1. Direkte Nutzung der Sonnenkraft
a) Photovoltaik
Photovoltaik ist eine direkte Nutzung der Sonnenenergie. Mit der Photovoltaik wird Sonnenstrahlung und Licht mit Hilfe von Solarzellen in elektrische Energie umgewandelt. Solarzellen wandeln die Strahlungs-energie der Sonne auf photoelektrischem Weg durch Freisetzen von Elektronen im inneren von Silicium, Galliumarsenid oder Cadmiumtellurid in elektrische Energie um. Es wurde errechnet, daß Solaranlagen mit einem Wirkungsgrad von nur 10% in der Sahara-Wüste auf einer Fläche von 500000 qkm ausreichen würde, um die gesamte Menschheit mit Sonnenenergie zu versorgen. Gegenwärtig werden jährlich weltweit 50MW Solarzellen zur direkten Umwandlung von Sonnenlicht in Strom produziert, insgesamt sind bisher etwa 400 Megawatt hergestellt worden. Bis jetzt gibt es noch keine Produktion in automatisierten Großserien. Das oftgenannte Argument, die Marktaussichten seinen noch zu ungewiß, ist in Wirklichkeit widerlegt: Die Nachfrage ist inzwischen h&! ouml;her als die Produktion.
Solarfachleute in den USA haben berechnet, daß Solarzellen auf einem Dreihundertstel der Fläche der Vereinigten Staaten den gesamten Strombedarf der Nation liefern würde. Eine Studie des britischen Solarforschers Robert Hill ergab, daß in Großbritannien der gesamte Strom über Photovoltaik-Zellen produziert werden kann, wenn nur 10% der heutigen Gebäudeflächen mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet werden. Auf Neubauten sollten Solaranlagen nicht auf den Dächern und Fassaden angebracht werden, sondern als Dächer oder Fassaden.
b) Solarthermische Kraftwerke
Eine weitere direkte Nutzung der Sonnen-energie ist die der solarthermischen Kraft-werke. Bei solarthermischen Anlagen werden mit Hilfe von Spiegeln Sonnenstahlen gebündelt. Dieses gebündelte Licht, das bei einigen Kraftwerkstypen mehrere Tausend Grad erreichen kann, wird zur Erhitzung von einer Bestimmten Flüssigkeiten genutzt. Die Rinnenkollektoren sind hierbei am weitesten entwickelt und werden seit Jahren in Kalifornien eingesetzt. Die neuen Anlagen dieses Typs haben bereits einen Wirkungs-grad von 16%. Diese Kraftwerkstypen sind weltweit das Vorzeigeprojekt für solare Stromerzeugung.
Ihr Einsatz ist jedoch nicht überall möglich, weil für diesen Kraftwerkstyp eine Direktstrahlung von 1800 kWh pro qm im Jahr notwendig ist, so daß nur Sonnenreiche und weitgehend dunstfreie Flächen südlich des 40. Breitengrades dafür in frage kommen. Aber in zahlreichen Regionen, von Kalifornien bis Süditalien oder Südspanien, gibt es keinen vernünftigen Grund, weiter mit der Einführung auf Breiter Basis zu warten. Italien und Spanien könnten ihren gesamten Strombedarf durch solartermische Stromgewinnung decken. Durch Kabelleitungen auf dem Meeresboden könnte man Strom von Nordafrika nach Europa leiten, von Südeuropa nach Mitteleuropa. Ein schweizerisches Stromversorgungsunternehmen plant den Bau eines solartermischen Kraftwerks in Südspanien für den Schweizer Bedarf. Auch die Einführung solarthermischer Kleinkraftwerke bietet große Möglichkeiten, für individuelle Betreiber bi! s hin zu Dörfern.
2. Indirekte Nutzung der Sonnenkraft
a) Windkraft
Meteorologische Messungen haben ergeben, daß im ständigen wehenden Wind etwa 35mal soviel Energie steckt, wie die Menschheit verbraucht! Da der Wind jedoch ungleichmäßig stark weht und häufig seine Richtung ändert, kann nur ein Bruchteil davon auch praktisch genutzt werden.
Erst seit den 80er Jahren wird die Gewinnung von Strom aus Windkraft wieder versucht. Etwa 2000 MW sind weltweit installiert, davon fast drei Viertel in den USA - insgesamt also nicht mehr als die Kapazität zweier großer Atomkraftwerke. Aber obwohl der Forschungsaufwand minimal war und auch bisher nur kleine Stückzahlen produziert werden, sind die Kosten der Windstromerzeugung an günstigen Standorten mit denen der Atomkraft schon jetzt vergleichbar! In Zentralafrika, aber auch in großen Teilen Asiens und Lateinamerikas bläst der Wind mit durchschnittlichen Gesch-windigkeiten unter 3,6 Meter in der Sekunde und ist damit heute für die Energieproduktion uninteressant. In Ostsibirien und Alaska, in Kanada, im Himalaja-Gebiet und in Nordeuropa hingegen ist der Wind meist schneller als 5,0 Meter in der Sekunde. Das bringt viel Energie. Allein für Westdeutschland gibt es Berechnungen, die Gebiete von zusammen etwa 20000qkm als für die Windenergienutzung geeignet bezeichnen. Danach könnte bei voller Ausnutzung eine Kapazität von insgesamt 250000MW erreicht werden, was fast 1 Million Anlagen bedeuten könnte und der doppelten Kapazität aller deutschen Kraftwerke entsprechen würde. Die Zahl der als geeignet erkannten Gebiete nimmt mit weiteren Analysen eher zu und nicht ab, und mit weiterer technischer Entwicklung werden auch Gebiete mit geringerer Windgeschwindigkeit interessant. 1992 wurde in Schleswig-Holstein bereits 182 000 kWh Strom aus Windkraft \"geerntet\". Diese Windernte hat eine einzigartige Umweltbilanz. Denn:
bei 182000 Kilowattstunden Windernte werden - bei vergleichbarem Steinkohleeinsatz - 165000 Tonnen CO2, 130 Tonnen Schwefeldioxid und 122 Tonnen Stickoxid vermieden. Außerdem fallen 2700 Tonnen Reststoffe, 3600 Tonnen Asche und 31000 Tonnen sonstige Stoffe nicht an.
Damit wird derselbe CO2-Entlastungseffekt erzielt wie von 330000 Bäumen, die ja bekanntlich viel Kohlendioxid-Treibhausgase binden. Doch amtliche Naturschützer führen oft ihren Kampf gegen die Windmühlen mit landschaftsästhetischen Argumenten. Der unsinnige Streit zwischen Naturschutz und Umweltschutz nützt nur der Atomlobby und den Energieriesen, die grundsätzlich gegen jede eigene Stromversorgung der Verbraucher sind, weil ihr Monopol in Frage gestellt wird.
Keine Form der Energiegewinnung braucht so wenig Platz wie die Windenergie. Die tatsächlich verbrauchte Fläche durch Windkraftanlagen ist minimal und liegt bei unter 1% der für Windkraftanlagen ausgewiesen Fläche - bei 20000qkm die in Deutschland für die Windenergienutzung in frage kommen sind es demnach 200qkm für Anlagenplätze. Die heutigen Windenergieszene wird beherrscht von Anlagen, die 30-50 Meter Bauhöhe und einen Rotordurchmesser von 30 Metern haben. Kleinere Windanlagen, mit denen schon vor Jahrhunderten alles angefangen hat, spielen zur Zeit kaum eine Rolle. Es wird in Zukunft aber wieder viele Energieselbstversorger mit kleinen Windmühlen geben: Rotordurchmesser bis 10 Meter, Masthöhe bis 20 Meter, Generatorleistung von 20-30 Kilowatt. Damit können Millionen Menschen ihren Strom selbst erzeugen. Kombiniert mit Solarzellen, kann die eigene Kleinwindanlage eine intelligente, schadstoffarme und preiswerte Energieerzeugung werden.
b) Wasserkraft
Bis jetzt ist die Wasserkraft der größte regenerative Energieproduzent in Deutsch-land. 20 Milliarden Kilowattstunden Strom werden jährlich produziert. Sie ersparten der Umwelt 20 Millionen Tonnen CO2, neben der Abwärme und anderen Schadstoffen. Wasserkraft liefert etwa 5% der Elek-trizität für Deutschland. Welt-weit liefern Wasserkraft-anlagen etwa 20% des Stroms. Norwegen, Island oder Ghana produziern ihren Strom zu fast 100% aus Wasserkraft. In der US-Westküstenstadt Seattle zum Beispiel, in der so energieintensive Unter-nehmen wie Boeing arbeiten, kostet Strom aus Wasserkraft nur einen Bruchteil des Kilowattstunden - Preises des Atomstroms.
Da der Bau von riesigen Wasserkraftanlagen in der Dritten Welt oft zur Vertreibung von Menschen und zu großen Umweltproblemen führt - wie z.B. in ägypten, Brasilien, Indien und China - und da er meist einen empfindlichen Eingriff in die Natur bedeutet, ist es sinnvoller, Wasserkraftwerke dezentralisiert zu nutzen.
In Deutschland könnten deshalb viele tausend stillgelegte kleine Wasserkraftwerke reaktiviert werden. In Bayern zum Beispiel werden mit der Wasserkraft 18% des Strombedarfs umwelt- und klimafreundlich erzeugt: Wasserkraft bezieht ihre Energie aus dem natürlichen Kreislauf des Wassers, der durch Verdunstung, Regnen und Abfließen entsteht. Dieser Kreislauf wird von der Sonne aufrechterhalten. Wasserkraft ist regenerative Sonnenenergie. Deshalb sollten in Deutschland die vielen tausend kleine stillgelegten Wasserräder in Schwung kommen.
c) Gezeitenenergie
Im nordfranzösischen La Rance gibt es ein 240 MW-Gezeitenkraftwerk; Großbritannien plant an der Westküste ein 16km langes Kraftwerk, das 7000 MW Strom erzeugen könnte, was 5% der britischen Strom-versorgung aus-macht. Doch große Anlagen könnten Probleme verur-sachen durch eine änderung der Gezeitenhöhen, der Küstenlandschaft und der Meeresbiologie; ein technisches Problem ist z.B. die Versandung. Zwar sind diese Probleme nicht mit denen der atomaren oder fossilen Energienutzung zu ver-gleichen, dennoch sollte man große Gezeitenkraftwerke im Bereich der erneuerbaren Energie eher als zweite Wahl betrachten. Bei Ausnutzung der anderen Potentiale gibt es dafür wahrscheinlich kaum noch Bedarf.
d) Wellenenergie
Bei der Wellenenergie erfolgt in einem Abstand von wenigen Kilometern vor der Küste mit Hilfe eines Kranzes von Bojen die Umwandlung der Meereswellen in Strom. Eine nähere technische Beschreibung ist mir durch meine literarischen Informationsquellen leider nicht möglich. Für Großbritannien wurde ein Potential von 120000 Megawatt an der Westküste errechnet, mehr als der gegenwärtige britische Stromverbrauch. Alle bereits laufenden Anlagen haben jeweils eine Kapazität von unter 50 kW. Umweltbeeinträchtigungen erwachsen aus diesen Anlagen nicht. Das Potential ist bisher weitgehend unterschätzt worden, ebenso wie die technischen Einsatzmöglichkeiten, die den besonderen Vorzug haben, daß die Bojen zwar vertaut werden müssen, aber vom Wasser getragen werden und keinen Aufständerung nötig ist.
e) Geothermische Energie
Die geothermische Energie ist keine Energieform bei der die Sonnen ihre Kraft einsetzt. Die Reserven sind begrenzt und nicht unbedingt erneuerbar. Wenn Druck und Temperatur in einem angezapften Reservoir nach einer Zeit des Wärmeentzugs absinkt, ist es für die Energienutzung erschöpft. Auch diese Form der Energienutzung ist Umweltfreundlicher als die Nutzung der fossilen oder Atomaren Energie, aber dennoch in ihrer ökonomischer Qualität nicht mit der Sonnenenergie vergleichbar. Zum Beispiel kann der geothermische Dampf toxische Elemente wie etwa Arsen enthalten.
f) Meereswärme
Meereswärme ist wieder eine Variante der Sonnenenergie. \"Ocean Thermal Gradient\"-Kraftwerke nutzen den Temperaturunter-schied zwischen der Meeresoberfläche und der Tiefe aus und nutzen die durch Sonnenenergie aufgewärmten Oberflächen-schichten der Meere. Ihr Potential beträgt mehr als das 100fache des weltweiten Energiebedarfs. Meereswärme könnte ein solares \"Reservepotential\" darstellen - aber vieles spricht wiederum dafür, daß ihre Nutzung in großem Umfang nicht unbedingt notwendig werden wird.
g) Energie vom Acker
Was der Wind im nördlichen Küstenland schafft, bringen Energiepflanzen im südlichen Ackerland. Der größte Teil der in der land- und forst-wirtschaftlichen Produktion gebundene Bioenergie, d.h. die in organischen Kohlen-stoffverbindungen chemisch gespeicherte Sonnenenergie, wird nicht energetisch ge-nutzt, so daß aus dem daraus möglichen Nutzen sogar eine zusätzliche ökolog-ische Belastung geworden ist.
Biomasse ist ein Sonnenenergieträger großen Umfangs, wenn ihre Regenerierbarkeit genutzt wird: Sie steht, unter der Voraussetzung einer bestanderhaltenen Bewirtschaftung, weltweit und zeitlich unbegrenzt zur Verfügung. Deshalb kann sie einen enormen Beitrag zur Ablösung fossiler und atomarer Energiequellen leisten.
Schilfgras ist die interessanteste Energie-pflanze. Nach langjähriger Forschung steht fest: Chinaschilf bringt etwa 10mal soviel Biomasse wie der Wald und drei mal soviel Biomasse wie Raps. Schilfgras gehört zur Gruppe der C4-Gräser, die eine weit effektivere Photosynthese haben als die heimischen C3-Pflanzen. Sie heißen C4-Pflanzen weil das erste stabile Produkt nach der Fixierung des Kohlenstoffs aus dem CO2 ein Molekül ist, das vier Kohlenstoff-Atome besitzt. C3-Pflanzen geben große Teile des durch Photosynthese gebildeten Kohlenstoffs als CO2 wieder an die Atmosphäre ab, wobei potentielle Biomasse verloren geht. C4-Pflanzen hingegen binden mehr CO2 und binden deshalb auch mehr Biomasse. Ein weiterer Vorteil der C4 -Pflanzen ist die Architektur der Blätter. Die oberen Blätter stehen steil und senkrecht zur Sonne, die unteren Blätter bekommen deshalb noch genügend Licht und wachsen parallel zum Boden. Die Blätter ! solcher C 4-Pflanzen sind deshalb die besten und natürlichsten Sonnenkollektoren der Welt.
Es gibt über 1700 C4-Gräser, so daß diese Energiepflanze nicht als Monokultur angebaut werden müßte. C4-Pflanzen brauchen nur halb so viel Wasser wie C3-Pflanzen. Die Verwendungs-möglichkeiten von C4-Pflanzen sind vielfältig: Man kann Strom, Wärme und Benzin daraus gewinnen; man kann sie als chemische Ersatzstoffe benutzen, zum Beispiel für die Produktion von Lacken, Lösungsmittel und Kunststoffe; man kann biologisches Baumaterial daraus gewinnen, aber auch Papier und Verpackungsmaterial, das problemlos in den biologischen Kreislauf zurückgeführt werden kann. Also nicht nur als Alternative zur Atomkraft ist die C4-Pflanze das landwirtschaftliche Produkt der Zukunft.
Der größte Vorteil von Pflanzenenergie ist jedoch: kein CO2-Problem, kein Treibhauseffekt ! Die Pflanzen nehmen beim Wachsen nämlich genau soviel CO2 aus der Luft auf, wie beim Verbrennen und Vergasen freigesetzt wird: ein geschlossener CO2-Kreislauf.
Diese Pflanzen brauchen keine Pestizide und nur etwas Dünger im ersten Jahr. Sie werden einmal gepflanzt und wachsen dann immer wieder: jahrzehntelang nachwachsende Energie. Im Vereinten Europa, liegen demnächst etwa 25-30 Millionen Hektar Fläche brach, die nicht mehr zur Nahrungsproduktion gebraucht werden. Eine Fläche von 80000 qkm würde den Energiebedarf der Europäischen Union decken. Mit einen Ertrag von 25-30 Tonnen Trockenbiomasse pro Hektar kann genau soviel Energie erzeugt werden wie von 10000-14000 Litern Erdöl. Das bedeutet Jahr für Jahr über 10000 Liter Öl pro Hektar - automatisch nachwachsend-, eine niemals versiegende Energiequelle.
Eine Modellrechnung besagt: Wenn ein Dorf von 1000 Einwohnern 10 Bauern jeweils 15 Hektar Schilfgras anbauen, dann kann damit das gesamte Dorf mit Strom und Wärme versorgt werden. Nach der Ernte kann man Schilfgras maschinell leicht zu Staub zerkleinern. Über eine Turbine kann dann Strom und Wärme erzeugt werden. Aus dem Pflanzenstaub kann aber auch Treibstoff für Autos gewonnen werden. Ja sogar für Karosserieteile der Autos oder für zementgebundene Faserplatten beim Bau von Häusern kann das Material verwendet werden. Schon 1991 machte der Einsatz von Biomasse in Dänemark 5% des gesamten Energieverbrauchs aus, in den österreichischen Bundesländern Kärnten und Steiermark bereits 15%, in Schweden ebenfalls 15% und in Finnland gar 20%.
Es wäre theoretisch denkbar, den gesamten Energiebedarf der Menschheit aus den Biomassen zu decken; aber dies ist wiederum wegen den anderen Sonnenenergieträger nicht notwendig.
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