Bei der Mutationszüchtung wird das genetische Material mit Röntgen- und Neutronenstrahlen, Kälte- oder Wärmeschocks oder mit Chemikalien verändert. Die dadurch zufällig entstehenden Mutanten werden auf Stabilität und Leistungsfähigkeit getestet. Der Nachteil dieser Methode ist, daß nur ein sehr kleiner Teil der Mutanten sich für die Weiterzüchtung eignet, da die meisten der Mutanten während der Veränderung zugrunde gehen. Trotzdem gelang es auf diese Art und Weise, die Nektarine herzustellen.
Pflanzenzüchtung mittels Gentechnik
Man kann sich die Omnipotenz von Pflanzen zunutze machen, um aus ihnen mehr Pflanzen zu züchten. Die Fähigkeit vieler Pflanzen, daß aus Gewebeteilen, Einzelzellen oder Protoplasten wieder ganze Pflanzen entstehen können, nennt man Omnipotenz. Folgendes Beispiel erläutert diese Methode: Man entnimmt einer Pflanze Meristemzellen (so wird das teilungsfähige Gewebe der Pflanzen genannt) und regeneriert Kalli, indem man sie auf ein Nährmedium gibt. Ein Kallus ist ein "Haufen" von Pflanzenzellen ohne Differenzierung, d.h. die Meristemzellen vermehren sich, ohne spezielle Pflanzenteile zu bilden. Meristemzellen sind meistens frei von Viren oder Bakterien und sind daher als Ausgangsmaterial zur Züchtung optimal geeignet. Durch Zugabe von Pflanzenhormonen, sogenannten Phytohormonen, können aus den Kalli wieder neuartige Pflanzen entstehen. Diese neuartigen Pflanzen gleichen von ihrer genetischen Ausstattung her den Ausgangspflanzen, aus denen man die Meristemzellen gewonnen hat, sie wurden geklont. Dieses Verfahren hat zwar nicht direkt mit Gentechnologie zu tun, zeigt aber, daß man mit dieser Methode schon versucht hat, den wachsenden Bedarf an Nutzpflanzen zu decken.
Man kann zur Transformation von Genen zwei unterschiedliche Verfahren benutzen: Je nach Pflanzentyp kommt die indirekte bzw. die direkte Genübertragung in Frage.
Die indirekte Genübertragung erfolgt mit Hilfe des Agrobakteriums, das "natürliche Gentechnik" betreibt. Diese Eigenschaft macht man sich nun gezielt zunutze. Die Gene, die man übertragen möchte, werden in das Ti-Plasmid des Agrobakteriums integriert. Da man eine Tumorbildung bei den entstehenden transgenen Pflanzen vermeiden will, müssen die für die Tumorbildung verantwortlichen Gene, die auf dem Ti-Plasmid liegen, entfernt werden. Man benutzt also ein entschärftes Ti-Plasmid zur Übertragung von Fremdgenen. Dabei wird ein Teil der T-DNA mit Restriktionsenzymen herausgeschnitten und die Fremd-DNA wird an dieser Stelle eingebaut. Das veränderte Agrobakterium wird dann zur Infektion der Pflanze verwendet.
Die Möglichkeit des Gentransfers durch das Agrobakterium ist auf die Wirtspflanzen des Bakteriums beschränkt, d.h. es befällt nicht alle Pflanzensorten. Deswegen hat man sich eine andere Methode einfallen lassen, damit der Gentransfer stattfinden kann: Man infiziert Protoplasten mit dem veränderten Ti-Plasmid. Die Protoplasten werden dann in das Genom der Wirtszelle eingebaut. Man überträgt mit dem veränderten Gen meist auch ein Markergen, damit die veränderten Pflanzen selektiert werden können. Aus den Protoplasten kann man nun Pflanzen regenerieren. Hierbei wird die Omnipotenz der Pflanzen genutzt. Diese Methode ist nicht bei allen Pflanzen anwenden.
Bei den Pflanzen, die sich nicht durch Protoplasten regenerieren lassen, benutzt man das Verfahren der direkten Genübertragung, die sogenannte Gen-Kanone: Gold- oder Wolframpartikel werden mit der einzubringenden DNA beschichtet und durch die Gen-Kanone mit hohen Geschwindigkeiten in die Pflanzenzellen hineingeschossen. Man trägt ein Mikroprojektil auf ein größeres Geschoß, dem Makroprojektil, auf. Das Makroprojektil wird abgeschossen und beim Aufprall auf eine Sperrplatte abrupt gebremst. Dadurch löst sich das Mikroprojektil von dem Makroprojektil, bleibt an dem Stahlsieb hängen, wobei die Partikel mit der einzubringenden DNA mit Wucht in die Zielzelle eindringen. Der Einbau der Fremd-DNA ist bei dieser Methode zufällig und nicht zielgerichtet. Ob das eingeschossene Gen auch funktioniert, ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Dabei spielt die Unversehrtheit der Fremd-DNA eine ebenso große Rolle wie die Unversehrtheit der beschossenen Zellen. Ist dieser Versuch geglückt, müssen aus den beschossenen Zellen wie bei den Kalli ganze Pflanzen regeneriert werden, indem man die Omnipotenz der Zellen nutzt.
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