Kurzbiographie, Werke /
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Heinrich Böll, am 21. Dezember in Köln geboren, war nach dem Abitur Lehrling im Buchhandel. In dieser Zeit befaßte er sich zum ersten Mal intensiver mit dem Schreiben. Den 2. Weltkrieg erlebte er als Soldat sowohl an der Ost- als auch an der Westfront.
Seit 1949 veröffentlichte er Erzählungen, Romane, Hör u. Fernsehspiele, Theaterstücke und war auch als Übersetzer aus dem Englischen tätig.
1972 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Er starb am 16. Juli 1975 im Hürtgenwald.
Wichtige Werke:
. "Und sagt kein Wort" (1953)
. "Haus ohne Hüter" (1954)
. "Ansichten eines Clowns" (1963)
. "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" (1974)
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II. Informative Inhaltsangabe: Handlung (Plot)
Im Mittelpunkt der Erzählung steht Katharina Blum, eine junge hübsche Haushälterin, die bei einem Rechtsanwalt namens Dr. Hubert Blorna und dessen Frau Trude angestellt ist. arbeitet sie freiberuflich bei Empfängen und Festlichkeiten, wo sie die Buffets besorgt. So kann sie sich von ihrem Einkommen eine Eigentumswohnung und einen Volkswagen leisten.
Katharina Blum ist eine freundliche, aber zurückhaltende Frau, die sich Männern gegenüber auf Grund schlechter Erfahrungen, abweisend verhält. Auf einer Karnevalparty verliebt sie sich in einen jungen Mann, Ludwig Götten, von dem sie zunächst nicht weiß, daß er von der Polizei wegen verschiedenen kriminellen Delikte gesucht wird. Sie verhilft ihm zur Flucht als sie davon erfährt. Die Zeitung nützt dieses Ereignis für einen Sensationsbericht aus, in dessen Mittelpunkt die als "Räuberliebchen" bezeichnete Katharina Blum steht. Die nun täglich erscheinenden Berichte werden immer verleumderischer und verletzender. Dieser andauernden Hetzte gegen ihre Person, sowie den danach einsetzenden anonymen Beschimpfungen verantwortlichen Reporter Tötges.
III. Vorliegendes Werk:
a) Stoff:
Heinrich Böll will in seiner literarischen Auseinandersetzung mit dem Sensationsjournalismus zeigen, daß man den Medien eigentlich machtlos ausgesetzt ist. Massenmedien (Zeitung, Rundfunk, Fernsehen), können einen Menschen bis ins Tiefste verletzen. So wird zum Beispiel in diesem Buch Katharina, die ein normales und rechtschaffenes Leben geführt hat, durch die Medien in ein völlig anderes Licht gesetzt. Durch die Presse wird sie als Räuberliebchen, Lügnerin, abartige Person und vieles mehr dargestellt. Allein durch die Presseaussagen eines Journalisten sieht sich Katharina gezwungen, diesen zu ermorden, da er einen großen Teil beitrug, ihre Selbstachtung zu zerstören.
b) Thema:
In diesem Buch geht es um ein, den Medien machtlos ausgeliefertes Individuum. Böll gibt ein Beispiel für die Wirkung verbaler Gewalt.
c) Motive:
Diese Buch erzählt die Geschichte der Katharina Blum, die zufällig den Terroristen Ludwig Götten kennenlernt. Die Konflikte in die Katharina mit den Medien und der Polizei dadurch kommt beschreibt Heinrich Böll.
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d) Schauplatz:
Die Handlung spielt im Februar des Jahres 1974. Schauplatz ist Gemmelsbroich im Landkreis Kuir in der Bundesrepublik Deutschland.
e) Figuren:
Katharina Blum:
Im Mittelpunkt der Erzählung steht Katharina Blum, eine junge hübsche Haushälterin, die bei einem Rechtsanwalt namens Dr. Hubert Blorna und dessen Frau Trude angestellt ist. Nebenbei arbeitet sie freiberuflich bei Empfängen und Festlichkeiten, wo sie die Buffets besorgt. So kann sie sich von ihrem Geld einen Volkswagen kaufen. Sie ist eine freundliche, zurückhaltende Frau, die sich Männern gegenüber, auf Grund schlechter Erfahrungen, abweisend verhält.
Dr. Hubert Blorna:
Er ist Rechtsanwalt. Seine Sekretärin ist Katharina, mit der er ein sehr gutes Verhältnis führt. Er steht immer hinter ihr und besorgte Katharina sogar eine Eigentumswohnung.
Ludwig Götten:
Er ist um die 30, ein attraktiver Mann. Wird wegen eines Deliktes von der Polizei strafrechtlich verfolgt.
Auf einer Karnevalparty, auf die ihn 2 Freunde einladen, lernen sich Katharina und er kennen. Sie tanzen die ganze Nacht miteinander. Ludwig fährt mit Katharina nach Hause, wo er auch die Nacht verbringt. Katharina verhilft ihm zur Flucht, indem sie ihm die Baupläne vom Haus zeigt und er sich einen Fluchtweg überlegen kann.
Tötges:
Ein eiskalter Journalist, der wenig Gefühle zeigt. Er ist zwischen dreißig und vierzig Jahre alt und sehr groß. Fragt Katharina über alles, ohne Rücksicht auf Privats-, und Intimsphäre. Tötges verdreht und manipuliert anschließend beim Schreiben die ganzen Aussagen von Katharina. Er hat damit ihren Ruf total ins negative verändert. Tötges hat sie wortwörtlich seelisch ruiniert. Das ist wahrscheinlich der Auslöser dafür, daß Katharina ihn ermordet.
Kommissar:
Er arbeitet viel mit der Zeitung und dem Journalisten Tötges zusammen. Tötges und er haben geheime Informationen ausgetauscht.
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f) Erzählform
Die Art, wie die Geschichte der Katharina Blum dargestellt wird, entspricht nicht den Vorstellungen, die man von einer Erzählung hat, denn daß eine sich kontinuierliche entwickelnde Handlung auch kontinuierlich wiedergegeben wird. Ein nicht näher bezeichneter Erzähler tritt als Berichterstatter auf. Er erläutert in den ersten Kapiteln, daß er eine objektive Wiedergabe der Ereignisse anstrebe. Um die Objektivität seiner Arbeit darzulegen, nennt er seine Informationsquellen. Die Aneinanderreihung der Quellen macht es nötig und möglich, Rückblenden und Vorgriffe in den Erzählablauf einzufügen, d.h. der Erzähler berichtet übe die Nachforschungen, die er anzustellen hatte, und über die Ereignisse. Zur Erläuterung dieser Arbeitstechnik spricht Böll im Kapitel 2 nicht von einer Erzählung, sondern er führt den Begriff der "Zusammenführung" ein. Neben der objektiven Seite der Erzählung, gibt es auch eine subjektive Erlebnisebene, nämlich wenn der Berichterstatter kommentiert, ergänzt oder berichtet.
Diese Erzählhaltung bietet sich einem Schriftsteller an, dem es primär nicht um die Handlung geht, sondern darum einen Nachdenkprozeß anzuregen. So ist es auch zu erklären, daß bereits im Kapitel 3 der Ablauf der Handlung- und somit auch der Tod des Reporters-bekannt ist. Dadurch soll der Leser sein Augenmerk auf die Hintergründe der Tat richten können.
IV. Persönliches Leseerlebnis:
a) Zugang:
Nachdem ich vor einiger Zeit den Film "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" gesehen habe, hat mich meine Mutter auch auf das gleichnamige Buch hingewiesen, daß ich dann mit großem Interesse zu lesen begann.
b) Verständnis:
Beim Lesen des Buches hatte ich keine größeren Probleme. Es ist leicht verständlich, und vor allem spannend zu lesen.
c) Wirkung:
Nachdem ich das Buch gelesen hatte, machte ich mir drüber Gedanken, wie es wäre, wenn es mir so erginge, wie der Katharina Blum. Ich glaube, ich hätte dasselbe wie Katharina getan, hätte Götten zur Flucht verholfen. Denn Liebe ist meiner Meinung nach stärker als das Gesetz.
Den Journalisten Tötges jedoch, hätte ich nicht ermordet. Es war ein großer Fehler den Katharina machte, den damit wurde sie strafbar.
d) Wertung:
Ich selbst war sehr beeindruckt durch die angagierte Arbeit. Heinrich Böll schrieb dieses Buch, obwohl er wohl ahnte daß es zu Angriffen gegen seine Person kommen würde. Ich selbst kann das Buch nur allen weiterempfehlen, auch weil die Thematik noch immer sehr aktuell-wenn auch nicht im engeren Sinn-ist.
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V. Anhang:
Der historische Hintergrund:
In der BRD war 1966 die CDU/CSU im Bundestag eine Koalition mit der SPD eingegangen. Ihnen standen rund 30 Abgeordnete der FDP als Opposition gegenüber. Viele Bürger vermißten zu dieser Zeit das Kontrollorgan einer starken Opposition im Parlament. Daher versuchten einige angagierte Bürger das Parlament von außen her zu kontrollieren. Sie verstanden sich als Außerparlamentarische Opposition (=APO) Unter dem Eindruck der polit. Ohnmächtigkeit wandelte sich die anfänglich liberaldemokratische Einstellung. Als Modell für die Erklärung der polit. Situation wurde schließlich der Maxismus wiederentdeckt. Mit seiner Hilfe wollte man Staat und Gesellschaft einer grundlegender Kritik unterziehen. Den Medien, so erklärten APO - Anhänger, falle in diesem System die Aufgabe zu den Menschen zu verschleiern, daß sie vom kapitalistischen Wirtschaftssystem ausgebeutet werden. Den Zeitungen des Axel-Springer-Verlages, allen voran der "Bild - Zeitung", wurde eine besonders wichtige Rolle zugesprochen. Der Springer-Verlag nutzte die ablehnende Haltung weiter Bevölkerungskreise gegenüber der APD aus um noch heftiger gegen "die Linke" in der BRD zu polemisieren. Eine kleine Gruppe der APD - Bewegung hatte sich um Andreas Baader und Ulrike Meinhof gesammelt, die vor Bomben- und Mordanschlägen zur Durchsetzung ihrer politischen Ziel nicht zurückschreckten. Die Bild-Zeitung konnte mit Hilfe der terroristischen Verbrechen der Gruppe die in der Bevölkerung entstandene Angst bei ihren Lesern zur Hysterie steigen. Zur Erleichterung diese Zieles war die Bild - Zeitung sogar die Verfälschung der Wahrheit recht. Böll nahm einen nicht wahrheitsgetreuen Bericht zum Anlaß, um sich im Spiegel mit dieser Art von Journalismus in scharfer Form auseinanderzusetzen. Er urteilt über den ganzen Artikel: "Das ist nicht mehr faschistoid, das ist nackter Faschismus, Verhetzung, Lüge, Dreck". Auf diesen Spiegelbeitrag setzte eine Kampagne gegen Böll ein. Ihm wurde vorgeworfen er sei ein Sympathisant der Terroristen. Im Juni 1972 durchsuchte die Polizei das Haus Bölls im Zuge der Terroristenfahndung.
Der Beitrag der Behörden:
Der Ausgangspunkt der Entwicklung ist eine Karnevalparty, auf der Katharina den polizeilich gesuchten Götten kennenlernt. Sie verliebt sich spontan in ihn, da er anders ist als die Männer, deren Verhalten ihr gegenüber immer nur als grobe Zudringlichkeit empfunden hat. Die tiefe Zuneigung, die sie mit Götten verbindet, wird durch die Ermittlungsbehörde in den Schmutz gezogen.
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Der Beitrag der Zeitung:
Den Lesern der Zeitung wird Katharina als "Räuberliebchen" präsentiert; Götten wird als "Bandit und Mörder" bezeichnet. Außerdem ist von Verschwörung die Rede. Die Frage wird aufgeworfen, ob Katharinas Wohnung ein "Konspirationszentrum" gewesen sei. Für den Leser wird daher Katharina in den Terroristenszene hineingedrängt. Aus der gänzlich unpolitischen Katharina Blum wird in den Augen der Leser eine politische Verbrecherin. Die Reporter spüren nun außerdem Personen auf, die Katharina kennen. Die Äußerungen dieser Personen werden so verändert, daß sie das Bild, daß die Zeitung von Katharina entwirft, noch schärfer zeichnen. So wird z.B. von einem Befragten geäußert:
"Wenn Katharina radikal ist, dann ist sie radikal hilfsbereit, planvoll und intelligent - ich müßte mich
schon sehr in ihr getäuscht haben."
In der Zeitung ließt sich das am folgenden Tag folgendermaßen:
"Eine in jeder Beziehung radikale Person, die uns geschickt getäuscht hat."
Die Formulierung "in jeder Beziehung" schließt auch politische Radikalität ein. Nicht nur die Methoden, wie die Ergebnisse der Befragungen "bearbeitet" werden, sind kriminell, sondern auch die Methoden, wie ein Interview zustande kommt. Das zeigt sich am Beispiel des Interviews mit Katharinas Mutter. Sie liegt nach einer schweren aber erfolgreich verlaufenen Krebsoperation, von allen Aufregungen abgeschirmt, im Krankenhaus. Als dem Reporter Tötges vom Arzt der Zutritt verwehrt wird, schleicht er sich als Handwerker verkleidet in das Krankenzimmer, um die Frau zu befragen. Kurze Zeit später stirbt Frau Blum in Folge der Aufregung.
Der Beitrag der Zeitungsleser:
Die Artikel der Zeitung rauben Katharina die menschliche Würde, und zerstören ihre persönliche Ehre. Sie wird von ihren Nachbarn gemieden, dauernd telefonisch belästigt, erhält derbe sexuelle Angebote, wird als "Kommunistensau" und "rote Wühlmaus" beschimpft und muß ihren wirtschaftlichen Ruin befürchten.
Gewalt als Gegengewalt:
Mit dieser Darstellung zeigt Böll, wie Äußerungen im Stile der Zeitung wirken können. Er gibt ein Beispiel für die Wirkung verbaler Gewalt. So erschient Katharina als ein Opfer der Gewaltanwendung. Ihre Mordtat kann damit als Rache für den Verlust ihrer Ehre bezeichnet werden. Damit kann die Tat zwar nicht gerechtfertigt werden, wohl aber können ihre Ursachen geklärt werden. Dies ist die Absicht Bölls, wie er sie auch im Untertitel formuliert hat: "Wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann."
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Autorbezug:
Böll sagt zur Entstehung seiner Erzählung: "Ich habe mir überlegt, was aus diesen Menschen wird, die für 2 Tage Sensation in einem Boulevardblättchen stehen. Keiner weiß, was mit dem Leben dieser Menschen danach passiert. Die Geschichte habe ich regelrecht studiert, Materialien gesammelt und daraus die Geschichte einer völlig unbekannten Zeitgenossin gemacht, die plötzlich einer solchen Verleumdung ausgesetzt wird. Insofern hat es natürlich einen autobiographischen Zug und einen biographischen Einstieg." Böll will am Beispiel der Katharina Blum zeigen, was einem unbescholtenen Menschen dazu treibt, eine Gewalttat auszuführen.
Dabei steht im Mittelpunkt der Erzählung eine Person von der Böll sagt: "Katharina ist keine politische Person, die ist keine Anarchistin, sie ist ein sehr braves, tüchtiges Mädchen, daß voll im Wirtschaftsdenken verankert ist."
Indem Böll die Titelheldin so anlegt, daß sie sich nicht wesentlich von vielen gleichaltrigen Frauen unterschiedet, will er bekräftigen, daß im Verlauf der Geschichte durchaus Alltäglichkeit zeigt; außergewöhnlich ist nur, wie die Betroffene am Ende reagiert.
Böll spielt sein Thema an einem Extremen Beispiel durch. Dessen ist er sich bewußt, wenn er sich zum Verhalten gegenüber einem solchen Journalismus einmal äußerst und die Empfehlung gibt.
"Mißtrauisch sein, wenn man zum Opfer wird, nicht nur bloß Gegenstand, sich wehren dagegen, wie weiß ich nicht, Diese junge Dame wählt diesen Weg, den ich nicht empfehlen kann, aber es gibt andere Möglichkeiten sich zu wehren".
Verwendete Literatur:
. Das Buch "Die verlorene Ehre der Katharina Blum"
. Ausschnitte aus dem Film
. Harenbergs Lexikon der Weltliteratur Band 2
. Königs Erläuterungen
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