Im 1. Beispiel bewirkte der Signalaustausch keine Veränderungen im Verhalten oder in der äußeren Form der Bakterien. Bei den Myxobakterien ist dies ganz anders. Normalerweise leben sie überall auf der Welt als bewegliche Stäbchen die ganz für sich im Boden leben. Wenn Wasser oder Nährstoffe knapp werden schließen sich jedoch zu Tausenden zusammen und bilden aufrechte Fruchtkörper, die schon mit bloßem Auge auf verrottendem Pflanzenmaterial als leuchtend gelbe, rote oder grüne Sprenkel zu er erkennen sind. Sie dienen dazu widrige Zeiten zu überstehen. Einige der zuvor aktiven Bakterien werden nun zu widerstandsfähigen Sporen, die sich in dem Paket leicht durch Wind, Wasser oder Tiere an andere Orte transportieren lassen können um neu auszukeimen.
Interessant ist wie dies von statten geht. Die Bakterien schließen sich nicht einfach zu einem Fruchtkörper zusammen. An diesem Prozeß sind mehrere Botenstoffe beteiligt. Wenn eine Zelle hungert produziert sie den sogenannten Faktor A. Insgesamt ist die Konzentration an Faktor A noch recht niedrig. Wenn jedoch viele Bakterien hungrig sind, dann steigt die Konzentration des Stoffes und in ungefähr vier Stunden sammeln sich die Bakterien zu kleinen Haufen mit jeweils 100.000 Mitgliedern zusammen. Nach etwa 20 Stunden wandeln sich ein Teil der Bakterien zu Sporen, und nach etwa 24 Stunden ist das Grundgerüst des Fruchtkörpers fertig.
Der Faktor C, ein kleines Protein, wirkt erst später, wenn sich die Haufen schon gebildet haben.
Dieser Botenstoff wird jedoch an der Oberfläche verankert. Er veranlaßt, dass sich die Bakterien sehr dicht scharen um die größtmöglichen Überlebens-Chancen zu haben. Erst bei einer gewissen Bakteriendichte wird er Genapparat für die Sporenbildung aktiviert.
Wirklich interessant ist das sich bis zu diesem Punkt, viele der Bakterien geopfert haben, damit einige in diesem Pseudoorganismus eine besondere Überlebens-Chance haben.
Die Anwendbarkeit von Proteinen ist somit nicht nur auf Enzyme, Transportproteine, Gene und dergleichen eingeschränkt. Man kann sie auch als Botenstoff benutzen, und dies sogar zwischen verschiedenen Zelltypen und Organismen.
Bei den Knöllchenbakterien, die sich an den Wurzeln von Hülsenfruchtpflanzen ansiedeln, ist der Prozeß der Ansiedlung auch nur dann möglich wenn die Wurzel und die Bakterien miteinander kommunizieren. Den die Pflanze muß sich erst verändern ( sie bildet kleine Knöllchen ) damit die Bakterien eindringen können.
Die Bakterien haben dann einen Lebensraum und die Pflanze profitiert von dem Stickstoff den die Bakterien fixiert haben. Es ist sehr viel Energie notwendig um die Bindung des molekularen Luftstickstoffes zu brechen, und den Stickstoff in die Zellsubstanz einzubauen. Außerdem benötigt man eine ganz speziellen Ausstattung an Enzymen. Darüber verfügen nur spezialisierte Bakterien wie die Knöllchenbakterien. Ohne diese Bakterien die unter Gebrauch ihrer speziellen Enzyme den essentiellen Baustoff Stickstoff immer neu fixieren, wie man sagt, wären die Lebensprozesse in der Evolution wohl schon früh zum Erliegen gekommen.
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