Erich Kästner war einer der wichtigsten Vertreter der neusachlichen Gebrauchslyrik.
In seinen humoristisch satirischen Gedichten versuchte er schonungslos und oft zynisch Deutschland durch Ironie, Kritik, Anklage und Hohn zu warnen.
Durch seine Kinderbücher ist er heute populärer als durch seinen satirischen Roman "Fabian". Im Dritten Reich gehörte Kästner zu den "verbrannten Dichtern", ohne zu emigrieren. Seine Lebensgeschichte ist ganz eng verbunden mit den gesellschaft-lichen Verhältnissen seiner Zeit.
Er formuliert seine Bücher klar und sachlich, sie sind fair und neugiererweckend ge-schrieben. Mit großer Differenziertheit, geschickter Einbeziehung des Zeithintergrunds und wirklich für Jedermann. Sie verschweigen nichts, lehren jedoch zugleich Verständnis für die persönlichen und historischen Bedingungen, denen Kästners Werke unterlagen.
Kästner war immer entsetzt über Unbildung. Auch die Schweigsamkeit städtischer Behörden seitens der Bücherverbrennung hat ihm immer wieder Probleme verursacht.
Er versuchte immer wieder aufzurütteln. So schrieb er 1957: "Wer seine Schwiegermutter totschlägt, wird geköpft. Das ist ein uralter verständlicher Brauch. Wer aber Hunderttausende umbringt, erhält ein Denkmal. Straßen werden nach ihm benannt. Und die Schulkinder müssen auswendig lernen, wann er geboren wurde und wann er friedlich die gütigen Augen für immer schloß".
Kästner reichten die Erfahrungen der sechziger Jahre, um sich seine endgültige Resignation einzugestehen. Der Autor, der als nerviger, hochintelligenter Asphaltliterat begann und hellsichtig Zeit und Zukunft hochrechnete, verzweifelte am gesunden Menschenverstand, den er ein Leben lang einforderte und der, wie er erkennen mußte, für alle Zeit in der Minderheit bleiben werde.
Für spätere Generationen ist Erich Kästner deshalb nur noch der Sozialromantiker und Kinderbuchonkel. Sie können nicht begreifen, weshalb Kästner von den Nazis verboten war. Und auch heute hat Kästner nur noch einen gesicherten Platz als Kinderbuchautor.
Das ist viel für einen Autor, dessen Romane für Kinder vor über sechzig Jahren erstmals erschienen. Und ist doch zu wenig für einen der vielseitigsten, deutschen Schriftsteller und Zeitkritiker dieses Jahrhunderts.
Ja, die Bösen und Beschränkten
sind die Meisten und die Stärkern.
Aber spiel nicht den Gekränkten.
Bleib am Leben, sie zu ärgern.
|