Gegensatz zu den Fachwissenschaften hat die Philosophie keinen fest umrissenen Gegenstand als Kern ihrer Forschung: Ihr liegt das Erkenntnisstreben nach Anfängen, Ursachen und Elementen aller Dinge und nach den letzten Zielen des Handelns zugrunde. Sie untersucht also das Sein und seine allgemeinen Grundsätze (Ontologie), die Grundlagen der Erkenntnis (Erkenntnistheorie), die Gesetzmäßigkeit des Wahren in der Logik, des Guten in der Ethik und des Schönen in der Ästhetik.
Nicht nur in den philosophischen Anfängen der Antike, sondern wie ein roter Faden durch die gesamte Weltgeschichte gezogen, tauchen folgende Grundfragen auf:
· Was gibt es? Das ist die Grundfrage der Lehre von dem, was ist, der Seinslehre oder auch Ontologie. Aristoteles und viele andere Philosophen bis in unser Jahrhundert hinein haben in der Frage nach dem, was ist, sogar die allumfassende Grundfrage der Philosophie gesehen.
· Was erkennen wir? Das ist die Grundfrage der Erkenntnislehre, deren Fragen meist den ontologischen Fragen untergeordnet werden. Die Erkenntnislehre wurde zweifellos von dem französischen Philosophen René Descartes in den Vordergrund gestellt. Er fragt sich nämlich, ob nicht alles, was wir zu erkennen glauben, Täuschung und unser Leben mit einem Traum vergleichbar sei. Diese Frage soll jedoch nicht den Nachweis erbringen, dass unser leben tatsächlich ein Traum ist. Descartes möchte vielmehr "durch den radikalen Zweifel an unserer Fähigkeit, die Welt zu erkennen, wie sie ist, zu dem gelangen, was unbezweifelbar gewiss ist."(Gaarder, Jostein: "Sofies Welt") Die Frage "Was erkennen wir?" wandelt sich dann in eine andere: "Wie können wir etwas erkennen?"
· Was ist Wahrheit? Das ist die Grundfrage der Wahrheitslehre. Da wir den Ausdruck "Wahrheit" nicht wirklich verstehen, hat die Wahrheitslehre zunächst einmal die Bedeutung des Ausdrucks "Wahrheit" zu klären.
· Was ist gut? Das ist die Grundfrage der Ethik, die Lehre von dem, was gut ist. Da wir auch den Ausdruck "gut" nicht ausreichend erfassen können, hat die Ethik zuerst die Aufgabe der Bedeutung des Ausdrucks "gut" nachzugehen. Was gut ist, das sollte man aber auch tun. Die Frage "Was ist gut?" führt dementsprechend zur Frage "Was sollen wir tun?".
Wie wir sehen, liegen allen Lehren der Philosophie Dinge zu Grunde, die wir nicht verstehen. So wollen wir versuchen die Wörter und Begriffe zu klären, die in den bestimmten philosophischen Wissenschaften ausschlaggebend sind. Allein durch diese Kernfragen ist es möglich, unsere Unwissenheit zu erkennen. Selbst Sokrates meinte "Ich weiß, dass ich nichts weiß!" So wird die philosophische Frage allein viel wichtiger als die Antwort, da wir um diese Frage zu stellen schon eigenständig denken und uns selbst erkennen müssen.
So stützen sich neben den obengenannten Grundfragen weitere philosophische Fragen auf zentrale Wörter und Begriffe.
Hier drunter zählen für mich Fragen, wie "Was ist der Sinn des Lebens?", welche man, wenn man diese genauer betrachtet, zur Ethik zuordnen könnte, im Sinne von "Wie sollen wir leben?".
Gleichzeitig kommt einem das Gegenteil, der Tod in den Sinn. Denn, wenn ich ganz intensiv an das Leben denke, muss ich auch immer wieder an sein Ende denken.
"Es ist wie mit einer Münze. Leben und Tod sind zwei Seiten derselben Sache."(Gaarder, Jostein: "Sofies Welt")
Die Frage nach dem Tod lässt sich meinerseits auch zur Seinslehre dazuzählen. Denn schließlich ist es nicht nur die Lehre vom Sein, dem was ist, sondern auch vom Nicht-Sein, dem was nicht ist. In diesem Falle bezeichnen den Tod viele Menschen als das, wenn man nicht mehr ist. Doch die Mythologie verschiedener Religionen und Kulturen lehrt uns, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Hier stehen sich Ontologie und Mythologie kritisch gegenüber.
Wir haben also gesehen, dass es verschiedene grundlegende Fragen in der Philosophie gibt, die sich meistens auf das was beziehen.
Weiterhin gibt es Fragen, die über die eigentliche Basis hinaus gehen. Diesen liegt jedoch meistens das umfassende was zu Grunde, so, dass sozusagen ein Aufbau des Gedachten entsteht. Doch zu solchen Strukturen führen oft die willkürlichen Fragen, die o.g. Kinderfragen.
Also ist der beste Weg zur Philosophie eben doch "Wer? Wie? Was?", denn "Wer nicht fragt bleibt dumm."
Ein Vorgänger des eigentlich genialen Sesamstraße-Slogans war wohl ein Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe, welches am Anfang von "Sofies Welt" zu finden ist und mich oft inspiriert hat:
Wer nicht von dreitausend Jahren
Sich weiß Rechenschaft zu geben,
Bleib im Dunkeln unerfahren,
Mag von Tag zu Tage leben.
Dies erinnert mich an den Beginn in der Höhle. Wir müssen aus dem Dunkel der Unwissenheit hervortreten. Nur, wenn wir uns herauswagen und die Schatten hinter uns lassen, begreifen wir unser Leben.
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