Psychologen und Verhaltensforscher haben sich natürlich auch Gedanken darüber gemacht, was passieren würde, wenn einem Menschen sämtliche, seine Sinne ansprechenden Reize entzogen würden. Um dieser Frage nachzugehen, haben sie sich ein interessantes Experiment ausgedacht: Die Probanden3 wurden von möglichst allen äußeren Reizen abgeschirmt, so daß sie kaum noch etwas wahrnehmen konnten. "Reizentzug" nennt man dieses Phänomen in der Fachsprache.
Freiwillige Versuchspersonen sollten sich so lange wie möglich in einer Art "breitem Bett" liegend aufhalten. Sie bekamen geräuschdämpfende Ohrenschützer, sowie Brillen aus Milchglas aufgesetzt und um die Arme dicke Polster und Manschetten gewickelt, damit sie keine Berührungsreize erleben konnten. Bis auf die Mahlzeiten, den Gang zur Toilette und die gelegentliche Durchführung von Tests war ihre Situation also äußerst reizarm und monoton.
Die meisten von ihnen schliefen erst einmal. Danach hingen sie ihren Gedanken nach. Als ihr Reizhunger immer stärker wurde, versuchten sie sich durch Selbstgespräche, Gesang und Bewegung zu unterhalten. Doch bald quälten sie neben der Langeweile zunehmend auch Trugwahrnehmungen, also Fata Morganen. Sie nahmen plötzlich Lichtpunkte, Bilder und Geräusche wahr, wo überhaupt keine waren und verloren das Zeitgefühl. Je länger das Experiment dauerte, um so mehr ließ auch die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit nach, um so verwirrter und unausgeglichener wurden sie. Manche konnten sich am Ende kaum noch orientieren und brauchten sogar Hilfe, wenn sie zur Toilette mußten.
Keiner der Testpersonen hielt es länger als 48 Stunden aus.
Dieses Experiment wurde in zahlreichen Variationen wiederholt. Sie alle kamen zu dem Ergebnis, daß Außenreize und ihre Wahrnehmungen außerordentlich wichtig für die psychologische Gesundheit des Menschen sind. Fehlen sie, so treten Bewußtseinsstörungen auf, der Mensch gerät durcheinander, wird verwirrt. Sehr treffend charakterisiert unsere Alltagssprache solche Zustände mit: "nicht alle Sinne beisammen haben", "von Sinnen sein".
Bei diesen Experimenten konnte auch nachgewiesen werden, daß ein länger dauernder Reizentzug nicht nur eine Methode ist, einen Menschen mürbe zu machen, sondern auch seinen Hunger nach jeder Art von Informationen erhöht und ihn damit äußerst anfällig für die Beeinflussung, etwa durch Propaganda zu machen. Ein Faktor, den sich "tyrannische" Staaten schon lange zunutze machen, indem sie bei ihrem politischen Umerziehen und Gehirnwäsche auch zu Mitteln des Reizentzugs greifen, wie zum Beispiel Isolierung, Nachrichtensperre, Einzelhaft.
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