5.1 Beitritt
Schon vor 35 Jahren wurde in Schweden über einen Beitritt zur damaligen EWG diskutiert, er wurde damals jedoch durch die schwedische Neutralitätspolitik nicht verwirklicht. Erst am 13. November 1995 hat sich das schwedische Volk mit 52,3% ja, 46,8% nein und bei 0,9% Enthaltung für einen Beitritt zur EU ausgesprochen (Wahlbeteiligung: 83,3%). Der Beitritt war der Höhepunkt einer langjährigen Integration und Zusammenarbeit mit den EU-Ländern. Der Ausgang der Abstimmung fiel, anders als in Österreich, nur mit einer knappen Mehrheit aus. Vor allem in den Ballungsräumen im Süden und Westen und in anderen mittelgroßen Städten gab es eine große Anzahl an Befürwortern für einen Beitritt, in den entlegeneren Regionen und in der unteren Lohngruppe gab es mehr Gegner.
Die EU-Befürworter erwarteten sich durch den Beitritt unter anderem Frieden in Europa, mehr Arbeitsplätze, höhere Löhne und niedrigere Steuern. Die Gegner befürchteten den Verlust der nationalen Selbstbestimmung, Großmachtgelüste der EU, Arbeitslosigkeit und daß der Stimme Schwedens zu wenig Gewicht zukommen würde.
Die politischen Gründe für das Beitrittsansuchen von Ministerpräsident Ingvar Carlsson waren u.a. die schwache Finanzpolitik Schwedens und die dadurch hohe Inflation. Außerdem strebte man eine Internationalisierung der Politik an und durch die Zusammenarbeit in Europa will man die Beschäftigungskrise bewältigen.
Um die Wirtschaft zu stabilisieren und an das europäische Niveau anzupassen, sind Einsparungen von 20 Mrd. Kronen geplant, was ebenso wie der Vertrag von Maastricht (v.a. wegen der Verteidigungspolitik) in der Bevölkerung keine Begeisterungsstürme auslöst. Allerdings tritt Schweden sehr stark für eine Osterweiterung der Union ein. Andere Ziele, die man in der EU erreichen will, sind der Freihandel, mehr Beschäftigung, Transparenz im Entscheidungsprozeß, Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau und eine verschärfte Umweltpolitik.
5.2 Mitgliedschaft
Schweden erhält vier Stimmen im Ministerrat, 22 Sitze im EU-Parlament, ein Mitglied in der Kommission und Schwedisch wird offizielle EU-Sprache.
Außerdem stellte die EU Fördermittel für die dünnbesiedelten und kalten Gebiete Nordeuropas (mit weniger als 8 Ew./km2) in Höhe von 2,4 Mrd skr/Jahr zur Verfügung.
Die militärische Bündnisfreiheit war für Schweden Ausgangspunkt der Verhandlungen und somit hat es in der WEU Beobachterstatus eingenommen.
In der Landwirtschaft unterstützt Schweden die Pläne für weniger Regulierungen und Subventionen und die Öffnung der EU-Märkte für ausländische Produkte.
Schweden will an der WWU teilnehmen (früher war die Krone an den ECU gebunden, nach 1992 ließ man sie floaten) und akzeptiert die Wechselkursbestimmungen obwohl dazu erst das Defizit und die Schulden korrigiert werden müssen.
Die Teilnahme Schwedens und auch Finnlands spielt eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit im Norden (Norwegen) und einer möglichen Osterweiterung in Richtung der baltischen Staaten.
5.3 Wirtschafts- und Währungsunion
Schweden hat gute Möglichkeiten, in einigen Jahren die Kriterien für einen WWU-Beitritt zu erfüllen. Doch selbst bei einem Nicht-Beitritt erfüllt das Konvergenzprogramm, das 1995 breite politische Zustimmung fand, einen wichtigen Zweck und stellt hohe Anforderungen an die Volkswirtschaft. Dieses Programm ist ein Plan auf mittelfristige Sicht - bis zum Jahr 2000 - und hat die Erfüllung der Konvergenzkriterien zum Ziel.
Die WWU soll spätestens 1999 in Kraft treten, sie wird aber schon jetzt in Schweden ständig diskutiert, denn man will nicht "gezwungen" werden, beizutreten, sondern man will erst die konkrete Bedeutung der WWU abwarten.
Bedeutung des Konvergenzprogrammes für die Wirtschaftspolitik: Es werden ausgeglichene öffentliche Finanzen, eine niedrige Inflationsrate, stabile Wechselkurse und niedrige Zinssätze gefordert. Schweden hat bisher nur das Kriterium für die Inflation erfüllt, die restlichen will man bald erreichen, außerdem auch noch die innenpolitisch wichtigen Ziele in Bezug auf Beschäftigung und Umweltschutz.
Zur Erfüllung der Kriterien hat der Reichstag ein Programm mit vier stabilisierenden wirt-schaftspolitischen Maßnahmen (ähnlich den Konvergenzkriterien) beschlossen:
1. Ausgeglichene öffentliche Finanzen: Das Haushaltsdefizit darf 3%, die Verschuldung darf 60% des BIP nicht übersteigen. Für 1997 soll das schwedische Defizit bei 3,5% des BIP (1993 - 13%), die Verschuldung im Jahr 2000 bei 75% (1996 - 85%) liegen.
2. Niedrige Inflationsrate: Die Inflationsrate darf 1,5% des Mittels der drei Länder mit der niedrigsten Rate nicht übersteigen. 1995 lag die Rate in Schweden unter 3% und kann so bis 2000 beibehalten werden, solange die Löhne und Preise nicht erhöht werden.
3. Stabiler Wechselkurs: Die Währung muß innerhalb der Bandbreite des Wechselkursmechanismus des EWS liegen ( 15%). Da Schweden 1992 die festen Wechselkurse aufgab und die Krone floaten ließ, liegt es derzeit außerhalb dieses Kriteriums.
4. Niedrige Zinssätze: Die Zinsen dürfen 2% des Zinsniveaus der drei besten Länder nicht überschreiten. Derzeit ist Schweden mit 4-5% Abweichung weit davon entfernt.
Wenn Schweden die ersten beiden Ziele erreicht, ist auch die Möglichkeit gegeben, die anderen beiden zu erfülen. Allerdings muß es sich dazu strikt an das Programm halten, um die Defizite zu beseitigen und auch sein Ansehen in internationalen Wirtschaftskreisen stärken und zeigen, daß es auf dem Weg nach oben ist. Doch selbst wenn Schweden alle Ziele erreicht steht noch nicht fest, ob das Land der WWU beitritt, da man u.a. negative Folgen für die Exportwirtschaft befürchtet.
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