Parallel zu den politischen Begründungen haben sich die aus ihnen folgenden Wettbewerbstheorien entwickelt.
Der dynamische Wettbewerb der Klassik
Aus ihren Erfahrungen mit den feudal-merkantilistischen Fesseln war die Konzeption der Klassiker, wie A. Smith und D. Ricardo, von der freien Konkurrenz entstanden. Für sie war der freie Wettbewerb ein unbeschränkter, mit der Freiheit als Ziel in sich. Wettbewerb ist hier ein Verfahren herrschaftsfreier, gesellschaftlicher Koordination, das eine optimale Synthese aus den Zielen Freiheit, Gleichheit und Wohlstand für alle garantiert. Die Aufgaben des Staates bestehen neben der Sicherheitspolitik lediglich in der Bereitstellung einer funktionsfähigen Rechtsordnung, in deren Rahmen jedermann seine Interessen frei verfolgen und sein Kapital im Wettbewerb einsetzen kann.
Die Ergebnisse dieses Modells sind die Verteilung des Sozialprodukts nach dem Leistungsprinzip, Bedarfsbefriedigung durch dezentrale Lenkungsmechanismen und Konsumentensouveränität, d.h. Angebot nach den tatsächlichen Bedürfnissen und nicht nach nationalen Prestigeprojekten.
Die Kritik an diesem Modell besteht in der unzureichenden sozialen Kontrolle des Wettbewerbs zur Vermeidung von verdeckten Qualitätsminderungen und Täuschung der Marktgegenseite. Es gibt die Gefahr der Selbstbeseitigung des Wettbewerbs.
Das neoklassische Wettbewerbsmodell
Hierbei handelt es sich um ein statisches Gleichgewichtsmodell, daß den Endzustand bei vollständiger Konkurrenz beschreibt. Seine Bedingungen wurden in mathematischen Modellen deduktiv abgeleitet und 1921 von F.H. Knight formuliert: Rationales Verhalten aller Martkteilnehmer, vollständige Markttransparenz, unendlich schnelle Reaktionsgeschwindigkeit aller Marktteilnehmer, vollständige Mobilität der Produktionsfaktoren, unendlich viele Marktteilnehmer, freier Marktzutritt etc..
Schon dieser Ausschnitt zeigt die Grenzen dieses Modells. Es beruht auf rein theoretischen überlegungen, ist völlig realitätsfremd, seine Bedingungen lassen sich nicht auf administrativem Wege erreichen und im Optimum darf es nicht möglich sein, den Wohlstand zu erhöhen. Folglich läßt sich eine vollständige Konkurrenz nicht verwirklichen.
Workable competition als second best
Aus diesem Dilemma, der nie zu erreichenden vollständigen Konkurrenz, sollte die Theorie des funktionsfähigen Wettbewerbs helfen. John Maurice Clark suchte im Jahre 1940 mit seinem Aufsatz \"Toward A Concept of Workable Competition\" einen Ausweg. Er wollte die Unvollkommenheit der Märkte durch neu zu schaffende Unvollkommenheiten, sogn. \"Gegengifte\", ausgleichen. Diese \"Gegengifttheorie\" basiert auf der Erfahrung, daß die Beseitigung von Unvollkommenheiten nicht unbedingt zu besseren Ergebnissen führt. So wurde z.B. in Deutschland und den USA versucht, die Markttransparenz durch ein Preismeldeverfahren zu erhöhen. Dies führte aber keineswegs zu einer Erhöhung der Wettbewerbsintensität. Bei Ungewißheit über das Verhalten der Konkurrenten nimmt die Neigung zum friedlichen Parallelverhalten ab. Die positive Bewertung gewisser Marktunvollkommenheiten war das Neue bei Clark.
Dieses Modell hält aber noch am Ideal der vollständigen Konkurrenz fest. Das Problem besteht in der Definition, was ein positiver ökonomischer Zustand ist, an dem sich dann die Wettbewerbspolitik mit ihren \"Gegengiften\" ausrichten kann. Die Industriestrukturen entfalten sich nicht mehr im Wettbewerb, sondern werden festgelegt.
Effective Competition
Dieses Konzept der Wettbewerbsfreiheit, welches aus der Kritik an der Harvard-School entstand, versteht Wettbewerb als Entdeckungsverfahren und knüpft an die freie Konkurrenz im klassischen Sinne an. Im Jahre 1961 brach J. Clark mit seiner Theorie des funktionsfähigen Wettbewerbs und suchte die Schumpertsche Theorie der Innovation in die allgemeine Wettbewerbstheorie zu integrieren. Da Unvollkommenheitsfaktoren für den technischen Fortschritt als unabdingbar erkannt waren, wurde die vollständige Konkurrenz nicht länger als wünschenswertes Ziel angestrebt.
Der Wettbewerb wird als dynamischer Prozeß gesehen, der durch eine nie abgeschlossene Vorstoß- und Verfolgungsphase charakterisiert ist. Pioniergewinne aufgrund temporärer Vorzugsstellungen sind sowohl Folge als auch Voraussetzung für den Wettbewerb, um dem Unternehmen einen Anreiz zur Initiative zu geben. Das Zentrale Problem dieser Theorie ist die Unterscheidung von wünschenswerten und unerwünschten Marktunvollkommenheiten. Ein Zielkonflikt von \"Freiheit des Wettbewerbs\" und \"ökonomischer Vorteilhaftigkeit\" wird verneint, was sich nach Hoppmann empirisch überprüfen läßt.
Chicago-School
Die Chicago-School entstand wie das Konzept der Wettbewerbsfreiheit in der Auseinandersetzung mit der Harvard-School. Es basiert auf der Leugnung empirisch nachweisbarer Zusammenhänge zwischen Marktstruktur, Marktverhalten und Marktergebnissen. Daher hat sich der Staat weitgehend aus dem Wettbewerb herauszuhalten. Legitimes Ziel der staatlichen Wettbewebspolitik ist einzig die Vermehrung der allgemeinen Wohlfahrt und die Steigerung der Effektivität der Unternehmen. Der Staat hat sich auf die Bekämpfung künstlicher Marktzutrittsschranken wie Kartelle zu beschränken. Unternehmenszusammmenschlüsse und vertikale Wettbewerbsbeschränkungen werden grundsätzlich positiv beurteilt, da sie die Effektivität der Unternehmen und die allgemeine Wohlfahrt fördere.
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