Autor: Peter Weiss
Drama in zwei Akten
Uraufführung: 29.April 1964 in Berlin
Personen: Marquis de Sade
Jean Paul Marats
Simonne Evrard
Charlotte Corday
Duperret
Jaques Roux
Vier Volkssänger
Direktor Coulmier
Patienten der Irrenanstalt
Ort und Zeit: Badesaal der Nervenheilanstalt von Charenton, 13.Juli 1808
Inhalt: Der Marquis de Sade entwirft als Patient der Irrenanstalt von Charenton ein Spiel um die verlorene Revolution und führt es mit seinen Mitpatienten im Badesaal der Anstalt auf: nochmals ziehen die Szenen von Freiheitstraum und Zerstörungswut vorbei. Aber inzwischen schreibt man das Jahr 1808: Kaiser Napoleon regiert und die Franzosen träumen von der Eroberung der Welt. In der Anstalt überwacht Direktor Coulmier das Spiel und mischt sich immer dann ein, wenn er die Staatsautorität angegriffen sieht. Über die ganze Aufführung hin sitzt Marat in seiner Blechwanne, in der er Linderung sucht gegen seine Krätze, und läßt sich von seiner Lebensgefährtin Simonne pflegen, während er Hinrichtungslisten zusammenstellt. Mit Sade und Marat stellt Weiss zwei unterschiedliche Charaktere dar. Sade verweigert sich der politischen Wirklichkeit. Marat hingegen will die Welt verändern. Er übt die Schreckensherrschaft der Jakobiner aus um dieses Ziel zu verwirklichen. Am Ende scheitern beide. Marat wird durch die junge Royalistin Corday erstochen, was übrigens der Höhepunkt des Dramas ist. Sade hingegen wird in eine Heilanstalt voller prügelnder Nonnen gesperrt. Andere Personen im Stück die noch zu erwähnen sind der entlaufene Mönch Jacques Roux der sein Umfeld für die anarchistische Weltrevolution begeistern möchte. Direktor Coulmier vertritt das Bürgertum dem die Zukunft, das anbrechende 19. Jahrhundert, gehören wird. Das Volk wird von vier Straßensängern verkörpert, die mal begeistert und mal voller Wut sind.
Deutung: Theaterschauspieler spielen Insassen eines Irrenhauses, die wiederum historische Figuren im Revolutionspiel verkörpern. Das Werk hatte auf die Entwicklung des modernen Regietheaters einen großen Einfluß. Denn sein experimenteller Stil aus Zitaten und widersprüchlichen Darstellungsformen hat nicht nur das Publikum an provozierend neue Sehweisen gewöhnt, es hat auch zur radikalen Uminterpretation einiger anderer Werke geführt.
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