Der Roman will keine Definition des Begriffes "Pflicht" geben, sondern zeigt unterschiedliche Pflichtauffassungen und die damit verbundenen Verhaltensweisen.
Wie schon zuvor angesprochen, wandelt sich die Freundschaft von Jens Ole Jepsen und Nansen durch deren unterschiedliche Auffassung von "Pflicht" in Feindschaft. Jepsen ist Polizist und damit Beamter, er ist an seine Pflicht gebunden und legt Wert auf die peinlich genaue Ausführung eines Befehls, in diesem Falle des Malverbots von Nansen. Für Nansen hat das Wort "Pflicht" keine absolute Bedeutung, dies wird auf Seite 166f deutlich: "Gut, sagte er leise, wenn Du glaubst, daß man seine Pflicht tun muß, dann sage ich Dir das Gegenteil: man muß etwas tun, das gegen die Pflicht verstößt. Pflicht, das ist für mich nur blinde Anmaßung. Es ist unvermeidlich, daß man etwas tut, was sie nicht verlangt."
Die beiden haben also eine unterschiedliche Auffassungsweise der "Pflicht", nun ist zu untersuchen, wer im Recht ist. Jepsen hat vordergründig recht, denn er ist durch das Beamtengesetz und den Beamteneid dazu verpflichtet, zu tun, was seine Vorgesetzten verlangen. Doch seine Pflichterfüllung geht über die eigentliche hinaus, so wie es auch Okko Brodersen, der Postbote von Rugbüll, richtig erkannt hat: "Es wird erzählt, daß Du mehr tust, als einer tun sollte, jedenfalls mehr als die Pflicht erwartet. [...] Es wird erzählt, dass Du Dir persönlich was vorgenommen hast." Sein persönliches Anliegen ist, das Gefühl der Unterlegenheit gegenüber dem Maler auszugleichen und es ihm heimzuzahlen. Jepsen hinterfragt nicht das System, er klammert sich mit allem, was er ist, an die Ideologie des Regimes. Aus diesem Grund denke ich, dass Jepsen im Unrecht ist, er hat sich einer Ideologie verschrieben, die die Menschlichkeit und die Moral außer Acht lässt. Dies und auch die Vergänglichkeit dieses Regimes hat Jepsen sein ganzes Leben lang nicht durchschaut.
Auch der Maler unterliegt in seiner Arbeit einer gewissen Pflicht, nämlich der Pflicht, seine Arbeiten bis zur Vollkommenheit zu bringen. Aus diesem Grund ist er auch nicht in der Lage, Jepsen zu gehorchen. Doch im Gegensatz zu diesem gefährdet er niemanden und verletzt auch niemanden.
Nicht nur bei Jepsen findet sich eine fanatische Pflichterfüllung, sondern auch bei Siggi und Nansen selber. So ist Siggi von der Pflicht erfüllt, Bilder, die er bedroht sieht, vor seinem Vater in Sicherheit bringen zu müssen, was nicht nur dazu führt, dass er die Freundschaft zu Nansen verliert und aus der Familie verstoßen wird, sondern auch, dass er in der Strafanstalt näher über "Die Freuden der Pflicht" nachdenken muss.
Nansens Pflicht dagegen ist eher von harmloses Natur, die niemandem schadet. Diese Pflicht bezieht sich auf seinen privaten Arbeitsbereich, er ist davon besessen, seine Bilder vollkommen zu machen und aus diesem Grund ist er auch nicht in der Lage, Jepsen zu gehorchen. Anders als bei Siggi und Jepsen schadet er dabei allerdings niemandem.
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