Als mögliche Faktoren des Waldsterbens sind die Luftschadstoffe Schwefeldioxid, Stickstoffoxide und Ozon im Gespräch. Eins Schädigung von Pflanzen durch Luftverschmutzung ist schon lange aus der Umgebung von Industrieanlagen bekannt. Neuartige Waldschäden lassen sich dagegen in den letzten Jahren nicht mehr einer bestimmten Schadstoffquelle zuordnen. Eine ursächliche Beziehung zur Luftverschmutzung besteht zweifellos, aber die kausale Abfolge der Ereignisse, die zur Schädigung der Bäume führen, ist trotz umfangreicher Forschungsprogramme nicht klar. Bereits unter Streß stehende Pflanzen werden durch eine zusätzliche Belastung häufig irreversibel geschädigt. Hinzu kommt, daß solche Pflanzen besonders leicht von Parasiten (Pilzen, Viren) befallen werden und dieser Sekundärschaden dann oft das erste äußerlich sichtbare Anzeichen der Erkrankung ist. Auch das Absterben der Bäume ist vielfach durch solche Sekundäreffekte verursacht.
Die Luftverschmutzung kann in dreierlei Weise auf die Pflanzen einwirken:
1. Der Schadstoff gelangt in den Boden und schädigt das Wurzelsystem direkt oder wirkt so, daß andere Stoffe schädigen können.
2. Der Schadstoff beeinflußt die Menge an Nährstoffen (Ionen) im Boden und führt zu Mangelerkrankungen oder zu Folgeschäden infolge zu starker einseitiger Nährstoffzufuhr.
3. Der Schadstoff wird direkt aus der Luft aufgenommen und wirkt in der Pflanze sofort oder nach Anhäufung bei Überschreiten eines Schwellenwertes.
Für die meisten Standorte gilt, daß die Konzentrationen der einzelnen Schadstoffe jeweils unterhalb der Schadschwelle für Bäume liegen. Die Schadschwelle kann aber durch das Zusammenwirken mehrerer Schadstoffe überschritten werden. Die saure Deposition in Form des sauren Regens verstärkt die Schädigungen. Es ist zu vermuten, daß die über Jahrzehnte anhaltende Immissionsbelastung der Bäume zunächst zu nicht sichtbaren Auswirkungen im Wurzelbereich, in den blättern und im Wachstum geführt hat. Dadurch ist die Vitalität der Bäume herabgesetzt und ihre Anfälligkeit erhöht worden. Als auslösende Stressoren, die zu sichtbaren Schädigungen führen, kommen Kurzzeitbelastungen durch extreme Witterungs-bedingungen, hohe Konzentrationen gasförmiger Luftschadstoffe sowie stark saure Ablagerungen und Versauerungsschübe im Boden in Frage.
Schwefeldioxid bewirkt das Absterben von Blattgewebe und die Zerstörung von Chloroplasten. Die schädigende Wirkung des über Spaltöffnungen aufgenommenen Stickstoffdioxids beruht auf einer Umwandlung zu Nitrit durch den Stoffwechsel der Pflanze. Angereichertes Nitrit schädigt den Photosyntheseapparat. Ozon greift z.B. die Zellmembranen an. Dadurch können Wasser und Nährsalze austreten, die dann durch den sauren Regen ausgewaschen werden können. Ebenso werden die Chloroplasten angegriffen, was sich durch Vergilben der nadeln bemerkbar macht. Hierdurch kommt es zu einer verminderten Photosyntheseleistung und somit zu einem gestörten Wachstum der Bäume.
Insekten, Pilzen, Bakterien oder Viren kommen keine Verursacherfunktionen zu. Es besteht aber der Verdacht, daß einige von ihnen das durch andere Faktoren verursachte Krankheitsbild verschärfen. Vor allem treten einige Insekten- und Pilzarten als Schwächeparasiten auf, die die geschädigten Bäume bevorzugt befallen.
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