Bedrohte Arten, Pflanzen- und Tierarten, die in ihrem Bestand gefährdet oder unmittelbar vom Aussterben bedroht sind.
Manche von ihnen, z.b. der Kalifornische Kondor (siehe Abbildung), können ohne unmittelbare Eingriffe des Menschen nicht überleben. Andere sind noch in recht großer, aber abnehmender Individuenzahl vorhanden. Und wieder andere sind in ihrem Verbreitungsgebiet nur durch relativ wenige Exemplare vertreten, ohne dass aber die unmittelbare Gefahr des Aussterbens besteht.
Aussterben ist im Verlauf der Evolution ein normaler Vorgang. Insgesamt ist die Zahl in der Erdgeschichte ausgestorbener Arten weit größer als die der heute lebenden. Viele Arten sind allmählich verschwunden, weil das Klima sich veränderte oder weil sie sich nicht an Bedingungen wie Konkurrenz und natürliche Feinde anpassen konnten. Seit dem 17. Jahrhundert hat sich jedoch das Artensterben durch das Wachstum der menschlichen Bevölkerung und durch die Auswirkungen der Technik auf die natürlichen Ökosysteme stark beschleunigt. Heute verändert sich die Umwelt in weiten Teilen der Erde so schnell, dass die meisten Arten sich daran nicht durch natürliche Selektion anpassen können.
Aus einer 1996 publizierten Roten Liste einer Schweizer Artenschutz-Kommission geht hervor, dass fast ein Viertel aller Säugetierarten vom Aussterben bedroht sind. Insgesamt wurden 5 205 Arten hinsichtlich ihrer Gefährdung beurteilt, 1 096 davon erwiesen sich als bedroht - u. a. 46 Prozent aller Primatenarten, 36 Prozent aller Spitzmausarten und 33 Prozent aller Paarhuferarten. Von den 514 regelmäßig in Europa vorkommenden Vogelarten sind nach einer 1995 veröffentlichten Studie einer britischen Vogelschutzorganisation 40 Prozent bedroht; gravierende Rückgänge gab es vor allem in den letzten 20 Jahren. Besonders betroffen sind u. a. Wiesenvögel. Eine 1998 veröffentlichte internationale Studie von 16 Natur- und Forschungseinrichtungen ergab, dass 12,5 Prozent der etwa 270 000 bekannten Gefäßpflanzenarten vom Aussterben bedroht sind. Nach einer 1998 publizierten Mitteilung des World Conservation Monitoring Center sind etwa 9 000 Baumarten (rund 10 Prozent aller Baumarten) gefährdet.
1.1 Ursachen
Für das Aussterben und die Gefährdung von Arten gibt es eine ganze Reihe von Gründen - der wichtigste ist die Zerstörung von Lebensräumen. Die Trockenlegung von Feuchtgebieten, die Umwandlung von Buschland in Viehweiden, die Rodung von Wäldern sowie der Bau von Städten, Wohnsiedlungen, Autobahnen und Staudämmen haben die vorhandenen Lebensräume stark eingeschränkt. Die tropischen Regenwälder (siehe Abbildung) werden in naher Zukunft verschwunden sein, wenn das derzeitige Tempo der Zerstörung anhält. Werden Lebensräume immer mehr zu kleinen Inseln, verlieren die Arten in den Rückzugsgebieten den Kontakt zu anderen Populationen derselben Art. Dies verringert ihre genetische Vielfalt, so dass sie sich weniger gut an Umweltveränderungen anpassen können. Solche kleinen Populationen sind stark vom Aussterben bedroht. In manchen Fällen sind die zerstückelten Lebensräume so klein geworden, dass sie einer lebensfähigen Population keine Grundlage mehr bieten.
Seit dem 17. Jahrhundert führt die wirtschaftliche Nutzung von Wildtieren, um Nahrung und andere Produkte zu gewinnen, zum Aussterben oder zur Gefährdung vieler Arten. Das Abschlachten von Walen wegen ihres Tranes und Fleisches brachte etliche dieser Arten an den Rand des Aussterbens. Der Riesenalk starb im 19. Jahrhundert durch übermäßige Bejagung aus, und der Karolina-Sittich verschwand sowohl durch die Jagd als auch durch die Vernichtung seiner Lebensräume. Stark gefährdet sind auch die afrikanischen Nashörner, die noch heute von Wilderern wegen ihrer Hörner gejagt werden. So gab es 1995 nur noch 1800 Spitzmaulnashörner, 25 Jahre davor jedoch 70000. Hauptursache für die Ausrottung von Nashörnern, Tigern, Leoparden, Bären und etlichen anderen Arten ist die Traditionelle Chinesische Medizin, die Teile dieser Tiere zu Pillen, Salben und Tinkturen verarbeitet. Von Bären werden nach einer Mitteilung des WWF u.a. Galle und Tatzen verwendet. Wie der WWF 2000 berichtete, ist in Afrika der Handel mit Wildfleisch ein Hauptgrund für sinkende Wildtierpopulationen.
Im Verlauf der Menschheitsgeschichte lässt sich immer wieder feststellen, dass die Einführung neuer Arten in fremde Ökosysteme (siehe Faunenverfälschung) die Hauptursache für das Aussterben einheimischer Spezies darstellt. Importierte Haustiere, Raubtiere, die ins Land gebracht wurden, um einheimische Schädlinge zu bekämpfen, und "blinde Passagiere", die zufällig in das fremde Ökosystem gelangten, können der einheimischen Flora und Fauna erheblichen Schaden zufügen und das ökologische Gleichgewicht stark erschüttern. Dies betrifft vor allem Inseln, auf denen sich Arten ungestört entwickeln konnten, ohne Raubtieren oder anderen Eindringlingen ausgesetzt zu sein. Beispielsweise lebten 75 Prozent aller in den Vereinigten Staaten von Amerika ausgestorbenen Spezies ursprünglich auf Hawaii, wo 3900 fremde Arten angesiedelt wurden, seit die ersten europäischen Entdecker im Jahr 1778 auf den Inseln landeten. Heute sind ein Fünftel der ursprünglichen Flora Hawaiis und die Hälfte seiner einheimischen Vogelarten gefährdet. In Nordamerika sind nach einer Mitteilung der Zeitschrift Conservation Biology von 1999 vor allem auch Süßwasserlebewesen durch eingewanderte Arten gefährdet. Die aus Europa stammende Zebramuschel hat bereits mehrere Muschelarten aus Flüssen und Seen verdrängt. Die Bekämpfung von Räubern und "Schädlingen" wirkt sich ebenfalls nachteilig aus. So hatte die übertriebene Bekämpfung der Präriehunde fast das Aussterben ihres natürlichen Feindes, des Schwarzfußiltis, zur Folge. Und ein versehentlich eingeschleppter Mehltaupilz ließ beispielsweise die Kastanie aus den nordamerikanischen Laubwäldern verschwinden.
Eine weitere wichtige Ursache des Aussterbens ist die Umweltverschmutzung. Giftige Chemikalien, insbesondere chlorierte Kohlenwasserstoffe wie Dichlor-Diphenyl-Trichlorethan (DDT) und polychlorierte Biphenyle (PCBs), haben sich in den Nahrungsnetzen angereichert und schädigen vor allem diejenigen Arten, die am Ende der Nahrungsketten (siehe Nahrungsnetz) stehen. Beispielsweise beeinträchtigen sowohl DDT als auch die PCBs den Calciumstoffwechsel der Vögel, so dass die Eier weiche Schalen haben und die Jungen missgebildet sind. Auch bei manchen Fleisch fressenden Tieren stören PCBs die Fortpflanzung. Wasserverschmutzung und steigende Wassertemperaturen - verursacht beispielsweise durch die Zerstörung der natürlichen, Schatten spendenden Ufervegetation - haben in vielen Gewässern zum Aussterben der dort beheimateten Fische geführt.
1.2 Artenschutz
Um den Schutz bedrohter Arten bemühen sich einerseits private Organisationen wie der World Wide Fund For Nature (WWF) ( siehe Abbildung) oder der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND). Andererseits haben staatliche Institutionen die Aufgabe, Bestimmungen des Naturschutzes durchzusetzen: Auf Kreisebene sind in Deutschland die unteren Naturschutzbehörden Ansprechpartner des Bürgers, wenn es um Probleme des Artenschutzes geht. Das Bundesnaturschutzgesetz ( siehe 1.4.) und die Naturschutzgesetze und -verordnungen der Bundesländer sind die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen für den Schutz von Arten und Lebensräumen. Gefährdete Arten werden in "Roten Listen" geführt, die Behörden als Entscheidungsgrundlage für Naturschutzmaßnahmen dienen.
Das Kernstück internationaler Bemühungen ist das Washingtoner Artenschutzübereinkommen, das von 51 Staaten ratifiziert wurde. Es hat das Ziel, die Ausbeutung der wild lebenden Tier- und Pflanzenwelt durch Regelung und Beschränkung des Handels mit solchen Arten zu vermindern. Die am 1. Juni 1997 in Kraft getretene EU-Artenschutzverordnung hat die Aufgabe, das Washingtoner Artenschutzübereinkommen für die Länder der Europäischen Union umzusetzen. Die Wirksamkeit derartiger Vorschriften in den einzelnen Ländern hängt allerdings stark davon ab, wie gut sie durchgesetzt werden und in welchem Maße Bevölkerung und Gerichte dahinter stehen. Mangelnde Durchsetzung der Gesetze, die Bereitschaft mancher Kreise, weiterhin bedrohte Arten - etwa Papageien - zu erwerben, sowie Wilderer und Händler, die solche Aktivitäten unterstützen, lassen die Zukunft vieler Arten trotz Schutzvorschriften zweifelhaft erscheinen.
Die Bemühungen zur Rettung bedrohter Arten umfasst auch die Nachzucht von Tieren, die ausgewildert werden, entweder um eine ausgestorbene Population wieder herzustellen (wie beim Wanderfalken) oder um sie zu ergänzen (wie beim Nordamerikanischen Kranich). Durch die Zucht in Gefangenschaft stieg die Zahl der bekannten Kalifornischen Kondore von 27 im Jahr 1987 auf 120 im Jahr 1996. Eine statistische Erhebung im April 2001 ergab eine Gesamtzahl von 164 Kalifornischen Kondoren, 49 davon lebten im Freiland. Ein weiteres Verfahren besteht darin, Lebensräume gefährdeter Arten als Schutzgebiete auszuweisen. Wegen des Inseleffekts sind insbesondere kleinere Gebiete allerdings unter Umständen nur von begrenztem Nutzen. Auch Widerstände bestimmter Interessensgruppen erschweren den Schutz solcher Gebiete. Ein britisch-amerikanisches Forscherteam schlug 2000 in der Zeitschrift Nature vor, Bemühungen um den Artenschutz sollten sich vor allem auf so genannte biodiversity hot spots der Artenvielfalt konzentrieren; diese befinden sich u.a. im Mittelmeerraum, auf Madagaskar, in Brasilien, in den tropischen Anden, in der Karibik und auf südostasiatischen Inseln wie Borneo.
Die auf der Kanarischen Insel Hierro lebende Hierro-Rieseneidechse gilt als eines der am stärksten gefährdeten Reptilien Europas. In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts hielt man die Art für ausgestorben, 1974 wurde sie jedoch überraschend wieder entdeckt. Mit zwei Weibchen und zwei Männchen wurde eine erfolgreiche Nachzucht begonnen, aus der über 300 Tiere hervorgingen. 1999 wurden sieben Männchen und sieben Weibchen unter Einsatz eines Hubschraubers in einer unzugänglichen Felsregion auf Hierro ausgesetzt. Eine weitere für ausgestorben gehaltene Art von Rieseneidechsen (Gallotia gomerana) wurde nach einem im März 2000 erschienenen Artikel der spanischen Tageszeitung El País auf La Gomera gefunden. Die vier Weibchen und zwei Männchen, vermutlich die einzigen Überlebenden einer bislang nur fossil bekannten Spezies, deren Individuen bis einen halben Meter groß werden können, sollen für ein Nachzuchtprogramm eingesetzt werden. Der WWF berichtete 2001 über den erfolgreichen Schutz des Goldgelben Löwenaffens, einer in Brasilien lebenden bedrohten Löwenaffen-Unterart. Nachdem die Bestände in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts fast völlig zusammengebrochen waren, gelang es, die Bestandsentwicklung durch Ausbürgerung von Nachzuchten zu stabilisieren, so dass 2001 wieder 1000 Goldgelbe Löwenaffen im Freiland lebten.
1.3 Rote Listen
Rote Liste gefährdeter Biotoptypen, Pflanzen- und Tierarten
Rote Listen sind Verzeichnisse ausgestorbener, verschollener und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, Pflanzengesellschaften sowie Biotoptypen und Biotopkomplexe.
Sie sind wissenschaftliche Fachgutachten, in denen der Gefährdungsstatus für einen bestimmten Bezugsraum dargestellt ist. Sie bewerten die Gefährdung im Vergleich zur Situation etwa um das Jahr 1850.
Rote Listen...
dienen der Information der Öffentlichkeit über die Gefährdungssituation der Arten und Biotope;
sind als ständig verfügbares Gutachten Argumentationshilfe für raum- und umweltrelevante Planungen;
zeigen Handlungsbedarf im Naturschutz auf;
erhöhen den politischen Stellenwert des Naturschutzes;
sind Datenquelle für gesetzgeberische Maßnahmen und internationale Rote Listen;
dienen der Koordination des internationalen Naturschutzes und
zeigen weiteren Forschungsbedarf auf.
Rote Listen werden in der Regel von den Naturschutzverwaltungen erarbeitet bzw. herausgegeben.
In Deutschland sind vor allem die Roten Listen des Bundes und der Bundesländer von Bedeutung.
Derzeit liegen folgende durch das Bundesamt für Naturschutz herausgegebene Rote Listen vor:
Rote Liste der gefährdeten Tiere (Binot et al. 1998)
Rote Liste der gefährdeten Pflanzen (Ludwig & Schnittler 1996)
Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen (Riecken et al. 1994)
Rote Listen der Biotoptypen, Tier- und Pflanzenarten des deutschen Wattenmeer- und Nordseebereichs (v. Nordheim & Merck 1995)
Rote Listen und Artenlisten der Tiere und Pflanzen des deutschen Meeres- und Küstenbereichs der Ostsee (Merck & v. Nordheim 1996)
Verzeichnis und Rote Liste der Pflanzengesellschaften Deutschlands (Rennwald 2000)
Rote Liste gefährdeter Pflanzen
Für die Rote Listen der Pflanzen wurden von den 28.000 in Deutschland beheimateten Arten 13.835 Arten (knapp 50%) auf ihre Gefährdung hin untersucht und bewertet (vgl. LUDWIG & SCHNITTLER 1996).
Rund 40% der untersuchten Arten stehen auf der Roten Liste, knapp 4% davon sind ausgestorben oder verschollen
Gefährdungsursachen
Farn- und Blütenpflanzen:
Standortzerstörung: Am meisten trägt die Standortzerstörung zum Artenrückgang der Farn- und Blütenpflanzen bei. Der größere Teil dieser Eingriffe ist irreversibel. Neben Baumaßnahmen (Verkehrswege, Siedlungen, Industrie- und Gewerbegebiete) ist dies vor allem der Abbau von Rohstoffen.
Landwirtschaftliche Nutzung: An zweiter Stelle rangiert die landwirtschaftliche Nutzung. Nutzungsaufgabe und -intensivierung sind die Hauptursachen, deren Wirkung anhält, besonders auf bisher extensiv bewirtschaftetem Grün- und Ackerland.
Forstwirtschaftliche Nutzung: Bei der forstwirtschaftlichen Nutzung wiegen die Maßnahmen der Vergangenheit am schwersten. Viele Arten offener Standorte wie Binnendünen oder Magerrasen gingen durch Aufforstung bisher waldfreier Flächen zurück. Auch heute noch werden nicht selten Offenlandflächen, die Wuchsorte gefährdeter Pflanzenarten sind, aufgeforstet. Gefährdungsfaktoren im Wald selbst sind Forstwegebau, Entwässerung und Monokulturen aus standortfremden Nadelhölzern bzw. nicht heimischen Baumarten. Die Hochwaldwirtschaft führt für eine Reihe von Arten zum Verlust ihres Lebensraumes, indem natürliche Auflichtungen und alte Bäume sowie das damit verbundene Totholz stark reduziert werden. Mittlerweile werden Laub- und Mischwälder vielerorts zunehmend naturnäher bewirtschaftet.
Wildhege und Jagd: Wildhege und Jagd wirken vor allem durch die vielerorts überhöhten Wilddichten als Gefährdungsfaktor.
Standortveränderungen: Bei den Standortveränderungen gefährden Nährstoffeinträge fast die Hälfte der Flora mit steigender Tendenz. Eingriffe in die Landschaft unterbinden vielerorts die natürliche Neubildung von Standorten, wodurch vor allem Pionierarten gefährdet werden. Die Eindeichung und Verbauung der großen Flüsse sind hierbei an erster Stelle zu nennen. Aber auch durch die Unterbindung anderer natürlicher Prozesse, wie z.b. der Fluss- und Küstendynamik, verlieren viele Arten ihren Lebensraum.
Moose:
Die für Gefährdung und Rückgang von Moosen wesentlichen Ursachen sind die Entwässerung der Landschaft, die Polarisierung der Landnutzung (Intensivierung auf meliorationsfähigen Flächen, Nutzungsaufgabe auf Grenzertragsstandorten), die Vernichtung von Sonderstandorten sowie der Eintrag von Schad- und Nährstoffen.
Flechten:
Flechten leben z.t. unter sehr extremen klimatischen Bedingungen, zeichnen sich aber gleichzeitig durch eine hohe Empfindlichkeit gegenüber Standortveränderungen aus. Hauptgefahren gehen von Immissionen, Düngung und Zerstörung der Substrate aus.
Algen:
Süßwasseralgen sind besonders durch Gewässereutrophierung gefährdet.
Pilze:
Im Gegensatz zur weitverbreiteten Annahme ist das sachgerechte Sammeln der Fruchtkörper der Großpilze als Gefährdungsursache nur von untergeordneter Bedeutung. Wesentlich einschneidender wirken sich Kahlschlagbetrieb, Altersklassenwälder und Veränderungen des Baumartenbestandes aus. Besonders die Mykorrhizapilze scheinen zunehmend durch Luftschadstoffe und Nährstoffeintrag gefährdet zu sein. Phytoparasitische Pilze sind, außer durch den Rückgang der Wirtspflanzen, durch die Auswirkungen der Luftverschmutzung gefährdet. Schleimpilze scheinen vor allem durch den Mangel an Totholzangebot in Wirtschaftswäldern zurückzugehen. Bei den rindenbewohnenden Schleimpilzen wird zusätzlich Luftverschmutzung als Ursache des Rückgangs angenommen.
Rote Liste gefährdeter Biotoptypen
Insgesamt lassen sich in Deutschland etwa 500 Lebensraumtypen unterscheiden (ohne rein technische Biotope, wie Straßen, Gebäude, Deponieflächen).
Über zwei Drittel (69 %) aller vorkommenden Biotoptypen sind in Deutschland als gefährdet eingestuft.Der geringe Anteil (0,2 %) bereits vollständig vernichteter Biotoptypen dokumentiert weniger eine relativ günstige Gesamtsituation als vielmehr den geringen Kenntnisstand über die Typen, die vor 100 bis 150 Jahren möglicherweise anzutreffen waren und vollständig verschwunden sind, ohne dass sie je beschrieben wurden. Entsprechend können in diese Kategorie nur die Biotoptypen aufgenommen werden, deren Vernichtung dokumentiert ist. Der mit über 15 % relativ hohe Anteil von völliger Vernichtung bedrohter Typen verdeutlicht jedoch, dass bei Fortwirken der Gefährdungsursachen mit dem vollständigen Verlust einer großen Zahl von Biotoptypen gerechnet werden muss. Rund ein Drittel der Biotoptypen ist stark gefährdet. Auch der Kategorie \"potentiell gefährdet\" konnten nur sehr wenige Biotoptypen zugeordnet werden (1 %). Der Grund dafür ist, dass die Mehrzahl der seltenen bzw. nur in einem geringen Teil Deutschlands verbreiteten Lebensraumtypen bereits einer konkreten Gefährdung (Kat. 1-3) unterliegt. Die überwiegende Zahl der nach derzeitigem Kenntnisstand als \"nicht gefährdet\" eingestuften Biotoptypen gehört zu den nicht besonders schutzwürdigen Typen (24,9 %), während nur sehr wenige schutzwürdige Biotope als ungefährdet eingestuft werden konnten (6,1 %). Unter die \"nicht besonders schutzwürdigen Typen\" fallen alle Lebensraumtypen, die aus naturschutzfachlicher Sicht negativ zu beurteilen sind (intensiv landwirtschaftlich genutzte Bereiche, Forste mit eingeführten Baumarten, sich im Betrieb befindende Abbaubereiche, Parkrasen, hypertrophe Gewässer und Säume usw.).
Regenerierbarkeit
Die Gefährdung eines Biotoptyps ist u.a. auch von der Wiederherstellbarkeit bzw. Nichtwiederherstellbarkeit seiner Eigenart bzw. seiner \"Regenerationsfähigkeit\" oder \"Belastbarkeit\" abhängig. Unter \"Regenerationsfähigkeit\" wird in diesem Zusammenhang sowohl das biotopeigene Potential zur selbständigen Regeneration nach Beendigung negativer Beeinträchtigungen als auch die Möglichkeit einer Wiederentwicklung (\"Regenerierbarkeit\") durch gestaltendes Eingreifen des Menschen (Biotopsanierung, -renaturierung, -neuschaffung usw.) verstanden.
Die \"Regenerationsfähigkeit\" ist in der Regel von der benötigten Entwicklungszeit (oder gar der notwendigen historischen Kontinuität) und der Möglichkeit abhängig, geeignete abiotische Standort- und Rahmenbedingungen neu zu schaffen. Unter dem Begriff Standortbedingungen werden zunächst die klassischen Parameter wie Feuchte, Nährstoffgehalt usw. verstanden. Er umfasst aber auch die konkrete \"kulturhistorische Gesamtsituation\", die für die Entstehung bestimmter Biotoptypen verantwortlich war. Weiterhin wird die Regenerationsfähigkeit auch von einem Komplex gesamtlandschaftlicher Zusammenhänge beeinflusst. Hierzu zählt beispielsweise die Erreichbarkeit der hierfür vorgesehenen Flächen für typische Arten im Rahmen von Wiederbesiedlungsprozessen.
Rund 35 % der gefährdeten Biotoptypen wurden als nicht oder kaum regenerierbar (Kat). N bzw. K) eingestuft. Bei all diesen Typen ist davon auszugehen, dass Bestandseinbußen zumindest innerhalb planbarer bzw. überschaubarer Zeiträume weder im Rahmen natürlicher Entwicklungsprozesse noch durch gezielte Maßnahmen des Naturschutzes kompensiert werden können. In etwas abgeschwächter Form gilt dies auch für jene, die als schwer regenerierbar (Kat. S) gelten können. Nach derzeitigem Kenntnisstand sind nur 21 % der gefährdeten Biotoptypen in überschaubaren Zeiträumen (bis ca. 15 Jahre) bedingt regenerierbar (Kat B). Diese Informationen sind vor allem im Zusammenhang mit der Beurteilung der Ausgleichbarkeit von Eingriffen bedeutsam.
Gefährdungsursachen
Hauptgefährdungsursachen für die Biotoptypen der Binnengewässer
Gefährdungsursachen
Anzahl
prozentualer Anteil
Eingriffe in den Wasserhaushalt
50
84,7 %
Gewässerausbau / -unterhaltung
44
74,6 %
Boden- und Gewässereutrophierung
39
66,1 %
Mechanische Einwirkungen
34
57,6 %
Boden-, Luft- und Gewässerverschmutzung
34
57,6 %
Vollständige Vernichtung
20
33,9 %
Entnahme / Besatz von Tieren und Pflanzen
13
22,0 %
Thermische Belastung von Gewässern
8
13,6 %
Abbau und Abgrabung
2
3,4 %
Innutzungnahme
1
1,7 %
Nicht alle Gefährdungsursachen sind in ihren Auswirkungen gleichgewichtig:
So geht beispielsweise von der gezielten Verfüllung von Kleingewässern eine wesentlich größere Gefährdung dieses Typs aus, als dies durch lokale Eutrophierung o.ä. der Fall wäre. Umgekehrt stellen derzeit stoffliche Einträge (Nähr- und Schadstoffe) in viele Flüsse und in Ost- und Nordsee für die dortigen Lebensräume und Lebensgemeinschaften eine viel stärkere Gefährdung dar als unmittelbare Flächenverluste.
Gefährdungsursachen
Anzahl
prozentualer Anteil
Intensivnutzung/ Nutzungsintensivierung
128
36,3 %
Boden- und Gewässereutrophierung
79
22,4 %
Eingriffe in den Wasserhaushalt
55
15,6 %
Aufgabe landwirtschaftlicher Extensivnutzung
47
13,3 %
Mechanische Einwirkungen
47
13,3 %
Eingriffe in Waldbestände
45
12,7 %
Vollständige Vernichtung
37
10,5 %
Abbau und Abgrabung
37
10,5 %
Verbiss durch Wildtiere
32
9,1 %
Eingriffe in Pflanzenbestände i.w.S.
26
7,4 %
Boden-, Luft- und Gewässerverschmutzung
25
7,1 %
Gewässerausbau / -unterhaltung
18
5,1 %
Innutzungnahme
16
4,5 %
Restaurierung, Versiegelung, Pflege
9
2,5 %
Entnahme/Besatz von Pflanzen und Tieren
9
2,5 %
Einsatz von Bioziden
7
2,0 %
Erosionsschutzmaßnahmen
5
1,4 %
Für die Übersichten wurden insbesondere die Ursachen berücksichtigt, die zu qualitativen Beeinträchtigungen und Gefährdungen führen (z.B. Nutzungsintensivierungen, Eutrophierung, mechanische Beeinträchtigungen) sowie solche Gefährdungen, die Flächenverluste aufgrund biotoptypenspezifisch angewendeter Maßnahmen verursachen (z.B. Heckenvernichtung, Torfabbau in Mooren).
Rote Liste gefährdeter Tiere
Die Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands beinhaltet Rote Listen zu allen Wirbeltieren und zu ausgewählten Gruppen der Wirbellosen. Insgesamt sind von ca. 45.000 heimischen Tierarten mehr als 16.000 Arten (35 %) hinsichtlich ihrer Gefährdung bewertet worden (BINOT et al. 1998).
Aktuelle Gefährdungssituation
Von den untersuchten Gruppen wurden insgesamt 40 % in die Kategorien 1,2,3, G und R eingestuft. 3% aller untersuchten Arten sind ausgestorben oder verschollen, 3% der Tierarten wurden in die Vorwarnliste aufgenommen.
Gefährdungsursachen
In welchem Ausmaß verschiedene Gefährdungsursachen wirksam werden, wird am Beispiel von Laufkäferarten unterschiedlicher Habitattypen dargestellt:
Typ
Arten
gefährdet*
wesentliche Gefährdungsursachen
Bewohner von Küstenbiotopen oder Binnenlandsalzstellen
34
27 (79 %)
Biotopzerstörung, Maßnahmen des Küstenschutzes; z. T. natürliche Seltenheit
Bewohner von Biotopen des Gebirges
21
17 (76 %)
z. T. natürliche Seltenheit; Biotopzerstörung und qualitative Verschlechterung (insbes. durch Sport und Freizeitnutzung)
Bewohner von vegetationsarmen Ufern, Bänken und Aufschwemmungen
96
55 (57 %)
Zerstörung natürlicher und naturnaher Auen, Verhinderung von Fließgewässerdynamik; Rekultivierung und Sukzession in potentiellen Ersatzlebensräumen (z.B. Abbaugebieten)
Bewohner von vegetationsreichen Ufern, Sümpfen und Mooren
85
54 (64 %)
Biotopzerstörung, Degradation, Entwässerung, Nutzungsintensivierung, z.T. Nutzungsaufgabe
Bewohner von Wäldern (einschl. Extremstandorten und Sukzessionsstadien)
85
36 (42 %)
naturferner Waldbau, Verhinderung oder Einschränkung natürlicher Prozesse, Zerstörung natürlicher Auenwälder, Standortveränderung (v.a. Entwässerung)
Bewohner von Trocken- und Halbtrockenrasen oder Heiden
62
52 (84 %)
Biotopzerstörung, Aufforstung, Nutzungsaufgabe, Eutrophierung; z.T. natürliche Seltenheit
Bewohner von Roh- und Skelettböden (ohne Auearten) sowie anderer Sonderstandorte
17
4 (24 %)
Verlust oder Renovierung historischer Keller, Gewölbe und Mauern, Rekultivierung von Abbaugebieten; Verhinderung oder Bepflanzung bzw. Befestigung von Störstellen wie Hangrutschungen; z.T. natürliche Seltenheit
Bewohner von Biotopen der weitgehend offenen Kulturlandschaft und sonstige Arten
153
18 (12 %)
intensive landwirtschaftliche Nutzung, Verlust von nutzungsbegleitenden Strukturen und kurzzeitigen Brachen in Anbausystemen, Biozideinsatz, Eutrophierung
1.4. Das Bundesnaturschutzgesetz der Bundesrepublik Deutschland
(Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege) regelt u. a. den Schutz aller wild lebenden Tiere und Pflanzen sowie den Schutz der besonders geschützten Arten.
Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege: Wildlebende Tiere und Pflanzen
§ 20d Allgemeiner Schutz wildlebender Tiere und Pflanzen
(1) Es ist verboten,
1. wildlebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten,
2. ohne vernünftigen Grund wildlebende Pflanzen von ihrem Standort zu entnehmen oder zu nutzen oder ihre Bestände niederzuschlagen oder auf sonstige Weise zu verwüsten,
3. ohne vernünftigen Grund Lebensstätten wildlebender Tier- und Pflanzenarten zu beeinträchtigen oder zu zerstören.
(2) Gebietsfremde Tiere und Pflanzen wildlebender und nicht wildlebender Arten dürfen nur mit Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde ausgesetzt oder in der freien Natur angesiedelt werden. Dies gilt nicht für den Anbau von Pflanzen in der Land- und Forstwirtschaft. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Gefahr einer Verfälschung der heimischen Tier- oder Pflanzenwelt oder eine Gefährdung des Bestandes oder der Verbreitung heimischer wildlebender Tier- oder Pflanzenarten oder von Populationen solcher Arten nicht auszuschließen ist. .
§ 20e Besonders geschützte Tier- und Pflanzenarten
(1) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmte wildlebende Tier- und Pflanzenarten oder Populationen solcher Arten unter besonderen Schutz zu stellen, soweit dies
1. wegen der Gefährdung des Bestandes heimischer Arten durch den menschlichen Zugriff im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder wegen der Verwechslungsgefahr mit solchen gefährdeten Arten oder
2. wegen der Gefährdung des Bestandes nichtheimischer Arten oder Populationen durch den internationalen Handel oder wegen der Verwechslungsgefahr mit solchen gefährdeten Arten erforderlich ist (besonders geschützte Arten). Besonders geschützte Arten, die vom Aussterben bedroht sind, sind in der Rechtsverordnung als solche zu bezeichnen (vom Aussterben bedrohte Arten).
.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Tierarten, die nach § 2 Abs. 1 des Bundesjagdgesetzes dem Jagdrecht unterliegen.
(3) Besonders geschützte Arten sind auch die in den Anhängen I und II des Washingtoner Artenschutzübereinkommens in der Fassung des Anhangs A der Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 sowie in Anhang C dieser Verordnung aufgeführten Arten. Vom Aussterben bedroht sind die in Anhang I des Washingtoner Artenschutzübereinkommens aufgeführten Arten. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates weitere Arten im Sinne des Satzes 1 als vom Aussterben bedroht zu bezeichnen. .
§ 20f Schutzvorschriften für besonders geschützte Tier- und Pflanzenarten
(1) Es ist verboten,
1. wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2. wildlebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Teile oder Entwicklungsformen abzuschneiden, abzupflücken, aus- oder abzureißen, auszugraben, zu beschädigen oder zu vernichten,
3. wildlebende Tiere der vom Aussterben bedrohten Arten an ihren Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten durch Aufsuchen, Fotografieren, Filmen oder ähnliche Handlungen zu stören,
4. Standorte wildlebender Pflanzen der vom Aussterben bedrohten Arten durch Aufsuchen, Fotografieren oder Filmen der Pflanzen oder ähnliche Handlungen zu beeinträchtigen oder zu zerstören.
(2) Es ist ferner verboten, Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten
1. in Besitz zu nehmen, zu erwerben, die tatsächliche Gewalt über sie auszuüben oder sie zu be- oder verarbeiten (Besitzverbote),
2. zu verkaufen, zum Verkauf vorrätig zu halten, anzubieten oder zu befördern oder zu kommerziellen Zwecken zur Schau zu stellen (Vermarktungsverbote), sofern sich inhaltsgleiche Vermarktungsverbote nicht bereits aus Artikel 6 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 ergeben,
3. zu anderen als den in Nummer 2 genannten Zwecken in den Verkehr zu bringen, zu befördern oder zur Schau zu stellen (sonstige Verkehrsverbote).
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