Am 5. November 1989 machte die Regierung erste Eingeständnisse. Ein neues Reisegesetz wurde entworfen. Was vor einem halben Jahr noch eine absolute Sensation gewesen wäre, wurde jetzt milde belächelt und von fast allen Seiten abgelehnt. Es gab mehr Demonstrationen und immer mehr Flüchtlinge, die in Kasernen und Schulen in der BRD untergebracht wurden.
Fast unbemerkt passierte zeitgleich eine kleine Sensation im DDR-Fernsehen. Auf dem ehemaligen Sendeplatz des "Schwarzen Kanals" wurde eine Reportage über die Stadt Leipzig gebracht. In dieser Reportage wurden die Schattenseiten Leipzigs gezeigt, Politiker wurden befragt, warum Tausende Wohnungen kurz vor dem Zusammenfall stehen, und wann der Staat dagegen etwas tun will.
Nie zuvor wurde in den DDR-Medien so etwas diskutiert, nie zuvor wurde der Staat auf diese Weise kritisiert.
Am 6. November strahlte das DDR-Fernsehen die Sendung "Elf 99", ein Jugendmagazin, aus. In dieser Sendung wurden Teilnehmer der zahlreichen Demonstrationen befragt, was denn ihre Ziele und ihre Vorstellungen von einer neuen DDR sein. Während eines Gesprächs über den Sozialismus in der DDR und dessen Möglichkeiten wurde mit Laufschrift eingeblendet, daß das Politbüro geschlossen zurückgetreten ist. In der "Aktuellen Kamera", der einzigen Nachrichtensendung der DDR, erklärte man den Bürgern der DDR, daß dieser Schritt notwendig gewesen sei, um jüngeren Politikern den Weg frei zu machen.
Nach und nach geriet die DDR neben den politischen auch in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Es mangelt überall an Fachkräften, allein 1.500 Ärzte sind bereits aus der DDR geflohen, ein Ende der Fluchtwellen war nicht abzusehen. Die Schriftstellerin Christa Wolf äußerte sich in einer Fernsehansprache zu diesen Problemen. Sie bittet die Bürger der DDR, zu ihrem Vaterland zu halten und zu bleiben. Die Lage wird immer gespannter, auf den Straßen sammeln sich immer mehr Menschen, die Forderungen nach Veränderungen werden immer lauter.
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