Gliederung:
· Allgemeine Einführung />
· Definition der \"res publica\"
· Grundformen: Vor- und Nachteile
Ø Demokratie
Ø Aristokratie
Ø Monarchie
· Entartungen und Kreislauf der Verfassungen
· Mischverfassung
1 Allgemeine Einführung:
De re publica wurde von Cicero im Mai 54 v.Chr. angefangen und gegen Mai des Jahres 51 beendet. Während seiner Arbeit hielt er sich in Cumae auf seinem Landgut auf. Der dargestellte Dialog findet 129 v.Chr. statt, da Cicero bemüht war, die bedeutenden Umwälzungen, die sich ereignet hatten, nicht zu berühren, sondern den römischen Staat zur Zeit des Scipio darzustellen. Cicero wollte nicht wie Platon das Bild eines Idealstaates entwerfen, sondern einen der Wirklichkeit angenäherten Staat schildern, wie er etwa um die Zeit des Dialoges existierte hatte.
Dennoch ist gerade Platon das Vorbild Ciceros. Seinem Staat wollte er ein römisches Gegenstück zur Seite stellen, dessen ethisches Fundament, nämlich die Forderung nach Recht, Gerechtigkeit und Freiheit als Grundlage eines Staates, gleich war, aber dessen Überbau spezifisch römisch war, in der freien und originalen Gestaltung des Stoffes durch die Persönlichkeit Ciceros.
Die Grundlagen für seine Betrachtungen hat Cicero aus vielen griechischen Quellen; er zitiert Platon, Aristoteles und Epikur ,die Stoiker Panaitios, Zenon und Diogenes, die Akademiker Xenokrates und Polemnon, und viele andere.
Vor Cicero hatte es noch keinen literarischen Niederschlag dieser Diskussion über die anthropologischen und soziologischen Fragen nach der Entstehung und Entwicklung des Gemeinschaftslebens in lateinischer Sprache gegeben.
2 Definition der re publica:
Die res publica ist bei Cicero der Zusammenschluss einer größeren Menschenzahl, eine Interessengemeinschaft auf der Grundlage von Rechtsvereinbarungen. Die Notwendigkeit dazu liege im natürlichen Streben des Menschen nach Gemeinschaft mit anderen Menschen.
Diese Gemeinschaften suchten sich dann Orte, wo sie fest siedelten - so entstehe ein oppidum oder eine urbs. Diese brauche aber eine planvolle Leitung, um Bestand zu haben.
Entweder müsse diese planvolle Leitung in der Hand
1. eines Einzelnen liegen (Monarchie)
2. einiger Auserwählter (Aristokratie)
3. der großen Masse (Demokratie)
Diese 3 Grundformen beleuchtet Cicero durch den Mund Scipios:
3 Grundformen:
Grundlage einer guten Staatsführung sei, dass es keine Ungerechtigkeit gebe und dass keine leidenschaftlichen Begierden aufkämen.
1. Demokratie
· Vorteile
In der Demokratie ist die Freiheit des Einzelnen gegeben, da sie jedem gleich zuteil wird, indem alle das gleiche Stimmrecht haben. Aber dennoch spielt bei der Ämterbesetzung oft das Alter der Familie oder ihre Vermögenslage eine große Rolle.
In der Demokratie ist es wichtig, dass allen Bürgern dieselbe Rechtslage zusteht, da ja schon das Geld nicht gleich verteilt ist und da jeder andere geistige Veranlagungen hat. Um sich die vollkommene Freiheit der Demokratie zu bewahren, muss das Volk sich - relativ - einträchtig bemühen, diese zu erhalten.
· Nachteile
Bei einer Volksherrschaft birgt gerade die Gleichheit eine Ungleichheit in sich, da keine Abstufungen nach dem Rang der Persönlichkeit des Einzelnen vorgenommen werden können.
Als Beispiel werden die Athener angeführt, die keine Abstufungen nach dem persönlichen Wert des Einzelnen vornehmen.
2. Aristokratie
· Vorteile
Wenn ein freies Volk die Männer wählen kann, die den Staat lenken sollen, wird man die besten wählen. Allerdings hat nur eine kleine Minderheit die zur Staatsführung geeigneten Tugenden, die auch nur von einer anderen einsichtigen und vorausblickenden Minderheit erkannt werden. Daher ist oft der Glaube verbreitet, die dem Adel zugehörigen oder die Reichen seien die Besten. Jedoch nichts ist schlimmer, als dass die Wohlhabendsten für die Besten gehalten werden.
Wenn dieses Missverständnis jedoch nicht zustande kommt, wären die Besten an der Macht, würden weise Gesetze geben und auch selbst vorbildlich danach leben.
· Nachteile
Bei einer Optimatenherrschaft kann die Masse des Volkes kaum an der gemeinsamen Freiheit teilhaben, da sie bei den Beratungsgesprächen ausgeschlossen ist und ihr keine Machtbefugnis gegeben ist.
Als Beispiel sind die Massilier angeführt, deren Volk, auch wenn die Optimaten eine gute Herrschaft ausüben, ohne Mitspracherecht ist und somit beinahe geknechtet.
3. Monarchie
· Vorteile:
In der Monarchie ist es von größter Wichtigkeit, dass der Herrschende weise und milde ist.
Vor allem in Kriegszeiten ist es wichtig sich einem Einzelnen zu unterstellen, um das Existieren des Staates zu gewährleisten und für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen. Die Monarchie ist diejenige Staatsform, die von Scipio am meisten unter diesen 3 nicht ganz perfekten gebilligt wird.
· Nachteile
Bei einem Königtum haben alle anderen zu wenig Anteil am gemeinsamen Recht und der staatlichen Planung, da die Macht und Befehlsgewalt in den Händen eines Einzelnen liegt.
Als Beispiel wird Cyrus angeführt, der ein weiser und gerechter König der Perser gewesen sei, aber dennoch, auch wenn seine Herrschaft gerecht und weise war, war sie immer noch die Herrschaft eines Einzelnen.
Vorzüge der jeweiligen Staatsform:
1. In der Monarchie ist, da der König an einen Patriarchen erinnert, der König für seine Untertanen da, wie der Patriarch für seine Kinder. Dabei hat der Herrscher oder Vater vor allem das Wohl der Untergebenen im Auge und nicht seinen persönlichen Nutzen. Die Untertanen im Gegenzug erkennen die politische Klugheit an, mit der der König sein Volk lenkt, da sie ihn als verantwortungsvollen und umsichtigen Mann erleben und auch schätzen können.
2. Die Optimaten treten auf und behaupten, sie könnten diese Aufgabe besser erfüllen, da sich politische Umsicht besser auf mehrere Personen verteile.
3. Die Volksherrschaft dagegen aber gewährt dem Volk die absolute und uneingeschränkte Freiheit.
Allgemeine Kritik
Jede dieser Verfassungen kann in eine schlechte Form umschlagen, in ein entartetes Gegenstück, da sie instabil sind und jede der Verfassungen gewisse Nachteile hat, die den Interessen mancher Gruppen wiedersprechen.
Beste Verfassung der 3 Grundarten:
Die Monarchie hält Scipio für die Beste dieser 3 vorgestellten, aber nicht perfekten und instabilen Verfassungsformen. Dies versucht er an Beispielen und mit Zeugen zu belegen.
Sein erstes Beispiel ist aus der Mythologie, aus der Götterwelt, die jeder Kritik erhaben ist und über der Welt der Menschen steht.
In der Monarchie kommt der König der Rolle eines Vaters gleich. Er zieht hier eine Parallele zu Zeus. Zeus sei der Vater aller Götter und Menschen - ein einzelner Herrscher über alle. über diese göttliche - und somit nur schwer anfechtbare - Ebene definieren sich die Könige und fühlen sich bestätigt. Scipio räumt ein, dass dies vielleicht nur aus der Mythologie stammt und daher von Herrschern auch instrumentalisiert werden könne, aber er will sich doch auf diejenigen Menschen berufen, die von der Annahme ausgehen, dass das Weltall durch den Geist eines einzigen regiert wird. (Wie etwa die Stoiker dachten)
Als nächstes ist Scipio bemüht Zeugen zu finden, die für die Monarchie sprechen.
Rom wurde lange von Königen regiert und diese ära ist noch nicht allzu lange zu Ende. Da Scipio die Römer nicht - wie die Griechen sie sahen - als Barbaren ansieht, kann er auf ihre Meinung vertrauen und ihm scheint das Königtum gut, da so viele angesehene Vorfahren in Einverständnis mit dieser Staatsform gelebt hatten.
Die Vorfahren haben die Könige - zu Recht, wie Scipio meint - vergöttlicht, da diese durch ihre Herrschaft, durch ihre Weisheit und durch ihre Gerechtigkeit den alten Römern ihre Ehre, ihre Würde und ihren Glauben gegeben hätten.
Diese Staatsform sei durch einen einzigen, nämlich Tarquinius Superbus verdorben worden; wären die König auch weiterhin in altbewährter Art tugendhafte gewesen, wäre dieses System nicht zusammengebrochen.
Auch vergleicht er die Staatsform der Monarchie mit den Empfindungen eines stoischen Menschen: geräte jemand Tugendhaftes in Rage, würde er nicht den Zorn siegen lassen, sondern die Vernunft über diese oder andere leidenschaftliche Gefühlswallungen stellen. Genauso stünde der König als staatliche Vernunft über den Untertanen.
Seinen Gesprächspartner, und somit alle ähnlichdenkenden römischen Männer, will Scipio überzeugen, indem er die patriarchalische Herrschaft von diesem in seinem eigenen Haus anspricht.
Um Beweise oder Parallelen aufzuzeigen arbeitet Cicero oft mit den stoischen Lehren, die er für sich entdeckt hat und zu schätzen weiß.
Das Königtum explizit wird von Cicero gelobt, da er an die alte römische Vorstellung anknüpft, ein Diktator auf gewisse Zeit ernannt soll die Staatsordnung wieder herstellen:
Dies ist nach den Vorstellungen Ciceros zum Zeitpunkt, als er den Dialog verfasste, nötig, da gerade in dieser Zeit Spannungen in der Republik deutlich wurden. In der Vergangenheit hatten Männer versucht, die Macht an sich zu reißen, bis schließlich das Triumvirat 53 v. Chr. auseinanderbrach und endgültig die Auseinandersetzung zwischen dem Senat und einem Einzelnen, nämlich Caesar, deutlich wurde.
Insgesamt war dieses Zeitalter politisch unruhig und in diesem Klima wünschte sich Cicero den Friedensstifter.
Formale Betrachtung
Scipio hält zu jeder Staatsform eine Rede, wobei deutlich wird, dass die Reden für die Demokratie und für die Aristokratie sich von der für die Monarchie, welche Cicero ja persönlich bevorzugt, unterscheiden: einmal schon die Art der Argumentation:
Für die Demokratie und die Aristokratie bleibt seine Argumentation im allgemeinen, politischen Rahmen und in der verfassungspolitischen Sphäre. Diese beiden Reden sind im Bezug auf den formalen Aufbau und ihre Gedankenführung homogen.
In der Rede für die Monarchie jedoch bringt er andersartige Argumente, aus der Götterwelt, aus der familia und aus der nationalen Geschichte, die für Cicero eine ungeheuere Beweiskraft gehabt haben muss, da die altrömische Geschichte quasi ein geheiligter Bezirk war.
Naheliegend ist daher, dass Cicero die Reden über Demokratie und Aristokratie von einem Autor übernommen hat und die Rede für die von ihm favorisierte Monarchie selbst geschrieben hat.
Das Gemeinsame an diesen Reden über die einzelnen Staatsformen ist, dass sie alle auf das selbe Ziel hinweisen, indem sie jeweils auf positive und negative Seiten geprüft wurden, nämlich die ideale Mischverfassung.
Es entsteht die Schlussfolgerung, dass keine dieser Verfassungsgattungen perfekt ist. Daraus wiederum resultiert das Endziel, nämlich die Verfassung, die die Mängel aller anderen Verfassungen vermeidet, aber ihre Vorteile in sich vereint.
4 Entartungen und Verfassungskreislauf
1. Diese Verfassungen sind nicht nur in sich nicht perfekt, sondern jede von ihnen kann in eine andere noch schlimmere Verfassungsart übergehen:
· Die Monarchie in die Tyrannis, die Gewaltherrschaft eines einzelnen.
· Die Aristokratie in die Oligarchie, die Herrschaft einer klüngelhaften Gesinnunsgruppe.
· Die Demokratie in die Ochlokratie, die Willkürherrschaft einer entfesselten Masse.
Dieser Kreislauf der Verfassungsentartungen geht auf Aristoteles zurück. An dieser Stelle zeigt sich ganz deutlich, wie Cicero sich mit den griechischen Philosophen auseinandergesetzt hat.
2. Erklärung und Gründe:
· Monarchie in Tyrannis: Fängt der König an, ungerecht zu werden, so entsteht eine Tyrannis. Dies sei die abscheulichste Staatsform, die der besten am nächsten stehe. Haben die Optimaten diesen ungerechten Gewaltherrscher beseitigt, so entsteht eine Scheinmonarchie; es herrscht ein Staatsrat bestehend aus führenden Männern, die das Wohl des Volkes im Auge haben.
Unter diesen wäre aber auch die Möglichkeit wahrscheinlich, dass einer nach der Alleinherrschaft strebt und sich als Tyrann aufspielt.
Verjagt jedoch das Volk den Tyrannen, so geht dies soweit gut, wenn nicht zu viele Leidenschaften entfesselt werden, und das Volk nach dem Sieg auch in Eintracht weiterlebt. Da man aber die Freiheit gekostet hat und oft nicht das rechte Maß erkennen kann, führt dies zu einem so hohen Maße an Freiheit, dass das Ehrgefühl und der Respekt vor Anderen abhanden kommt. Gerade durch diese Freiheit ist das Volk verweichlicht und kann sich an keine Anordnungen mehr halten. So verfällt dann ein extrem in das Andere, nämlich Freiheit in Knechtschaft.
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