Zeitliche Einordnung
Die Epoche der Romantik war von ca. 1795 bis ca. 1830/1840.
Hintergrund/Entstehung
In dieser Zeit galt es, drei neu aufgekommene bzw. sich verstärkende schwere Krisen zu bewältigen. Als erstes ging man mit zunehmender Kritik gegen die absolutistisch-diktatorische Herrschaftsform vor. Die Französische Revolution hatte gezeigt, dass es eine Aussicht auf Erfolg gab. Die zweite Krise spielte sich auf philosophischer Ebene ab. Es wurde begonnen, am rational-realistischen Denkens vom Anfang des 18- Jh. Zu zweifeln und somit auch die alte Kunst in Frage zu stellen. Das dritte bedeutende Problem (und wahrscheinlich auch das Hauptproblem) waren die durch die Industrialisierung bedingten aufkommenden sozialen Mißstände.
Weiterhin lehnte man sich gegen die durch Arbeitsteilung aufkommende soziale Differenzierung auf.
Durch diese Krisen, besonders durch die schlechteren Lebensverhältnisse, wurden auch die Mängel des Rationalismus erkennbar und führten zu Forderungen nach einer neuen Kunst.
Ideen und Merkmale der Epoche
Aus diesen Gründen lehnte man das Lebensgefühl des Beginns des 18. Jh. (rational, kosmopolitisch) ab. Damals wurde der Mensch als Optimum betrachtet, der sich durch seine Arbeit zu einem Individuum und damit zu einem sozialen Wesen entwickelte.
Jetzt legte man wert auf das Gewordene, das Organische und auf das Irrationale, da sich die Ansichten von früher aufgrund der äußeren Umstände geändert hatten. Das Wertgefühl gelangte zu einer größeren Bedeutung und drängte sogar die Welterkenntnis in den Hintergrund.
Deswegen stellt die Romantik ein Gegenstück zur Aufklärung als fortschrittlichen Prozeß dar.
Die Romantik wollte ihre Ziele durch ästhetische Mittel erreichen. In der neuen Epoche galt es auch alle Unsicherheiten aus dem Leben zu entfernen und selber Geschichte zu machen. Allerdings traten dabei auch Probleme auf; z.B. gab es einen Gegensatz zwischen dem Willen, aus dem Alltag ausbrechen zu wollen und dem Bedürfnis nach Stabilität. Ein anderes Problem ist, daß man einerseits sich an die Gesellschaft anpasste, aber andererseits ein individuelles Lebensgefühl entwickelte.
Man sah die damalige Gegenwart als einen Einbruch in die Stabilität der alten Zeit an. Daher wendete man sich dem Mittelalter wieder zu, da in dieser Zeit die Welt noch in Ordnung zu sein schien. Die Burschenschaften forderten die Einheit Deutschland - allerdings ähnlich wie unter Kaiser Barbarossa.
Allgemein läßt sich feststellen, daß die Romantik den Fortschritsoptimismus und das Nützlichkeitsdenken der Aufklärung ablehnt und erkennt, dass Selbstverwirklichung teilweise auch gegen die Gesellschaft stattfinden muß.
Im Gegensatz zur Weimarer Klassik werden in der Romantik Antike und Natur nicht als Grundlage des Lebens genommen, vielmehr steht hier der Mensch der Zeit im Mittelpunkt. Auch erfolgt in der Romantik keine strikte Trennung von Politik und Literatur.
Rolle des Künstlers
Viele Künstler der Romantik stammten aus dem Bürgertum. Diese brachten zum Ausdruck, dass es eine Differenz zwischen Individuum und Gesellschaft geben könne.
Künstler hielten sich nicht mehr für moralischer Ratgeber ihrer Gesellschaft, sondern für Außenseiter, weswegen sie auch als erste Psychologen der Moderne bezeichnet werden.
Neben den Posten der Außenseiter ist ein weiterer Unterschied zur Klassik, das sich Künstler und Literatur jetzt auch dem gemeinen Volk zuwendeten.
Kennzeichnend für die Epoche der Klassik sind Volkslieder, aus denen alles Derbe entfernt worden ist, damit sie zum täglichen Leben den Eindruck einer heilen, natürlichen Welt vorspielen. Dazu benutzte man das Leben des gemeinen Volkes, was sich auch in den einfachen Versformen zeigt.
Joseph v. Eichendorff - Lebenslauf
Joseph von Eichendorff wurde 1788 als Sohn begüterter Adliger in Schlesien (Preußen) geboren. Er hat drei Geschwister.
Nach Absolvieren der schulischen Grundausbildung studierte er in Halle/Saale und machte sich dabei mit der Theologie Schleiermachers vertraut.
Nach einem Wechsel des Studienortes nach Heidelberg lernte er dort Bretano, Görres und Arnim kennen und gelangte durch sie unter den Einfluß der Volkspoesie.
Während der französischen Besetzung bekannte sich von Eichendorff zur Erneuerung und Befreiung seines Landes. Seine \"Kriegslieder\" von 1813 bis 1815 zeugen davon.
Im Jahr 1816 schlug er die Beamtenlaufbahn in Preußen ein. Über verschiedene Zwischenschritte gelangte er in das Berliner Kultusministerium, wo er langsam zum Geheimen Rat avancierte.
Vor der Zeit als Beamter wand sich J. v. Eichendorff der Natur zu. Es entstanden dabei eine Vielzahl von Wanderliedern.
Während der Beamtenlaufbahn befaßte sich v. Eichendorff mit historischen Gegenbenheiten; \"Das Schloß Dürande\" von 1837 verarbeitet beispielsweise Vorkommnisse der Französischen Revolution.
Vom Bekenntnis her war Joseph von Eichendorff katholisch; jedoch nahm er zu seinem Glauben eine unproblematische, naive Haltung ein. Dies bewahrte in vor der religiösen Überbetonung des Glaubens in der Romantik.
Joseph von Eichendorff: Die blaue Blume
Im seinem Gedicht \"Die blaue Blume\" befasst sich von Eichendorff mit dem Leben. Es ist nicht, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte, ein reines Gedicht über die Natur. Da die Farbe Blau für Vollendung steht, ist seine Suche nach der blauen Blume der Wunsch nach Erreichen eines idealen Lebens - sowohl moralisch als auch geographisch.
Dieses Gedicht gehört wahrscheinlich zu seinen Wanderliedern, die er zwischen dem Studium in Halle und seiner Beamtenlaufbahn verfasste, da es Merkmale der Volkspoesie aufweist, die er erst während seines Studiums in Heidelberg kennengelernt hatte.
Die erste Strophe beginnt gleich mit einer Anapher der Worte \"Ich suche\", womit die Betonung auf \"Blaue Blume\" und auf das Nichtfinden dieser gelegt wird. Danach erwähnt er die Gründe, warum er sie sucht: in der blauen Blume liegt nämlich sein ganzen Glück. Hierbei jedoch wird noch nichts darüber ausgesagt, inwieweit das Erreichen der blauen Blume möglich ist. Man geht davon aus, das dies in der nächsten Strophe geschehen könne.
Die zweite Strophe befasst sich mit der Suche an sich. Dabei entwirft er durch die Motive Länder, Städte und Auen ein eindrucksvolles Bild einer damaligen Landschaft. Durch die Anwesenheit der Harfe passt er gut in das idyllische Landschaftbild hinein. Er wirkt wie ein suchender Naturfreund, der mit seinem Leben ganz zu frieden ist und jetzt die blaue Blume zur Vollendung des Lebensgenusses sucht. \"Ob nirgends in der Runde\" schränkt das weitläufige Landschaftsbild ein und erfüllt die Natur mit menschlichen Leben.
In der dritten und letzten Strophe kommt ein gewisse Depression zum Ausdruck. Obwohl er schon so lange nach der blauen Blume suchte, hat er sie immer noch nicht erreicht. Auch langes Hoffen und Vertrauen in Gott hat ihn dabei nicht geholfen. \"Doch ach\" ist zugleich ein Seufzer und auch ein Hilferuf, ihm beim Suchen zu helfen. Allerdings herrscht hier eine traurige und depressive Grundstimmung vor, weswegen es völlig unklar ist, ob die blaue Blume überhaupt in absehbarer Zeit erreicht und damit das Leben optimiert, werden kann.
Das Gedicht befasst sich - wie eingangs erwähnt - mit dem Erreichen eines vollendeten Lebens. Durch neue soziale Umstände des 18. Jh. (Industrialisierung und Entstehen der sozialen Frage) verändert sich auch das Lebendsbild.
Durch sein Theologiestudium war Joseph von Eichendorff in gewisser Weiser mit den Geschehnissen vertraut. Obwohl er nicht mit den Folgen der Industrialisierung zu tun hatte, machte er sich dennoch Gedanken über das Verhältnis Mensch und Natur und dessen Veränderungen. In \"Die blaue Blume\" kommen diese Überlegungen zum Ausdruck. In Form des für ihn typischen Wandermotives, wie man es in vielen seiner Werke findet, setzt er sich mit der Lösung entsprechender Mißstände auseinander. Von Eichendorff erwähnt dabei, daß das Suchen nach der blauen Blume - also der Vollendung und damit eines optimalen Lebens - ein langer schwieriger Weg ist. Dennoch lässt er ihn nicht mit Erreichen der Blume enden, sondern mit einer Depression, dass diese unauffindbar ist.
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