die Zuständigkeit des Gerichts generell in Frage gestellt.
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