Die ältesten Zeugnisse tibetischer Kunst gehen in die vorbuddhistische Epoche zurück. Ausgrabungen und Höhlenforschungen förderten einerseits Gebrauchsgegenstände, wie Tontöpfe, Speerspitzen und Messer, zutage, andererseits magische Amulette, die als Grabbeigaben Verwendung fanden. Es fanden später auch die chinesische und die indisch-nepalesische Kunst Einzug in Tibet.
Die tibetische Kunst war eine auftragsgebundene Kunst, sie wurde meist von Laien ausgeführt und sie richteten ihre Arbeiten an den Wünschen der Auftraggeber aus.
Tibetische Plastiken
Aus Lehm oder Ton
Sie werden in der Regel aus Lehm, Ton oder verschiedenen Metallegierungen hergestellt, seltener aus Stein oder Holz. Schon aus Kostengründen ist die Mehrzahl der großen Statuen aus einem Lehm- oder Tongemisch gefertigt, das auf einen Holzkern als Basis aufgetragen wird. Ist die Statue trocken, wird sie poliert und farbenprächtig bemalt.
Aus Metall
Diese Plastiken bestehen meist aus Messing, Kupfer oder Bronze hergestellt, seltener aus Silber oder Gold. Sie werden in mehreren Teilen gefertigt. Die traditionelle Methode des Metallgusses bildet das aufwendige Verfahren der verlorenen Form. Über einen Lehmkern modelliert der Meister eine Wachsschicht in Form der gewünschten Statue, auf die eine zweite Lehmschicht als Mantel aufgetragen wird. Danach schmilzt man das Wachs hinaus und füllt den Hohlraum mit flüssiger Bronze. Am Schluß wird der trockene Lehmmantel abgeschlagen und die Metallschicht wird noch aufwendig bearbeitet. Vielarmige Gottheiten und größere Statuen werden häufig nach diesem Verfahren angefertigt.
Thangkas
Neben den Plastiken bilden diese Bilder die bekanntesten Zeugnisse der tibetischen Kunst. Traditionell werden auf die Leinwand zunächst mit Bleistift die Bildachsen eingezeichnet und die Raster der Gottheiten entworfen. Danach malt ein Schüler die einzelnen Partien aus und zum Abschluß übernimmt der Meister die Feinarbeit. Nach der Vollendung faßt man die Leinwand in Brokat ein. Die Malerei selbst umrahmen zwei rote und gelbe Brokatstreifen, die als Regenbogen bezeichnet werden.. ein dünner Seidenschleier schützt das Thangka.
Tibetische Bücher
Sie bestehen aus ungebundenen Blättern, deren breite zur Länge im Verhältnis von etwa 3 : 1 steht. Nach Gebrauch faßt der Leser die Blätter zwischen zwei hölzerne Buchdeckel ein und umwickelt alles mit einem Tuch aus Baumwolle, Seide oder Brokat. Hergestellt wurden die Bücher im sogenannten Blockdruckverfahren mit Druckstöcken, in die der Text spiegelverkehrt eingeschnitzt war. Als Druckschwärze diente aus Birkenholz gewonnene Tusche. Papier produzierten die Mönche im sogenannten Eingießverfahren. Dabei wurde der Faserbrei in einem mit einem Baumwolltuch bespannten Rahmen gegossen und zum Trocknen gelegt.
Schmuck
Tibeter, gleich ob Männer oder Frauen, lieben Schmuck über alles und dokumentieren damit ihren Reichtum und ihre soziale Stellung. Als ein unübersehbares Zeichen des Wohlstandes sind goldene Eckzähne sehr beliebt. Ein großer Teil des Schmucks besitzt aber neben der Schönheit auch eine praktische, religiöse oder heilende Funktion. So werden Steinfeuerzeuge, Maniküre-Sets, Kämme oder Behälter für Schreibfedern - aus kostbaren Materialien gefertigt - häufig am Gürtel getragen. Amulette und Reliquienbehälter dienen als Brustschmuck und besonders Steinen werden heilkräftige Wirkungen beigemessen.
Der schon traditionell vorwiegend an besonderen Festtagen getragenen Kopfschmuck der Frauen ist heute nur noch selten. Er bestand aus einem ins Haar gebundenen, mit Perlen und Korallen besetzten, Holzstück, das je nach Landessitte verschiedene Formen besaß. (Bild) Zeichen verheirateter Frauen ist neben ihrer gestreiften Schürze eine am Hinterkopf im Haar befestigte Türkisbrosche. Männer trugen am Gürtel Messer oder Schwerter mit verzierten Griffen und Scheiden. Wenngleich die Amulettbänder wegen ihrer kunstvollen Fertigung von Tibetern auch als Schmuckstücke getragen wurden, stellen sie eigentlich magische Schutzobjekte dar, die ihren Eigentümer vor allen Arten von Unheil bewahren soll.
Einzigartig und in ihrem Wert nahezu unermeßlich sind für die Tibeter jedoch die Zi-Steine. Diese Steine sind vermutlich gefärbte oder geätzte Karneole, über deren Herkunft bislang nur wenig bekannt ist. Bei den Zi-Steinen handelt es sich um Grabbeigaben von Menschen aus prähistorischer Zeit. Weit verbreitet sind Erzählungen, daß die Zi einmal eine Art von Würmern waren, die, wenn man sie erblickte und schnell seinen Hut über sie warf, sich zu Tode erschreckten und versteinerten. Andere Überlieferungen erklärten sie zu Schmucksteinen der Götter, die auserwählten Gläubigen zuteil wurden oder sie einfach zur Erde warfen, wenn sie beschädigt waren.
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