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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die fachwissenschaften im einzelnen



. ad (1)Astronomie (AS: 44-60) Daß die Astronomie als älteste griechische Wissenschaft, babylonische und ägyptische Kenntnisse übernehmen konnte, ist unzweifelhaft. Ganz verschiedene Bedürfnisse waren es (Babylon: Astrologie; Ägypten: Kalender; Phönizier: nautische Astronomie) die seit ältesten Zeiten den Menschen veranlaßten, den Sternenhimmel zu beobachten; der kühne Entwurf eines geschlossenen Weltbildes aber, wie er bereits bei den ersten Vorsokratikern (vgl. Seite 1) vorliegt, und das Bemühen, mit mathematischen Gesetzen den Lauf der Gestirne zu erfassen, dürfte die eigene Leistung der Griechen sein. Die Astronomie war zur Zeit Platon, der gerne auf sie Bezug nimmt, längst als Fachwissenschaft etabliert.
Der erste in umfangreichen Fragmenten erfaßbare Astronom ist der etwas jüngere Zeitgenosse und Schüler Platons, Eudoxos von Knidos (ca. 391 - 338 v. Chr.), der sich vor allem dadurch einen Namen machte, daß er versuchte, mit mathematischen Überlegungen die Planetenbahnen zu erfassen. Er formulierte eine für den Beobachter von der Erde aus gesehen brauchbare Erklärung für die verschiedenen scheinbaren Unregelmäßigkeiten der Planetenbewegungen wie Stillstände, Rückläufe und Schleifen, indem er für die Himmelskörper mehrere sich um verschiedene Achsen drehende Himmelskugelschalen annimmt (z.B.: drei für die Sonne). Eine weitere, für die Folgezeit bedeutende Leistung des Eudoxos besteht darin, daß er eine Beschreibung der Sternbilder und ihrer Lage zusammenstellte.
Ihren Höhepunkt erlebte die griechische Astronomie zweifellos unter Aristarch von Samos (ca. 310 - 230 v. Chr.) und Hipparch von Nikaia (ca. 180 - 125 v. Chr.), die beide wenigsten zeitweise in Alexandria wirkten. Aristarch hatte es unternommen, unter Anwendung trigonometrischer Gesetze das Abstandsverhältnis zwischen Erde - Mond und Erde - Sonne zu berechnen. Seine kühnste Leistung, die in Fragmenten eindeutig bezeugt ist, bestand darin, daß er das hergebrachte geozentrische Weltbild verwarf und durch seine Lehre einer doppelten Bewegung der Erde um ihre eigene Achse und um die Sonne zum erstenmal klar ein heliozentrisches Konzept vertrat, das leider bei seinen Nachfolgern unberücksichtigt blieb und erst von Kopernikus wieder aufgegriffen wurde. Für die Qualität der wissenschaftlichen Forschungen Hipparchs zeugen seine Präzisionsmessungen.
Die umfassendste Darstellung des astronomischen Wissens der Antike enthält zweifellos die Syntaxis mathematica des Klaudios Ptolemaios (ca. 100 - 170 n. Chr.), der nicht nur reiches Material früherer Gelehrter in vorbildlicher Systematik handbuchartig zusammenstellt, sondern eine Menge eigener Beobachtungen und Berechnungen miteinbezieht. Das unter dem arabischen Titel Almagest bekannt gewordene, 13 Bücher umfassende Werk fand in arabischer, später in lateinischer Übersetzungen eine riesige Verbreitung und bestimmte bis zu Kopernikus das astronomische Weltbild des Abendlandes. Sehr ausführlich geht er den scheinbaren Anomalien der Planetenbewegungen nach.
Das Geheimnis antiker erstaunlich präziser Meßresultate beruht im Prinzip auf Visiergeräten mit genauen Gradeinteilungen und auf Langzeitbeobachtungen.



. ad (2)Mathematik
Dieses Gebiet wird nicht weiter behandelt, da es, moderner Gewohnheit folgend, nicht zu den Naturwissenschaften gezählt wird.

. ad (3)Geographie (AS: 60-75)
Die infolge der griechischen Kolonisation über den ganzen Mittelmeerraum und das Schwarze Meer sich erstreckenden Handelsbeziehungen ließen das Bedürfnis aufkommen, das noch von Homer geprägte fabulöse Erdbild durch gesicherte, auf Erfahrung beruhende Kenntnisse zu ersetzen. Eine entscheidende Erweiterung über diesen Bereich hinaus nach Osten und Süden erfuhr das damalige Weltbild durch die Perserkriege und die immer häufiger werdenden Kontakte mit Ägypten.
Der Indienfeldzug Alexanders des Großen brachte eine bedeutende Erweiterung des Horizonts nach Osten. Etwa zur selben Zeit unternahm Pytheas von Marseille seine viel umstrittene Entdeckerfahrt der Nordküste Europas entlang bis über Britannien hinaus, wo er von der sagenhaften, nie sicher lokalisierten Insel Thule hört, die von nun an gewöhnlich die Nordbegrenzung der Oikumene (bewohnte damals bekannte Welt) bildet. Überdies ist der Umstand beachtenswert, daß Pytheas völlig richtig die Erscheinung der Mitternachtssonne in der Polarregion schildert.
Die zahlreichen Vorstöße in die Weltmeere hinaus nach Süden, Osten und Norden und die bald besser verbürgten, bald phantasievoll ausgeschmückten Nachrichten aus weitentfernten Regionen riefen nach dem Entwurf eines neuen, auf wissenschaftlicher Grundlage beruhenden Erdbildes. Es ist zweifellos das Verdienst des Eratosthenes von Kyrene (ca. 285 - 210 v. Chr.), des hervorragenden Gelehrten und Bibliothekars von Alexandria, eine solche "Richtigstellung der Geographie" geleistet zu haben, weshalb er nicht zu unrecht gemeinhin als der Begründer der wissenschaftlichen Geographie gilt. Seine Hauptleistung liegt darin, daß er die Geographie auf mathematisch- astronomische Grundlagen zurückführt. Er sah seine Hauptaufgabe darin eine Erdkarte zu entwerfen und führte dazu als Grundlage ein rechtwinkeliges Koordinatensystem ein von Parallelkreisen und Meridianen.
Die angesprochene mathematische Ausrichtung der Geographie in der Hochblüte der hellenistischen Wissenschaft mit ihren nicht immer widerspruchslosen Berechnungen und ihren oft kühnen Spekulationen hinsichtlich der Grenzen der Oikumene führte zur Reaktion, daß man sich auf eine praxisorientierte, allgemeiner zugängliche Länderbeschreibung zurückfand und in der Geographie nicht mehr ein Anwendungsfeld der Mathematik, sondern vielmehr ein Ergänzungsgebiet der Geschichtsschreibung sah. Das umfassendste länderkundliche Werk der Antike ist die Geographia des Strabon (64/63 v. Chr. - 20 n. Chr.) mit eben einem starken Bezug zur Geschichtsschreibung.
Ein letztes Monument alexandrinischer Wissenschaft, in welchem das bisherige Wissen, verbunden mit eigenen Beobachtungen und Überlegungen, zusammengefaßt und gleichsam als Vermächtnis der Nachwelt überliefert wird, ist das geographische Werk des Klaudios Ptolemaios (ca. 100 - 170 n. Chr.).

. ad (4) Biologie (und Mineralogie) (AS: 75-92)
Zwar hat sich die Biologie in der Antike nie zu einer selbständigen Wissenschaft entwickelt, doch ist ein reiches zoologisches und botanisches Schrifttum erhalten. Wir verdanken dieses zum überwiegenden Teil dem breitgefächerten Interesse des Aristoteles und seiner Schüler, die nicht nur großräumig das Wesen des ganzen Kosmos zu ergründen suchten, sondern auch mit unermüdlicher Hingabe allen Details der Natur nachgingen und in liebevoller Kleinarbeit Tiere, Pflanzen und sogar Steine beobachteten, in denen sich das sinnvolle Walten der Natur ebenso zeigen konnte wie in den Bahnen der Gestirne.
Das zoologische Werk des Aristoteles steht einzig da; es hat in der Folgezeit keine Fortsetzung gefunden, die sich auch nur entfernt mit dem wissenschaftlichen Niveau aristotelischer Forschung vergleichen ließe. Zwar zeigt sich in hellenistischer und römischer Zeit ein verbreitetes Interesse an der Tierwelt - so sind von Ptolemaios II. große Tierschauen veranstaltet worden, und bildliche Darstellungen besonders exotischer Tiere waren beliebt -, doch war dieses Interesse weitgehend auf das Merkwürdige und Außergewöhnliche ausgerichtet, mit dem sich auch leicht das Fabulöse verband.
Der eigentliche Begründer der wissenschaftlichen Pflanzenkunde ist der bedeutendste Schüler des Aristoteles und spätere Schulleiter des Peripatos, Theophrast von Eresos (370 - 285 v. Chr.), dessen botanische Forschungen in zwei Werken überliefert sind, in der Historia plantarum und in den Causae plantarum. Theoprast zeichnet sich jedoch gegenüber Aristoteles aus durch eine stärkere Gewichtung der Beobachtung und einer spürbaren Zurückhaltung gegenüber der Theorie. Die Nachwirkungen der botanischen Studien des Theophrast in späthellenistischer und römischer Zeit waren vielfältig, wenngleich das Niveau hellenistischer Wissenschaft nie mehr erreicht wurde.
Das Interesse an der Pharmakologie wuchs mit der Entfaltung der medizinischen Wissenschaft. Schon Theophrast hatte eine Zusammenstellung von Heilkräutern angeführt. In späthellenistischer Zeit wurde die Heilmittelkunde weiter ausgebaut. Das bedeutendste und umfangreichste pharmakologische Werk der Antike schließlich ist die etwa 60 n. Chr. entstandene Materia medica des Dioskurides, welche neben tierischen und mineralischen Heilstoffen zum überwiegenden Teil pflanzliche Pharmaka anführt.
Ein Versuch der systematischen Gesamtbetrachtung der Mineralogie liegt ebenfalls in der Schrift des Theophrast vor, dessen Verdienst es ist, mit den bescheidenen Mitteln die ihm zur Verfügung standen, die mineralischen Stoffe geordnet zu haben. Da noch keinerlei Einsicht in den chemischen Aufbau der Materie, ja noch nicht einmal der Begriff des chemischen Elements vorhanden war, mußte sich eine systematische Betrachtung der Mineralien - übrigens bis ins 18.Jh. hinein - mit der Feststellung sehr äußerlicher Merkmale begnügen.

. ad (5)Physik (und Technik) (AS: 92-101)
Physikalische Probleme - so zeigen die geringen erhaltenen Spuren - wurden schon von den Vorsokratikern angegangen. Genauere Einblicke in die Diskussion physikalischer Sachfragen erhält man bei Aristoteles, der in seinen naturphilosophischen Schriften auf verschiedene Probleme eingeht. Wenn auch viele seiner Thesen widerlegt sind, so ist doch bedeutend, daß Aristoteles zum ersten Mal physikalische Lehrsätze aufstellt.
Zu den wenigen erhaltenen physikalischen Schriften, gehören zwei Abhandlungen des Archimedes (287 - 212 v. Chr.), des wohl berühmtesten Mathematikers und Ingenieurs der Antike, der durch die Erfindung und Konstruktion seiner Kriegsmaschinen den Römern, die seine Heimatstadt Syrakus belagerten, lange zu schaffen machte.
Neben dieser mehr mathematischen Betrachtung physikalischer Fragen richtete sich besonders in der späteren Zeit das Interesse auch auf die praktische Anwendung, das sich in einer Reihe technischer Schriften niedergeschlagen hat, die kein wissenschaftliches Niveau beanspruchen.

. ad (6)Chemie (und Alchemie) (AS: 101-111)
Eine selbständige Fachwissenschaft der Chemie hat sich in der Antike nie herausgebildet, fehlten doch alle Voraussetzungen für eine wissenschaftliche Analyse der Stoffe. Das schließt jedoch nicht aus, daß auf rein empirischen Wege vielfältige Erkenntnisse in stofflichen Belangen gewonnen wurden, die man bald mit spekulativen Theorien der Naturphilosophie in Verbindung brachte, bald mehr im Lichte der Magie und Zauberei betrachtete.
Die Bezeichnung chymeia bzw. chemeia kommt erst bei den spätantiken Alchemeisten auf, doch bereits Demokrit hat eine Schrift verfaßt, in welcher er - so lassen die wenigen Spuren erkennen - den Versuch machte, die geschmackliche Wirkung von Stoffen wie süß, bitter, salzig u. a. auf bestimmte Atomformen (wir würden sagen Molekularstrukturen) zurückzuführen.
Das 4. Buch der Metereologica des Aristoteles bietet eine geschlossene Darstellung des auch sonst bei ihm bezeugten Materiekonzepts mit den vier Grundelementen, denen je zwei Grundqualitäten zugeordnet sind (vgl. gr. Klassik: Aristoteles). Er weiß sehr wohl zwischen rein mechanischen Stoffmischungen und Stoffverbindungen (chemische Verbindungen), "bei denen die sich verbindenden Stoffe sich verwandeln und eine neue Einheit bilden", zu unterscheiden. Diese Anschauung, daß sich bei einer Stoffverbindung die Stoffe tiefgreifend verändern (= Transmutationslehre), wird zur unentbehrlichen Grundlage des späteren alchemistischen Denkens.
In der Alchemie werden einerseits uralte handwerkliche Erfahrungen vor allem aus dem Gebiet der Metallurgie, Färberei und der Glasherstellung verarbeitet, auf der anderen Seite aber auch naturphilosophische Spekulationen miteinbezogen, so besonders die Transmutationslehre, die das Ziel der Alchemie aller Zeiten erreichbar erscheinen ließ, aus minderwertigen Stoffen Gold herzustellen; vielfach gibt eine magisch-okkultistische Komponente dem Ganzen noch einen mystisch-sakralen Anstrich.
Ein Großteil der alchemistischen Bemühungen dreht sich um metallurgische Probleme, sei es, daß Metalle in gediegener Form dargestellt wurden, die in der Natur gewöhnlich nur in Form von Oxyden oder Sulfiden vorkommen, sei es, daß Legierungen gesucht wurden, die als Ersatz oder als Fälschung kostbarer Stoffe wie Gold oder Silber dienen konnten. Eine ganze Menge von Rezepten ist auch der Färbung von Textilien und Steinen gewidmet.
Zur Einleitung chemischer Prozesse bediente man sich der verschiedensten Geräte und teilweise recht anspruchsvollen Apparaturen, von denen Beschreibungen und Skizzen erhalten sind.

 
 

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