Der Angeklagte C. Verres war von senatorischer Abstammung und etwa ein Jahrzehnt älter als der öffentliche Ankläger Cicero. Als Statthalter der Provinz Sizilien hatte Verres deren Bewohner schamlos ausgebeutet. Im Jänner 70 v. kehrte Verres mit einem Prunkschiff, das mit Schätzen, die er den Provinzialen abgepresst hatte, beladen war, nach Rom zurück.
Noch vor Verres waren in Rom Abgesandte sizilischer Städte (mit Ausnahme von Syrakus und Messana) eingetroffen, um Cicero als Kläger in einem Prozess gegen Verres zu gewinnen. Zwar hatte es der aufstrebende Anwalt nicht mehr nötig, die unpopuläre Rolle eines Anklägers zu übernehmen, doch akzeptierte er letztendlich aus politischen Motiven: Gerade in letzter Zeit war die öffentliche Meinung durch zahlreiche Skandale und Fehlurteile sehr gegen die - rein senatorisch besetzten - Gerichte aufgebracht; Cicero sah in einer eindeutigen Verurteilung des Verres eine Chance für die Nobilität, sich von den herrschenden Missständen zu distanzieren.
Cicero deponierte Anfang des Jahres 70 seine Klage beim zuständigen Prätor und wurde sogleich mit dem ersten Gegenmanöver der Verres - Clique konfrontiert: Q. Caecilius Niger, einst Quästor unter Verres, war von diesem als Strohmann vorgeschoben worden, um eine Scheinklage vorzubringen, so dass eine divinatio, ein Entscheidungsverfahren, notwendig wurde, in der Cicero zum einzig legitimen Kläger erklärt wurde.
Der zweite Gegenzug bestand in einer offensichtlichen Verschleppungstaktik: War es Verres erst einmal gelungen, die zweite Verhandlungsrunde mit Hilfe der zahlreichen Prozessunterbrechungen (durch die anstehenden Wahlen und die häufigen Festtage) ins folgende Jahr zu ziehen, so glaubte er sich seines Erfolges sicher, da sich mächtige Freunde um Prätur und Konsulat bewarben.
Cicero forderte vom Vorsitzenden für seine Recherchen eine Frist von nur 110 Tagen, da überraschte ihn eine weitere List seiner Gegner: Ein Strohmann des Verres verlangte - für einen Scheinprozess gegen einen anderen Statthalter - lediglich 108 Tage Frist, und so wurde dieser Prozesstermin vorgezogen.
Die Wahlen, die vor Prozessbeginn über die Bühne gingen, verliefen ganz nach den Erwartungen des Verres.
Der Prozess beginn schließlich im Sommer.
Cicero hatte die gewonnene Zeit zu gründlichen Nachforschungen in Rom, aber auch vor Ort, in Sizilien, genutzt. Trotz der Gegenaktionen der Verres - Clique konnte Cicero reichlich Material gegen Verres sammeln.
Verres war in Rom nicht untätig gewesen. Seine Vorbereitungen konzentrierten sich auf massive Bestechungs- und Erpressungsversuche von Gericht und Zeugen.
Als die Verhandlung eröffnet wurde, überraschte Cicero mit einer neuartigen Vorgangsweise: Er verzichtete auf ein großangelegtes Playdoyer und gab nur einen kurzen Überblick, um in den folgenden acht Tagen eine lange Reihe von Zeugen aufmarschieren zu lassen, was seine Wirkung nicht verfehlte.
Unter dem Eindruck dieser Überfülle an Beweismaterial entschied sich Verres, zur zweiten Verhandlungsrunde nicht mehr zu erscheinen, und begab sich - unter Mitnahme seiner Schätze - freiwillig nach Massilia (Marseille) ins Exil.
Das Verfahren hatte für Cicero ein unerwartet frühes Ende gefunden und ihn so um die Chance eines eindrucksvollen Vortrags gebracht, dennoch konnte Cicero zwei große Erolge verbuchen: . auf politischer Ebene hatte er durch seine kluge Vorgangsweise den ersten Schritt zur Beseitigung der korrupten Zustände an den Gerichtshöfen gesetzt
. auf persönlicher Ebene hatte er eine neue, mächtige Anhängerschaft gewonnen
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(Sizilien hat mich erwählt, Ermittlungen vor Ort, Das schönste Haus von Messana, Die Diana von Segesta, ...)
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