\"Damals war dieses Land noch unversehrt, mit hohen, von Erde bedeckten Bergen, [..] und auf den Höhen gab es weite Wälder, von denen heute noch deutliche Spuren sichtbar sind. [..] Und vor allem bekam [das Land] von Zeus jedes Jahr sein Wasser, und dieses ging nicht wie heute verloren, wo es aus dem kärglichen Boden ins Meer fließt...\" [Platon. Kritias. 111a-e]
Am Beispiel Athens:
Wohlstand, Macht und kulturelle Entfaltung Athens gründeten auf eine bedenkenlose Ausbeutung der natürlichen Ressourcen. Laut Platon soll das Land in der Frühzeit Athens erheblich fruchtbarer gewesen sein. Das Land war solange unversehrt, als noch ausgedehnte Wälder die Berge überzogen. Die Wurzeln der Bäume gaben dem Boden Halt. Er war fruchtbar, weil er die Niederschläge aufsog und das Wasser speicherte. Mit dem Abholzen der Wälder verlor der Boden den Großteil seiner Speicherkapazität. Die Bodenerosion begann. Das Regenwasser stürzte ungehindert die Abhänge hinunter und riss immer mehr guten Boden mit sich. Die fette, weiche Erde wurde mitsamt dem kostbaren Nass nutzlos ins Meer geschwämmt, und die von der Erosion begünstigte höhere Fließgeschwindigkeit des Wassers entzog auch den Talebenen einen Teil ihrer Wasserversorgung, weil es "keine Zeit" mehr hatte, um sich zu sammeln. Es kam zur Verkarstung der Bergabhänge. Heute sei nur noch das "Knochengerüst eines Leibes übrig von dem einst fruchtbaren fetten Böden. Dennoch kritisierte Platon nicht das Verhalten der Menschen gegenüber der Natur, sondern es scheint, als wäre es ein Schicksal, das nicht abzuwenden gewesen ist. Er lobt sogar die Nutzung des Landes durch die frühen Bewohner und charakterisiert den attischen Boden für seine eigene zeit noch als durchaus fruchtbar. Allerdings ist seine Darstellung der Frühzeit Attikas sehr spekulativ, da er nur vermuten konnte wie Attika vor 9000 Jahren ausgesehen habe. Die heutigen Ruinen der Akropolistempel, die mit Schadstoffemissionen angefressen sind, und die Kahlheit der nahegelegenen Hügel und Bergrücken Attikas, zeugen von den damaligen Vorgängen.
Primäre Ursache für die allmähliche Rodung des ursprünglichen Waldbestandes war die seit dem Neolithikum stetig ansteigende Bevölkerungszahl. Die demographische Entwicklung führte notwendigerweise zu einem größeren Bedarf an agrarischer Nutzfläche und so fraß sich das kultivierte Acker- und Weideland im Laufe der Jahrhunderte immer weiter ins alte Waldland hinein. Die Rodung der Wälder wurde im Altertum als ein Fortschritt angesehen. Man rang der Natur gewissermaßen etwas ab. Eine Einstellung, die ja gerade angesichts der eingeschränkten technischen Möglichkeiten der Antike nachvollziehbar ist. Die Entwicklung in Italien und in den römischen Provinzen verlief ähnlich wie im griechischen Raum.
Die Römer scheuten auch vor Brandrodung und vor Wurzelvergiftungen durch ein Lupinen-Schierlings-Gebräu nicht zurück. Die Erträge auf den urbar gemachten ehemaligen Waldböden erwiesen sich zunächst als überdurchschnittlich gut, bevor sie allerdings rapide zurückgingen, da die Humusschicht ihrer früheren Nahrungsquelle beraubt worden ist und mager wurde. - mit Düngung musste nachgeholfen werden.
Ein weiterer Grund für die Abholzung der Wälder war die Verwendung von Holz als Brennstoff und Baumaterial. Auch hier bestand eine Wechselwirkung mit dem Anstieg der Bevölkerungszahlen. Besonders die prächtigen Thermenanlagen, die besonders in Rom immer größer und zahlreicher wurden, verbrauchten viel Brennholz. Für die Befeuerung der Hypokaustenheizungen benötigte man Holz und Holzkohle in großen Mengen. Es gibt Indizien dafür, dass das Brennholz deswegen in der Spätantike knapp geworden ist. Die Römer begannen im 4. Jahrhundert damit, Brennholz aus Afrika zu importieren.. Die expandierende Agrarwirtschaft erforderte ebenfalls eine exzessive Abholzung der Wälder.
Abholzung im Libanon:
Die Abholzung küstennaher Gebiete wurde mit einer Rücksichtslosigkeit betrieben, die von einer Nach-uns-die-Sintflut-Mentalität nicht weit entfernt war. Schon der makedonische General Antigonos scheute im erbitterten Kampf um die Nachfolge Alexanders des Großen keinen Aufwand, sich im Jahre 315 v. Chr. in den Besitz einer Flotte zu bringen. Er zog von überall her Holzfäller und Säger zusammen und ließ das Holz vom Libanon hinunter ans Meer schaffen. Aber schon in vielen Jahrhunderten zuvor hatten jüdische Könige, assyrische Herrscher und persische Großkönige immer wieder große Teile der herrlichen Waldungen abholzen lassen, und später bedienten sich dann noch den begehrten Zedern-, Zypressen- und Fichtenholz. Kahle Hügel und baumlose Berge prägen heute weitgehend das Antlitz des Libanon und es spricht manches dafür, dass ein jahrtausendelanger, nahezu ungehemmter Raubbau die Landschaft schon am Ende des Altertums so hat aussehen lassen. So ist der berühmteste Wald der Welt, der Zedernwald des Libanon, ist durch Übernutzung, ohne Wiederanbau und Schutz, gründlich verwüstet worden.
Seit dem Begin des 5. Jahrhunderts wurde Holz auch für den Bau von Flotten benötigt.
Athen:
Angesichts der Transportprobleme in Athen lag es nahe, hier zunächst die bei der Stadt liegenden Wälder zu nutzen und dann notwendigerweise auf die weiter entfernten Bestände zurückzugreifen. So wurden Hymettos und Aigaleos, die beiden Stadtnahen Erhebungen, fast vollständig abgeholzt. Athen wurde damals zu einer seebeherrschenden Macht, die ständig mehrere hundert Schiffe unterhielt. Nicht nur "Materialschlachten" wie im Peloponnesischen Krieg(431-404 v. Chr), als beide Kriegsparteien immer wieder neue Flotten binnen kürzester Zeit aus dem Boden stampfen mussten, verstärkten die Nachfrage nach neuem Schiffsholz. Die Kriegsflotte musste zudem ununterbrochen erneuert werden, da die sie nur eine kurze Lebensdauer hatte. Die meisten Schiffe konnten schon nach 20 Jahren nicht mehr verwendet werden.
Ein großer Teil des Schiffsbauholzes musste aus dem waldreichen Norden Griechenlands, aus Thessalien und Makedonien, importiert werden. Erste Wahl war dabei die Weißtanne, die selten in Höhen unter 800 Metern wächst - ein erheblicher Aufwand, diese begehrten Bäume hinunter an die Küste zu transportieren und dann über Hunderte von Kilometern nach Süden zu verschiffen. Radikale Ausbeutung des Vorhandenen hieß die Devise, nicht behutsames Auslichten der Wälder. Auch im 4. Jhd. blieb Athen auf Holzimporte vor allem aus Makedonien angewiesen, wobei Die Athener nicht besonders zimperlich vorgingen. Man missbrauchte die militärische Überlegenheit zu wirtschaftlichen Pressionen gegenüber Freund und Feind. Zwar seien Städte, die Schiffsbauholz exportierten, auch auf die Nachfrage des weithin größten Importeur angewiesen, andererseits bleibe ihnen aber auch angesichts der Seemacht Athens gar keine andere Wahl, als ihr Baumaterial eben dahin zu verfrachten ... . Der Umfang der Lieferungen dürfte eher zugenommen haben, wenn man bedenkt, dass Athen damals über 3000-4000 Schiffseinheiten verfügte.
Im Hellenismus baute man sogenannte Prestige-Schiffe, die vornehmlich der Selbstdarstellung ihrer Auftraggeber dienten und massenhaft Holz zum Bau benötigten. Das größte gebaute Schiff war damals die "Syrakusia", welche unter dem Auftrag von Hieron II von Syrakus gebaut worden ist. Da allerdings kein Hafen für dieses Schiff angelegt war, konnte es nur als "Museumsschiff" verwendet werden.
Rom:
Rom etablierte sich erst in der Zeit es 1. Punischen Krieges (264-241 v. Chr) als Seemacht. Das Bauholz für diese ersten Flotten stammte aus den Wäldern Italiens. Die waldreichen Ufer des Tibers lieferten dazu ebenso ihren Beitrag wie Etrurien und Umbrien. Die römischen Flotten sind in der Folgezeit überall dort gebaut worden, wo Rom herrschte und wo genügend Material zur Verfügung stand. Die Römer waren auch für eine weitere Entwaldung küstennaher Regionen im gesamten Mittelmeer verantwortlich. Trotzdem gehören die Römer nicht zu jenen "Wald Killern", als die sie vielfach gelten. Die bei weitem ausgedehntesten Vernichtungsfeldzüge gegen Wälder begannen erst im 19. Jahrhundert
Von Wiederaufforstungen in der Antike ist nichts bekannt, da es im gesamten Altertum nie zu einer richtigen Holzknappheit gekommen war. Erst die Schwere der Probleme, die die Abholzung mit sich bringt, hat in unserer Zeit zu Erkenntnissen und zu einem Umdenken geführt, zu dem das Altertum noch nicht gezwungen war.
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