Der Lehrer ist gleichzeitig Direktor des Güllener Gymnasiums. Nach seinen eigenen Angaben unterrichtet er Latein und Griechisch und ist ein Humanist. Auf ihn macht Claire Zachanassian von vorne herein einen "gruseligen" Eindruck und er vergleicht sie mit Klotho, einer griechischen Schicksalsgöttin (S.34). Daß er diese Einschätzung allen anderen Güllenern voraus hat, mag an seiner Bildung sowie seiner Menschenkenntnis liegen. Außerdem durchschaute er nach eigener Aussage (S.103) von Anfang an, daß für Ill keinerlei Chance auf Rettung besteht, gerade deswegen ist es ihm hoch anzurechnen, daß er dennoch sehr viel Zivilcourage beweist, als er zusammen mit Arzt Doktor Nüßlin den letzten verzweifelten Versuch zu Ills Rettung unternimmt und Claire Zachanassian ein Geschäft vorschlägt, das Ills Tod unsinnig machen würde. Als diese jedoch die Karten auf den Tisch legt (ihr gehört die gesamte Industrie Güllens, was das Geschäft unmöglich macht) ist sein humanistischer Glauben und seine wenigen verbliebenen Hoffnungen durch Claire am Boden zerstört, weil er nun die Ausweglosigkeit der ganzen Situation schließlich und endlich anerkennen muß. Von allen Güllenern widersteht er der Versuchung des Geldes am längsten. Alkoholisiert macht er in Ills Laden seiner ganzen Enttäuschung und seinem arg belasteten Gewissen Platz und kann nur durch die Kunden und Ill selber daran gehindert werden, der Presse über die geplante Ermordung zu erzählen: "Güllener! Ich will die Wahrheit verkünden, auch wenn unsere Armut ewig währen sollte!". Besonders enttäuscht scheint er in diesem Zusammenhang von Ills Familie zu sein, da er die Familie an sich wegen seiner Ideale für etwas Unzerstörbares zu halten scheint. Für ihn zählt im Gegensatz zu allen anderen Güllenern zu diesem Zeitpunkt Ills Leben immer noch mehr als das Geld der Milliardärin, auch wenn er weiß, daß er nicht ewig widerstehen wird und kann. Er scheint sich aber außerdem auch als einziger darüber im klaren zu sein, daß auch sie (das Kollektiv der Güllener) zum angemessenen Zeitpunkt eine "alte Dame" ereilen wird, sprich die Gerechtigkeit bzw. die gerechte Strafe.
Es kommt gegen Ende des Stückes so, wie er es schon angekündigt hatte. Er ist es schließlich, der die Rede hält, die die für Ill tödliche Gemeindeversammlung eröffnet. Davon jedoch abgesehen ist der Lehrer mit all seinen Skrupeln, den Gewissensbissen, dem Glauben an die Menschen und den verschiedenen Versuchen Ill zu retten vielleicht der "reinste" Bürger Güllens bzw. die "reinste" Figur im ganzen Drama. Er allein kann sich jedoch nicht gegen den allgemeinen moralischen Verfall wehren, so wie sich keiner von uns gegen eine anders denkende Übermacht durchsetzen könnte.
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