DIE HOFSTALLUNGEN VON FISCHER VON ERLACH
Bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts erstreckte sich das Glacis vor dem äußeren Burgtor. Nachdem die Türkengefahr für immer gebannt und der osmanische Erbfeind bis an die untere Donau zurückgedrängt war, konnte die Haupt- und Residenzstadt des Kaisers aufatmend das enge Korsett der mittelalterlichen Festung sprengen. Die neue Lebensfreude, das überschäumende Machtgefühl Habsburgs fand im barocken Baustil seinen Ausdruck. In den Vorstädten Wiens entstanden nun Adelspalais, die Kirchen - oder was von ihnen nach der Türkenbelagerung übriggeblieben war - wurden barockisiert oder im barocken Stil neu errichtet, und auch das wohlhabende Bürgertum eiferte mit seinen Häusern dem Vorbild, das Adel und Klerus gaben, nach.
Der Kaiser brauchte nun nicht mehr um seine Pferde und seinen Wagenpark zu fürchten, wenn sie außerhalb der Stadtmauern untergebracht wurden. So wurde Österreichs größter Barockarchitekt, der Erbauer der Karlskirche, Johann Fischer von Erlach, damit beauftragt, Pläne für ein Hofstallgebäude auf dem Glacis vor dem Burgtor zu entwerfen.
Der langgestreckte Komplex gegen das Glacis und die Hofburg, der - um diese nicht zu überragen - größtenteils nur zweigeschossig werden durfte, war nicht leicht repräsentativ zu gestalten. Giebelrisalite machten die beiden Seitenflügel zu kleinen Palais, der Mittelteil mit dem Hauptrisalit und den elf Achsen ist fast wie eine Neuauflage des ebenfalls von Fischer von Erlach erbauten Palais Trautson. Neu jedoch war, daß das Dach - ursprünglich mit figurenbesetzter Attika - sichtbar ist.
Fischer, der 1723 im Alter von 67 Jahren starb, konnte das Hofstallgebäude, dessen Bau 1719 begonnen worden war, nicht mehr vollenden. Diese Aufgabe übernahm sein Sohn Joseph Emanuel. Er nahm kleine Veränderungen vor, und 1723 konnte der Bau seiner Bestimmung übergeben werden. 600 Pferde fanden darin Platz. Der im 19. Jahrhundert weiter verfolgte Gesamtausbau stützte sich in den Grundintentionen teilweise noch auf das Projekt Fischer von Erlachs, die Großzügigkeit der Gesamtanlage wurde Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Bau einer zentralen Reithalle gestört. Außerdem kam der Trakt an der Mariahilferstraße hinzu, weiters der hintere Gebäudekomplex. Hier wurden die Wagenburg mit ihrer großen Sammlung an Staatskarossen und Prunksätteln (heute in Schönbrunn), die Winterreitschule, die Hofjagd- und Gewehrkammer untergebracht.
Mit der Erfindung des Autos hatte das Hofstallgebäude seine Bestimmung überlebt und wäre wohl auch ohne den Zusammenbruch der Monarchie bald anderen Zwecken zugeführt worden. Im Jahr 1921 wurde der Gebäudekomplex der Wiener Messe zur Nutzung übergeben, die das Gelände für ihre Zwecke anpaßte. Der heutige Zustand der Hofstallungen ist geprägt von zahlreichen Zu- und Einbauten des 20. Jahrhunderts, mit oft zufälligen Nutzungen und einem schlechten Bauzustand.
Als Anfang der achtziger Jahre eine Aussiedlung der Wiener Messe AG aus dem Areal in Aussicht genommen wurde, wurden verschiedenste Nachfolgenutzungen ins Gespräch gebracht, so unter anderem ein Konferenzzentrum, kommerzielle Nutzungen oder auch ein österreichisches "Centre Pompidou".
ARCHITEKTENWETTBEWERB
1986 schrieb man endlich einen internationalen Architektenwettbewerb aus, an dem 88 Architekten aus 11 Nationen teilnahmen. Ein Jahr später wurden davon 7 für die zweite Runde weiterempfohlen. Schon damals wurde kritisiert, dass dies nur ein Alibi- Wettbewerb sei, dass die Architekten ein nicht vorhandenes Museumskonzept zu gestalten hätten, da in der nächsten Zeit ohnehin kein Geld vorhanden wäre . Es war also die Aufgabe der Architekten, mangels eindeutiger funktioneller Vorgaben den Weg einer zukünftigen Architektur vorzudenken. Die Teilnehmer erhielten zwar eine "Prioritätensammlung" wünschbarer Museen und Sammlungen, die in den Messepalast einziehen könnten, aber kein klar vorgegebenes Nutzungsprogramm. Aus der Forderung nach Durchgängigkeit und Nutzungsmischung ergab sich für die Architekten die Aufgabe, den grössenmässigen Umfang der nichtmusealen Nutzungen auf dem Areal selbst zu definieren.
Zudem erleichterte die schon beschriebene städtebauliche und denkmalpflegerische Ausgangssituation die Aufgabe nicht gerade.
Die wesentlichsten Teile des von Erlach erbauten Gebäudekomplexes wurden von den meisten Teilnehmern in ihrer Grundsubstanz respektiert.
Die barocke Gesamtanlage stand in einer Achsenbeziehung zum mittelalterlichen Kern der Burg, der Haupttrakt ist aber heute zu dem von Gottfried Semper 1870/71 geplanten "Kaiserforum" und zur "Neuen Hofburg" abgeschwenkt. So gab es damals Vorschläge, den Hofstallungen einen achsenkonformen Vorbau zum "Kaiserforum", das die beiden Hofmuseen und die Neue Hofburg umfaßt, vorzusetzen. Rudolf Oertel wagte 1947 den Vorschlag, das "Kaiserforum" mit Museumsbauten in den angrenzenden Bezirk auszudehnen.
Einige Wettbewerbsteilnehmer versuchten, an solche Ideen anzuknüpfen. Heute stellt sich aber das Problem, dass der Vorplatz vor dem Messepalast durch eine stark befahrene Strasse vom anschliessenden Forum getrennt ist. Laurids Ortner, der auch schliesslich den Wettbewerb gewinnen sollte, schlug vor, den Verkehr abzusenken und mit neuen Bauteilen eine Verbindung zu den Semper-Bauten (das Kunst- und das Naturhistorische Museum) herzustellen. Unter den Siegern der ersten Wettbewerbsphase war auch Hans Hollein, dem man fast einen Direktauftrag gegeben hatte. Er reichte sein Projekt aber in der zweiten Runde nicht termingerecht ein und schied somit aus.
In der zweiten Wettbewerbsphase wurde den Architekten die Aufgabe gestellt, auf die geänderten museumspolitischen Voraussetzungen, die sich nach Abschluß der ersten Phase ergeben hatten, eine schlüssige Antwort zu finden.
Im April 1990 bestimmte die Jury das Modell des Linzers Laurids Ortner einstimmig zum Wettbewerbssieger.
Es wurde eine Errichtungs- und Betriebsgesellschaft gegründet, die sich mehrheitlich in Bundesbesitz befindet und die die Errichtung des Baus - ab 1992 - und den Betrieb ermöglichen soll.
Damals stellte man sich eine Fertigstellung des Museumsquartiers bis zur EXPO 1995 vor.
Um eine Abgeschlossenheit der Anlage als reines Kunst- un Kulturzentrum zu vermeiden, wurde durch die Einbeziehung einer breiten kommerziellen Nutzung eine offene Mischung verschiedener Bereiche angepeilt: Läden, Cafés und eine Vielzahl von Plätzen und Durchgängen sollten eine breite Transparenz für ein breites Publikum schaffen.
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