Nach dem im obigen Text die Frage, \"Was ist eine Marke?\", aus einer eher nüchternen, objektiven Sichtweise betrachtet wurde, soll nun der gleichen Fragestellung aus zwei weniger neutralen Positionen nachgegangen werden.
\"Das Produkt ist das, was das Unternehmen herstellt, die Marke das, was der Kunde kauft.\" (Kapfere, 1992, S.10)
6.1 Die Marke aus der Sicht des Anbieters
Ein Unternehmen, das Waren oder Dienstleistungen anbietet, tut dieses nicht aus Wohltätigkeitsgründen sondern einzig und allein aus Profitgründen. Marken sind ein gutes Instrument, den Profit zu maximieren. Es stellt sich somit die Frage, was ist eine Marke für ein Unternehmen.
Das auffälligste Merkmal von Markenartikel ist das höhere Preisniveau. Die traditionelle Mikroökonomik lehrt uns, daß niedrige Preise der Schlüssel zu höheren Verkaufsziffern sind. Ein Widerspruch? Nur dann, wenn das Produkt und die Marke als ein und dasselbe angesehen wird. Eine Marke ist aber nicht nur ein Produkt. Dafür sprechen mehrere Gesichtspunkte.
a) Eine Marke ist kein anonymes Produkt, welches ohne weiteres austauschbar ist, denn gerade durch entsprechende Werbung und Verpackung erfolgt eine Produktdifferenzierung. Dadurch wird das Konkurrenzverhältnis, der Anbieter von nicht markierter Ware aufgehoben. Es entsteht eine quasi monopolistische Situation, indem sich der Anbieter dem Preiskampf entziehen kann.
b) Mit dem der Ware wird Zusatznutzen, wie beispielsweise Prestige, Genuß oder Sicherheit verkauft, was einen höheren Preis gegenüber anonymer Massenware rechtfertigt.
c) Durch Verbraucherwerbung der Hersteller, die sich unmittelbar an den Endverbraucher wendet, wird der Handel übergangen. Das führt, unabhängig vom Handel, zu einer Schaffung, Sicherung und Ausweitung des Absatzes. Außerdem wird so ein Nachfragesog erzeugt, den der Handel berücksichtigen muß. (vgl. Dichtl, 1992, S.22)
d) Die Wesensart einer Marke bringt es mit sich, daß sich das Unternehmen einen relativ festen Kundenstamm schaffen kann, den es durch Ausweitung der Marke (z.B. Dachmarkenstrategie) erweitern kann.
e) Marken besitzen eine gewisse Werbefunktion, mit dessen Hilfe neue Produkte leichter auf dem Markt etabliert werden können.
f) Die enge Verknüpfung zwischen Anbieter und Abnehmer läßt ein, in gewissen Grenzen, gesteuertes Abnahmeverhalten zu, wodurch Marken eine höhere Zukunftssicherheit dem Unternehmen garantieren.
g) Marken können eigene \'Persönlichkeiten\' auf dem Markt darstellen die, unabhängig von Mißerfolgen anderer Produkte des gleichen Unternehmens, weiterhin umsatzstark existieren können (Einmarkenstrategie).
Eine Marke ist also ein Instrument, mit dessen Hilfe Unternehmen absatzstärker sind und dem Kunden einen Mehrnutzen anbieten, welcher eine Profitsteigerung zuläßt. Letztlich stellen Marken ein nicht zu unterschätzendes Kapital dar.
6.2 Die Marke aus der Sicht des Abnehmers
Auf der Seite des Abnehmers stellen Markenartikel nicht nur Produkte mit höherem Preisniveau dar, denn sonst würde kein Grund bestehen, sie, billigeren unmarkierten Waren, vorzuziehen. Vielmehr besitzen Marken Eigenschaften die, in den Köpfen der Verbraucher, das höhere Preisniveau rechtfertigen.
Arnold beschreibt eine Marke mit drei Kategorien (siehe Abb.1). Das \'Wesen\' der Marke stellt für den Verbraucher die \'Persönlichkeit\' dar, ein simpler Wert wie beispielsweise Zuverlässigkeit oder Stärke. Als nächstes wird die Marke von einer Anzahl Vorurteilen umgeben, die durch Werbung und zum Teil früheren Erfahrungen hervorgerufen werden. Schließlich treten die Merkmale einer Marke hervor, wie Verpackung und Erscheinungsform. (Arnold, 1992, S.37)
Abb.1: Schematische Beschreibung der Marke (Quelle: Arnold, 1992, S.37)
Diese schematische Beschreibung der Marke soll durch weitere Eigenschaften erweitert werden.
a) Besonders wichtig für den Verbraucher ist die Qualität des Markenproduktes bzw. der Dienstleistung. Die Qualität ist eine relativ gut meßbare Größe, die sich zunächst, für den Verbraucher nachvollziehbar, im Preis niederschlägt. Somit kann ein überhöhter Preis Aushängeschild für besonders gute Qualität sein und eine Kaufentscheidung herbei führen. Da viele Markenartikel einem standardisierten Produktionsverfahren, bzw. strengen Qualitätskontrollen unterliegen, ist die Konstanz der Qualität von Markenartikel ein ebenfalls geschätztes Merkmal (bspw. McDonald, dessen Produkte weltweit standardisiert sind und sich vielleicht deshalb einer derart großen Beliebtheit erfreuen).
b) Ein weiterer wichtiger Punkt, der sich aus a) ergibt, ist das Beschaffungsrisiko. Eine Fehlentscheidung beim Kauf wird so weitgehend ausgeschlossen und wiegt den Verbraucher in Sicherheit, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
c) Eng hiermit verknüpft ist die Kundenzufriedenheit, die zum einen ebenfalls aus a) resultiert, zum anderen nachhaltig, durch i.d.R. guten Service und Kundendienst, aufrecht gehalten wird.
d) Gleichermaßen von großer Bedeutung ist die Informationsreduzierung. Mit Hilfe der Marke können ganz bestimmte Eigenschaften eines Produktes bzw. einer Dienstleistung mit meist nur einem Wort oder Zeichen gekennzeichnet werden, wodurch eine Orientierungshilfe geschaffen wird, was nicht zuletzt zu einem gewohnheitsmäßigen Einkaufsverhalten führt und Zeit sparen hilft.
e) Besonders im Bereich der Luxusgüter, aber auch der Gebrauchsgüter und Dienstleistungen ist das Image und das Prestige, welches eine Marke umgibt, kaufentscheident. Dieser besonders ausgeprägte Mehrnutzen verschafft dem Abnehmer Akzeptanz und Ansehen in der Gesellschaft, für welches er bereit ist, einen Preis zu zahlen, der oft weit vom materiellen Wert des Produktes bzw. der Dienstleistung entfernt ist.
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