Die Handlung des Romans Deutschstunde hat als Hintergrund historisch wahre Begebenheiten und setzt verstärkt das Vorwissen des Lesers voraus. So wird der Verlauf des Zweiten Weltkrieges an kaum einer Stelle ausdrücklich geschildert, er spielt aber in das Geschehen des Romans hinein und ist deshalb für sein Verständnis wichtig.
Siggis Geschichte beginnt im April 1943, ein Zeitpunkt, an dem sich im Kriegsgeschehen eine Wende zuungunsten Hitlers vollzogen hatte. Im Januar 1943 verlor die deutsche Armee bei Stalingrad unter ungeheuren Verlusten, sowohl am Boden als auch in der Luft machte sich die Übermacht der Alliierten deutlich. Hitlers Armee befand sich seit diesem Jahr auf dem Rückzug, Eroberungspläne hinsichtlich Afrika wurden aufgegeben, erwiesen sich als Illusion. Im Juli 1943 brach das italienische faschistische Regime zusammen, 1944 landeten die Alliierten in der Normandie, Frankreich wurde zum Kriegsschauplatz. Im September 1944 erreichten die Alliierten die Grenze des Dritten Reiches im Westen, im Osten eroberte die sowjetische Armee mehr und mehr Landstriche.
Am 7.Mai, bei Kriegsende, waren viele Gebiete von den Alliierten allerdings noch nicht eingenommen worden, darunter ein großer Teil Schleswig - Holsteins, auch das Gebiet, in dem die Binnenerzählung spielt.
Der Zusammenbruch des Dritten Reiches bedeutete für die Deutschen, die bisher in blindem Gehorsam an Hitler geglaubt haben und bereitwillig im Krieg ihre Pflicht getan hatten, einen großen Wandel. Sie mussten sich an neuen Normen orientieren und dem Nationalsozialismus zumindest äußerlich abschwören. Viele Menschen reagierten unterschiedlich auf die neue Situation, einige schwiegen, blieben aber dem Nationalsozialismus verbunden, für andere bedeutete die Niederlage im Krieg auch ein Ende des diktatorischen Staates.
Siegfried Lenz beschreibt in der Deutschstunde an einigen Figuren die unterschiedlichen Reaktionen auf den Untergang des Dritten Reiches. Als Beispiele sind hierbei natürlich Jens Ole Jepsen und seine Ehefrau Gudrun an erster Stelle zu nennen, doch auch an Lehrer Tetjus Prugel, der den Kindern bis zur letzten Minute die Ideologie des Nationalsozialismus vermittelt, werden die verschiedenen Einzelschicksale deutlich.
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