Die Hauptziele der ersten Nachkriegsjahre waren in der sowjetischen Besatzungszone schnell aus der sozialistischen Ideologie abgeleitet: So standen nicht wie in den Westzonen städtebauliche Aufbauarbeiten im Vordergrund, vielmehr war man darum bemüht, die Versorgung der Bevölkerung zu sichern. So wurden anfangs verstärkt Industriebetriebe instand gesetzt und Neubauerngehöfte errichtet (vgl. Hewitt et al 1993, 444).
Neben der Wiederherstellung der Bewohnbarkeit der zerstörten Wohnungen waren größere städtebaulichen Maßnahmen wegen der hohen Reperationsleistungen an die Sowjetunion unmöglich. Der Mangel an Materialien und an finanziellen Mitteln blieb nicht lange ohne Folge: "Ein Befehl der zonalen Wirtschaftskommision verbot im Juni 1948 jegliche private Bautätigkeit" (Schöller 1967, 75). Betrug 1950 der Bau von Eigenheimen noch 61% am Gesamtbauvolumen, so sank dieser aufgrund der staatlichen Lenkung bis 1968 auf 5% (vgl. von Beyme 1987, 323). Als Folge des Ausbleibens öffentlicher Investitionen im Bauwesen fielen die Wohnbedingungen im Vergleich zur BRD stark ab.
Als prägend für die weitere Entwicklung im ostdeutschen Städtebau sollten sich die "sechzehn Grundsätze des Städtebaus" vom 27.6.1950 erweisen. Diese bildeten einheitliche Grundlagen für die Erschaffung komplexer Gestaltungen. Im einzelnen sind dies:
Steuerung des Wachstums der Städte (Grundsatz 4)
Betonung einer monumentalen Stadtkrone (Grundsatz 6)
Ablehnung der Gartenstadtidee (Grundsatz 12)
Befürwortung der vielgeschossigen Bauweise aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen (Grundsatz 13) (vgl. von Beyme 1987, 283)
Gleichzeitig wurde mit diesen Grundsätzen das Verfügungsrecht über Grund und Boden geregelt. Der sozialistische Grundgedanke wird auch im Grundsatz 3 stark betont: "Die Städte werden in bedeutenden Umfange von der Industrie für die Industrie gebaut" (von Beyme 1987, 282). Der Wohnungsbau war in Folge dessen eng mit der industriellen Expansion verknüpft: Wohnungen entstanden vorerst dort, wo ein gesteigerter Arbeitskräftebedarf vorhanden war. In dieser Zeit entstanden die Großprojekte Stalinstadt (später: Eisenhüttenstadt), Schwedt und Halle-Neustadt. (vgl. Schöller 1986, 13ff)
Die einzelnen Neubauten sollten nun dem Bild des sowjetischen Städtebaus gerecht werden: "National in der Form, sozialistisch im Inhalt" (Köhn und Beck 1996). Mit diesem gesetzlich verankerten Leitbild wurde in der DDR schneller eine einheitliche Richtung für den Städtebau geschaffen, als es in der BRD geschehen war, die sich zu diesem Zeitpunkt noch in der Planungsphase befand. Die Ausführung jedoch bereitete schlichtweg aufgrund des vorherrschenden Materialmangels Schwierigkeiten und kam deshalb nur schleppend voran.
|