In der BRD gab es seit 1949 unterschiedliche Phasen in der Entwicklung der Landwirtschaft. Sie lassen sich vor allem auf die engen Wechselwirkungen zwischen agrarpolitischen Zielen und dem gesellschaftlichen Wandel zurückführen.
2.1. Agrarwirtschaftliche Modernisierung (1949 - 1960)
In dieser Phase ging es vor allem darum, möglichst schnell wieder genügend Nahrungsmittel für die Bevölkerung zu produzieren. Trotz der nun fehlenden Anbaugebiete im Osten konnte die Nahrungsmittelproduktion sehr schnell gesteigert werden. Dies liegt vor allem an der nun zunehmenden Mechanisierung. Aufgrund von immer mehr Maschinen konnte auf den Feldern immer mehr produziert werden. Der Einsatz von künstlichen Dünger und Pestiziden vereinfachte zudem die Arbeit erheblich.
Motorisierung und Energieeinsatz in der Landwirtschaft in der BRD
Ackerschlepper in 1000 Ackerschlepper kWh je 100 ha LF Treibstoff Mio. l
1950 139 17 239
1960 857 87 1048
1970 1356 206 2194
1980 1469 352 2333
Dadurch wurde die Landwirtschaft kurzfristig sogar zum wirtschaftlichen Rückrad Westdeutschlands. Die Industrie war infolge des Krieges produktionsunfähig und so fanden Hunderttausende in der Landwirtschaft eine neue Existenz. Die agrarstrukturellen Bedingungen (hoher Anteil von Kleinbetrieben und Flurzersplitterung infolge von Realteilung) waren jedoch nicht geeignet, die Existenz der ländlichen Bevölkerung langfristig zu sichern. Bereits Anfang der 50er Jahre begannen deshalb umfangreiche Maßnahmen zur Steigerung der Erträge. Im Rahmen der Flurbereinigung wurden die Landschaft nach ökonomischen Aspekten neu geordnet. Es wurde keinerlei Rücksicht auf ökologische Verträglichkeit genommen. Die neuen schleppergerechten Felder und kürzeren Anfahrtswege waren Teil einer weitreichenden Rationalisierung der Landwirtschaft.
Mineraldüngerverbrauch in der BRD je ha LF und Ernteerträge je ha
1950
Kg 1960
Kg 1970
Kg 1980
Kg 1990
Kg
Stickstoff 25,6 43,4 83,3 126,6 115,3
Phosphat 29,6 46,4 67,2 68,4 42,9
Kali 46,7 70,6 87,2 93,4 62,3
Kalk 47,5 37,5 49,5 92,9 120,8
Getreide 23,2 31,4 33,4 44,3 58,0
2.2. Agrarstruktureller Wandel (1960 - 1980)
In dieser zweiten Entwicklungsphase verstärkte sich der Wandel der Agrarstruktur. Die bis heute wirksame Tendenz zu Spezialisierung der Agrarproduktion setzte ein. Als Spezialisierung bezeichnet man die Verminderung der traditionellen Produktionsvielfalt bäuerlicher Gemischtbetriebe und die Ausrichtung auf Hauptproduktionsrichtungen. In spezialisierten Betrieben werden mehr als 50% des Gesamteinkommen aus der jeweiligen Hauptproduktionsrichtung erzielt.
Man unterscheidet vier Spezialisierungsformen:
. Marktfruchtbau (z.B. Getreide, Gemüse)
. Futterbau (für Michviehhaltung und Mastbetriebe)
. Veredlungswirtschaft (Rinder- und Schweinemast)
. Dauerkulturen (z.B. Obst, Wein, Hopfen)
Der agrarstrukturelle Wandel ist vor allem auf die Einbindung der Bundesrepublik Deutschland in die europäische Union beeinflußt worden. Die Marktordnungsregeln der EU haben den Konkurenzdruck im europäischen Raum so erhöht, daß eine weitere Produktionssteigerung unvermeidlich war. Dadurch hat sich die Landwirtschaft zu einem Industriezweig entwickelt, dessen größtes Problem die Umweltbelastung und die Überproduktion geworden ist.
2.3. Spannungsverhälnis (seit 1980)
Seit Beginn der 80er Jahre werden von verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Gruppen immer mehr Vorbehalte gegenüber den ständigen Produktionssteigerungen in der Landwirtschaft laut. Immer dringender wird die Forderung nach einer naturnahen Landwirtschaft erhoben, in der natürliche Landschaftselemente wie Hecken und Gräben nicht länger als ertragsmindernd angesehen werden. Diese Richtungsänderung drückt sich auch in dem neuen Flurbereinigungsgesetz aus, in dem mehr Wert auf die Erhaltung natürlicher Begebenheiten gelegt wird. So werden z.B. die Stillegung von Flächen und der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen, wie Raps (als alternative Energiequelle), besonders gefördert.
Das Spannungsverhältnis zeigt sich auch in der Zunahme und Förderung alternativer Landwirtschaftsbetriebe. Das Ziel dieser Maßnahmen, die auch durch die Agenda2000 weiter unterstützt werden, ist eine dauerhafte Nutzung landwirtschaftlicher Flächen und eine Erhaltung des ländlichen Lebensraums zu gewährleisten.
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