Das Eingreifen des Staates in die Konsumentscheidungen der Bürger ist nicht unumstritten. Doch ist die Notwendigkeit einsehbar: die Sozialversicherung schützt die Bürger vor Nachlässigkeit in ihrer individuellen Vorsorge. Würde man dennoch meritorische Güter außer Betracht lassen wäre ein wesentlicher Teil finanzwirtschaftlicher Aktivitäten unbeachtet und normativ nicht begründbar (BRÜMMERHOFF 97) .
MUSGRAVE geht von einer altruistischen Sichtweise der Bürger eines Staates aus , die durch ihr Miteinander und auch durch Verständnis gemeinsame Interessen entwickeln (MUSGRAVE 1994 89). Meritorische Güter unterliegen dem Ausschlußprinzip, könnten demnach auch über den Markt angeboten werden. Demeritorische Güter werden als schadhaft angesehen und könnten - im Extremfall - durch Konsumverbot belegt werden (GOTTSCHALK 22 f.). Daher weist auch Musgrave auf die Gefahr hin, daß das Konzept als Vehikel totalitäre(r) Regelungen dienen kann" (MUSGRAVE 1994 90).
Kinder oder Behinderte bedürfen einer Lenkung in ihren Entscheidungen aber auch in der Ausbildung sieht MUSGRAVE eine temporäre Möglichkeit des Eingriffs. Es geht ihm bei seinen Beispielen (irreführende Werbemaßnahmen, Subventionen für Güter mit externen Nutzen) um eine effizientere individuelle Entscheidung. Er akzeptiert daher Präferenz¬verletzungen der Minorität bei (politischen) Wahlen, weil diese Störungen un¬ver¬meid¬lich sind und sie individuelle Präferenzen durchsetzen helfen (MUSGRAVE 1994 89) .
A. PräferenzverzerrungenFehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.
Präferenzverzerrungen im Konsum durch Marktversagen sind nach MUSGRAVE ein Ausgangspunkt für meritorisches Handeln. Fraglich ist, inwieweit Präferenz¬ver¬zer¬rungen erkannt werden können. HEAD (1966 21 ff.) definiert meritorische Güter begründet auf un¬vollständiger Information und zu wenig ausgewählter individueller Nachfrage. Doch unzureichender oder falscher Informationsstand der Bürger, irrationales Handeln, Trägheit, fehlende Er¬fahrung der Bürger als Gründe für Präferenz¬ver¬zer¬rungen können nach ANDEL nicht herangezogen werden (ANDEL 1984 641 f.).
Bei den aufgeführten Fällen liegt es näher, daß Bürger, die Entscheidungsunwillig, -unfähig oder andere Probleme haben, sich an andere Bürger wenden und nicht an den Staat: das individualistische Konzept legt dieses nahe (SCHMIDT 1988 386 f.). Einen guten oder sogar optimalen Informationsstand zu erreichen verursacht auch Kosten und es läßt sich kein individueller Infor¬mations¬stand feststellen (SCHMIDT 1970 16). Fehl¬informationen sollen demnach vermindert und an der Quelle behoben werden. Fehlende Kenntnisse oder Erfahrungen der Bürger sollen durch eine Verbesserung der Beurteilungsfähigkeit weiterentwickelt werden (ANDEL 1984 645 f.) .
Selbst aber wenn Defizite sichtbar würden, könnte daraus immer noch nicht ab¬ge¬leitet werden, was und wieviel" der Staat meritorisch tun sollte. Der Staat selbst wäre wegen unzureichender Informationen überfordert und ist auch nicht die richtige In¬stanz, Informationslücken zu schließen (SCHMIDT 1988 385). Es sei besser, eine Viel¬falt an Informationen den Menschen zur Verfügung zu stellen (SCHMIDT 1970 16).
B. IndividualismuskonzeptFehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.
Die Wohlfahrtsökonomie geht vom individualistischen Ansatz aus, was ein Ein¬greifen in die Präferenzen problematisch gestaltet. Doch solange der Empfänger meritorische Güter ablehnen kann, ist eine meritorische Maßnahme mit dem in¬di¬vidualistischen Ansatz vereinbar: bei einer Verweigerung wird die Ausgangssituation beibehalten. Mit dem Individualkonzept vereinbar ist auch die Be¬reitstellung von Informationen durch den Staat (ANDEL 1984 644 f.). Nütz¬lich wäre hier Konkurrenz unter den Infor¬mierten, damit keine Informationsmonopole entstehen. Das würde auch die Ent¬schei¬dungen der Informierten über die Struk¬tur der Produktion und des Konsums meritorischer Güter für die Nichtinfor¬mierten transparenter machen (BRÜMMERHOFF 97 f.).
C. KonsumentensouveränitätFehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.
Eingriffe in die Konsumenten- und auch Produzentensouveränität dürfen per Definition nicht vom Staat getätigt werden, es sei denn, die Souveränität muß wieder hergestellt werden (PRIDDAT 254). Beschränkt man aber die Bereitstellung meritorischer Güter auf eine Aufklärung durch den Staat so ist nach ANDEL ein so interpretierter Begriff der merit wants" mit dem Grundgedanken der Konsumentensouveränität vereinbar. Gleichwohl ist der Übergang von wohlwollender zu diktatorischer Einflußnahme fließend (ANDEL 1969 212) . Wird freiwilliges Handeln unterstellt kann auch hier nicht von einem ungerechtfertigten Eingriff gesprochen werden (RICHTER/WEIMANN 119). Dennoch bleibt ein Widerspruch zwischen Konsumentenschutz und das Eingreifen in die Präferenzen. Solle eine solche staatliche Maßnahme gerechtfertigt werden, so könne diese nur durch ein Konsumenten-Mehrheitsvotum festgestellt werden (GOTTSCHALK 25).
D. Präferenzfeststellung durch WahlenFehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.
Auch SCHMIDT sieht den Schlüssel für die Leistungen des Staates (was und wieviel bereitgestellt wird) bei den Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger und die Anbindung der (finanz-)politischen ,Elite an den (mehrheitlichen) Wählerwillen" (SCHMIDT 1988 383).
Doch sollte der Versuch, Präferenzen der Bürger durch Wahlen abzuleiten, aufgegeben werden, da die Bereitstellung von meritorischen Gütern fernab von individuellen Präferenzen ist und durch keinen politischen Wahl oder Zustimmungsakt legitimiert ist" (PRIDDAT 240). Mehrheitsentscheidungen bedeuten die Verletzung der Präferenzen der Minorität, doch MUSGRAVE akzeptiert die Beeinträchtigung der Souveränität einer Minderheit (MUSGRAVE 1994 89).
Da Wahlen nicht unbedingt die Präferenzen der Bürger darlegen, haben die Parteien einen Spielraum, was und wieviel über den Rahmen der Staatsleistungen angeboten wird. Das kann einmal meritorisch sein oder eine Ausweitung öffentlicher Güter bedeuten . Diese Entscheidung ist aber von der Risikoeinstellung der Regierungspartei abhängig (SCHMIDT 1988 392).
Ein möglicher Ausweg kann die Public Choice-Theorie sein. Ausgangspunkt ist rationales Handeln der beteiligten Personen(-gruppen). Es ist aber fraglich, ob die bereits auf dieser Grundlage bestehenden Modelle die wesentlichen Merkmale der Wirklichkeit (und gerade des politischen Geschehens) so darstellen können. Ein Beispiel wäre hier irrationales Verhalten (SCHMIDT 1988 397).
E. Externe Effekte der KonsumtätigkeitFehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.
Externe Effekte treten dann auf, wenn der Konsum eines Gutes Auswirkungen auf den Konsum eines anderen Individuums hat . In meritorischen Gütern sind externe Effekte implizit enthalten (SCHMIDT 1988 387) . Zu unterscheiden sind hier die physischen und psychischen Externalitäten: Die physischen Externalitäten (z.B. Gesundheit) beruhen darauf, daß der Konsum von Leistungen eines Individuums bestimmte definierbare Leistungseinheiten für ein anderes Individuum bedeutet. Psychische Externalitäten treten dann auf, wenn der Konsum (auch von anderen) in der eigenen Nutzenskala registriert wird, gleichgültig, ob der Konsum sinnlich erlebt oder bloß vorgestellt ist (FOLKERS 4 f.) .
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