Wie und warum überhaupt Nomaden in die Fruchtländer Mesopo¬tamiens und Ägyptens kamen Bereits gegen Ende des dritten Jahrtausends kamen semitisch sprechende Stämme auch nach Ägypten. Wie in Mesopotamien kamen sie , um die Produkte ihrer auf Kleinviehzucht beruhenden Nomadenwirtschaft einzutauschen (auf Kamelzucht spezialisierte Nomaden traten erst im 9. Jh. v. unter dem Namen "carab" auf), sie kamen als Eroberer oder - in Dürrejahren - vom Hunger getrieben, was oft das Gleiche war. Viele kamen als Kriegsgefangene. In der Hy¬ksoszeit trugen etliche Machthaber Unterägyptens semitische Namen.
Es spricht einiges dafür, daß der Ausdruck "Hebräer" (in ägyptischen Quellen "capiru", in akkadischen Texten "chabiru") nicht als Bezeichnung eines Stammes, sondern einer niederen Sozialschicht zu deuten ist. Die Ägypter meinten damit jedenfalls die verschiedenen ausländi¬schen Zwangsarbeiter. Die Bibel hingegen beschränkt die Verwendung des Begriffs "Hebräer" auf die Israeliten, die als Stammesgruppe erscheinen, die sich im östlichen Nildelta niederließ und aller Wahrscheinlichkeit nach von Ramses II. für Bauarbeiten an den Grenzfestungen Per-Atum und Per-Ramses (in der Bibel: Pitom und Ramses) herangezogen wurde, und unter des¬sen Nachfolger Merneptah (1224-1204) abwanderte.
daß sich die Stammesgruppe der Israeliten wahrscheinlich erst bildete, nachdem sie aus Ägypten geflohen war Es ist wahrscheinlich, daß die als "Israeliten" bezeichnete Gruppe sich überhaupt erst im Zu¬sammenhang mit dem Exodus, der Flucht aus Ägypten, aus einigen semitisch sprechen¬den Stämmen gebildet hat. Etwa gleichzeitig mit den Israeliten entwickelten sich im Raum Ka¬naans (Syrien-Palästina) andere Nationen aus semitisch sprechenden Stämmen: Edom, Moab und Ammon. In der Erzählung von der Offenbarung am Berg Sinai spiegelt sich vielleicht das Wer¬den der israelitischen Nation. "Die biblische Überlieferung unterstellt, daß der zusam¬menge¬würfelte Haufen von Menschen, der aus Ägypten entrann (Num 11, 4) den Bund am Sinai auf sich nahm und von Anfang an unter dem Namen Israel in Sippen geordnet und sau¬ber in zwölf Stämme aufgeteilt war. Diese zwölf halbnomadischen Stämme überdauern durch eine Reihe von Wundern die Wüstenwanderung - woraus hervorgeht, daß sie keine richtigen No¬maden, sondern dem Wüstenleben schlecht angepaßt waren. Sie waren offenbar ebenso¬wenig ein starker Truppenkörper ..." In der Genesis (46,26) ist von nur 70 Personen die Re¬de.
Daß die Landnahme der Israeliten in Kanaan etwas von Invasion, von Heimkehr und von Sozialrevolution an sich hatte und nicht ganz so schnell und glatt vor sich ging, wie´s in der Bibel steht Jedenfalls dürfte die "Landnahme" zunächst höchstens von einigen tausend Mann un¬ternommen worden sein. Vieles spricht dafür, daß es sich dabei nicht (wie die Bibel das Ge¬schehen schildert) um eine rasche, zielstrebige Invasion, sondern um einen in mehreren Schrit¬ten erfolgten Infiltrationsprozeß handelte. Verschiedene Indizien sprechen auch für eine Prä¬senz israelitischer Stämme (Benjamin, Sebulon) vor der Landnahme sowie dafür, daß sich das Eindringen der Israeliten mit Bauernaufständen in den verschiedenen kanaanitischen Staaten verbunden habe.
Wie sich um 1000 ein israelitischer Staat bildete und Jahwe dort eine feste Behausung bekam, daß dieser Staat aber bald in
zwei Teile zerfiel Die Herausbildung eines israelitischen Staates beendete die Herrschaft charismatischer Stammesführer (der "Richter"). Saul wurde (1010) zum König proklamiert. Unter David (1006-966) wurde Jerusalem den Philistern entrissen und zum politischen und kultischen Zen¬trum eines kanaanitischen Großstaates, der bis an den Euphrat reichte. Davids Sohn und Nach¬folger Salomo verlor allerdings die aramäischen Gebiete wieder. Der eine Gott der Israeliten erhielt nun im einen Staat der Israeliten mit dem (salomonischen, ersten) Tempel eine dauernde Heimstatt statt eines baulichen Provisoriums, wie es das "Stiftszelt" gewesen war. Im Allerhei¬ligsten stand die "Bundeslade", die die Moses übergebenen Gesetzestafeln enthielt.
Nach dem Tod Salomos zerfiel der israelitische Staat in das Nordreich Israel (mit der Hauptstadt Samaria) und das Südreich (mit der Hauptstadt Jerusalem).
Wie aus Rest-Kanaan Phönikien wurde Im Zuge der Invasionen und Völkerbewegungen jener Zeit hatten die Kanaanäer neun Zehntel ihres Gebietes an die Aramäer, Israeliten und Philister verloren. Den selbständig ge¬bliebenen etwa 200 km langen Streifen an der Mittelmeerküste, der sich im wesentlichen mit dem Gebiet des heutigen Libanon deckte, nannten die Griechen "Phönikien", was ebenso wie die semitische Bezeichnung "Kanaan" "Land der roten Farbe" bedeutet. In der Tat waren mit dem Sekret der Purpurschnecke gefärbte Textilien das wichtigste Exportgut jenes Raumes.
Wie sich die Phönizier auf die Seefahrt spezialisierten, von Salomo aber auch als Baumeister und handwerker geschätzt wurden Die Kanaanäer/Phönizier sahen sich genötigt, ihre Wirtschaft den neuen beengten Ver¬hältnissen anzupassen, woraus sich geradezu der Zwang einer Spezialisierung auf die Seefahrt ergab, die ihnen auf diesem Gebiet bald einen Entwicklungsvorsprung verschaffte. Im gesamten Mittelmeeraum errichteten die Phönizier Handelsstützpunkte. Auf ihren Fahrten gelangten sie bis Westafrika und Britannien. Selbst die Machthaber der damaligen Großstaaten ließen bei den Phöniziern fahren. Die phönikischen Stadtstaaten (Ugarit, Byblos [Gebal], Arwad, Sidon, Tyrus) standen in besonders enger Beziehung zu Ägypten, das schon im Alten Reich Bauholz aus dem Libanon bezogen hatte. Intensive Beziehungen gab es auch mit dem Ägäischen Raum (Kreta, Mykene), Kleinasien und natürlich mit der näheren Umgebung: Salomo schloß mit Hiram, dem König von Tyrus, einen Vertrag, der die Lieferung von Baumaterialien und die Be¬reitstellung spezialisierter Handwerker für den Bau des Tempels in Jerusalem vorsah. Phöni¬kische und die Königshäuser Israels und Judas waren durch Heirat verbunden.
Wie die Assyrer das israelitische Nordreich eroberten und die dort ansässigen zehn Stämme deportierten, die seither als "verloren" gelten, und wie Nebukadnezar im Jahre 587 den salomonischen Tempel zer¬störte und die Israeliten in die babylonische Gefangenschaft führte, die Perser sie aber wieder gehen ließen Die Assyrer eroberten 722 Israel und zerstörten Samaria. Die - seither "verlorenen" - zehn Stämme des Nordreichs (oder wenigstens ihre Führungsschicht) wurden deportiert. Juda teilte später das Schicksal des Nordreichs: Die Aramäer zerstörten 587 unter Nebukadnezar den Tempel Jahwes ("erste" Tempelzerstörung) und deportierten einen Teil der Bevölke¬rung ("babylonische Gefangenschaft"), dem die Perser (unter Kyros) aber die Rückkehr gestat¬teten. Auch der Tempel wurde nun wieder aufgebaut.
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