Name: Henryk Goldszmit
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Pseudonym (Künstlername): Janusz Korczak
Geburtstag: 22. 09. 1878
Geburtsort: Warschau (Polen)
Beruf: Arzt
Familie: Vater war ein angesehener Rechtsanwalt, verlor
alles beim Glücksspiel, starb in einer Irrenanstalt;
Mutter erzog Henryk - zusammen mit seiner
Schwester Anna - zu einem braven Knaben
Büchertitel: Die Kinder von der Straße, Das Kind des
Salons, Wie man ein Kind lieben soll, Das Recht
des Kindes auf Achtung, Wenn ich wieder klein
bin, Der Bankrott des kleinen Jack
Theaterstücke: Senat der Verrückten, Wo entlang?
Rechte, die er fordert: Das Recht des Kindes auf seinen Tod,
Das Recht des Kindes auf den
Heutigen Tag,
Das Recht des Kindes , so zu sein,
wie es ist,
Das Recht des Kindes auf Achtung
Als Henryk Goldszmit`s Vater starb, war er 17 Jahre alt. Er ging auf das Warschauer
Gymnasium. Um seine Mutter finanziell zu unterstützen, verrichtete er bis in den Abend hinein kleine Nebenarbeiten.
Dann begann er Zeitungsartikel zu schreiben. Eines Tages veranstaltete eine Zeitschrift einen Wettbewerb. Henryk schickte ein Theaterstück mit den Namen Wo entlang? ein. Allerdings unterschrieb er es nicht mit Henryk Goldszmit, sondern mit Janusz Korczak. Von nun an ließ sich Henryk nur noch so anreden. Nur später, als er Medizin studiert hatte, ließ er sich hin und wieder noch mit Dr. Goldszmit anreden.
Mit 26 Jahren hatte Korczak bereits 280 Texte veröffentlicht - alle unter dem Namen Janusz Korczak. Darunter sind ein Roman, mehrere Kurzgeschichten, Aufsätze und Anmerkungen zum politischen Tagesgeschehen und gesellschaftskritische Kommentare in Zeitungen und Zeitschriften. Sein erster Roman hieß Die Kinder von der Straße, kurz danach erschien ein zweites Buch mit dem Titel Das Kind des Salons.
Korczak unterbrach mehrere Male seine Arbeit als Arzt in Warschau: einmal unfreiwillig, denn er musste als Sanitätsarzt im russischen Heer ein Jahr lang am Krieg teilnehmen, den Russland seiner Zeit gegen Japan führte; die drei weiteren Male ging er fort, um sich weiterbilden zu lassen. Seine erste Fortbildung war in Berlin. Dort arbeitete er in der Universitätsklinik Charité, einem Krankenhaus und einer Nervenheilanstalt, in der seelisch kranke Menschen ärztlich betreut wurden. In Berlin begann er dann auch, sich für Pädagogik zu interessieren. Wie ein junger Student arbeitete er an Sonderschulen für Lernbehinderte und an Schulen für geistig behinderte Kinder. Ein Jahr später, als er aus Berlin wieder nach Polen zurückkehrte, notierte er: "Wer nicht in einer Schule für geistig behinderte, taubstumme oder blinde Kinder gelernt hat, Geduld zu üben und die Grundlagen der Pädagogik zu erlernen, der wird niemals ein guter Lehrer sein können.\" Die beiden anderen Fortbildungen fanden in London und Paris statt.
Am Anfang des Jahrhunderts gab es in Warschau den Verein Hilfe für Waisen. Reiche Juden hatten den Verein gegründet und ein Haus gekauft, in dem jüdische Kinder, die keine Eltern hatten, untergebracht waren. Der vorsitzende des Vereins, ein Freund von Korczak, nahm ihn einmal mit in das kleine Waisenhaus und zeigte ihm die Räume, in denen die Kinder essen und schlafen und, wenn sie nicht in der Schule waren, sich aufhalten und spielen konnten. Weil Korczak so angetan von dem selbstlosen Einsatz des Vereins war, gab er seine Arztpraxis auf und entschloss sich, nur noch für die Waisenkinder da zu sein. Weil das Haus viel zu klein, alt und renovierungsbedürftig war, sammelte er bei den Reichen in der Umgebung spenden. Schließlich gelang es ihm in der Krochmalna-Straße 92 ein Grundstück zu kaufen. Er baute es zwei Jahre lang zu einem Waisenhaus um: Dann ließ er ein Schild an der Tür anbringen, worauf stand: Dom Sierot. Auf Deutsch heißt das: Haus der Waisenkinder. Korczak wurde der Leiter des Dom Sierot. Im Sommer 1911 zog er mit 100 Waisenkinder dort ein. Ein paar Frauen sorgten in der Krochmalna-Straße für das Wäschewaschen und Kochen, für den Hausputz und für die Einkäufe, aber die Erziehung misste Korczak allein machen.
Als 1914 der erste Weltkrieg begann musste er vier Jahre lang als Chefarzt in Lazzarett nahe der Front arbeiten. In den wenigen freien Stunden die er dort hatte fasste er die Notizen aus der enttäuschenden Zeit in der Krochmalna-Straße zusammen und schrieb sein wohl wichtigstes Buch. In dem Titel fand man weder Wörter wie Erziehung, Strenge, Zwang oder Disziplin, noch Begriffe wie Methode oder Lehrplan, sondern es trägt einen einfachen Titel: Wie man ein Kind lieben soll.
In diesem Buch schreibt er an einer Stelle: Achtung! Entweder wir verständigen uns jetzt oder wir trennen uns für immer! Ich fordere hiermit die Magna Charta Libertatis (Große Karte)
als ein Grundgesetz für das Kind. Vielleicht gibt es noch andere - aber folgende drei Grundgerechte habe ich herausgefunden. Ich fordere:
das Recht des Kindes auf seinen Tod
das Recht des Kindes auf den heutigen Tag
das Recht des Kindes, so zu sein, wie es ist.
Der zweite Satz bedeutet: Einem Kind soll nicht immer vorgehalten werden, was gestern war. Es zählt nur, was heute ist und nichts anderes, denn ein Kind lieben heißt das Vergangene vergangen sein lassen und jeden Tag als eine neue Chance nutzen.
Der dritte Satz bedeutet: Einem Kind soll nicht immer vorgehalten werden, dass andere zum Beispiel im Sport besser sind und das sie sich deswegen mehr anstrengen soll. Korczak sagt zu diesem Rechtssatz: Ich werde keine Kind zu etwas anderem umformen. Eine Birke bleibt eine Birke, eine Eiche bleibt eine Eiche, ein Rettich bleibt ein Rettich. Ich vermag nur zu wecken, was in der Seele eines Kindes schlummert - aber ich kann nicht ein Kind neu schaffen.
Der erste Satz bedeutet: Dieser Satz darf nicht falsch verstanden werden, als ob ein Kind von einem Hochhaus springt und die Eltern tatenlos zusehen, weil es ja ein recht auf seinen Tod hat. Der Satz ist mehr eine überspitzte Formulierung gegen eine in jener Zeit weit verbreitete pädagogische Theorie, die man Übermutter-Phänomen, einer Supermutter die ihr Kind nicht einmal der kleinsten Gefahr aussetzen würde. Korczak fordert dagegen: Traut dem Kind etwas zu! Lasst es los! Macht ihm Mut! Nehmt ihm die Angst! Lasst es wagen! Das Kind hat ein Recht, sich frei zu entfalten, auch wenn es dabei hier und da in eine gefährliche Situation gerät. Es hat ein Recht auf sein Leben, selbst wenn das, was es tut, in euren überbesorgten Augen manchmal lebensgefährlich zu sein scheint. Nur das Kind, das riskiert, was lebensgefährlich ist (das sozusagen den Tod riskiert), lernt wirklich leben.
Später fügte Korczak seinen drei Rechtssätzen noch einen vierten hinzu, Das Recht des Kindes auf Achtung. Dieser Rechtssatz diente auch als Titel eines Buches, dass er für Eltern, Erzieher, Pädagogen und Politiker.
1937 wurde Korczak für seine Bücher mit dem Goldenen Lorbeer der Polnischen Akademie für Literatur ausgezeichnet. Fast alle seine Bücher hatten mit Kindern zu tun. Er schrieb Märchen für Kinder wie z. B. Der Bankrott des kleinen Jack, und Märchen für Erwachsene, z. B. Wenn ich wieder klein bin. Ein Gebetbuch für Erwachsene die das Beten verlernt hatten schrieb er auch noch. Schon früh schrieb er ein (schwer verständliches) Theaterstück mit dem Titel Senat der Verrückten.
20 Jahre nachdem der erste Weltkrieg zu Ende war überfielen deutsche Truppen auf Befehl Hitlers die polnische Nation. Schon nach 18 Tagen war Polen besiegt.
Überall trieb man Juden zusammen und brachte sie in Konzentrationslager.
Ab dem Jahre 1940 wurden in Warschau alle Juden in das Warschauer Getto gebracht, einem Stadtteil, um den herum man eine Mauer gebaut hatte und aus dem es kein Entrinnen gab. Nach und nach holte man aus ganz Polen und den benachbarten Ländern die Juden in Warschauer Getto. Auch Janusz Korczak musste mit seinen mehr als 200 Waisenkindern in das Warschauer Getto umziehen.
Am 22.09.1942 ordnete Hitler an, die Juden aus dem Warschauer Getto (täglich 6000) in Konzentrationslager zu bringen. Das von Korczak befürchtete Ereignis kam am 5.10.1942: er musste mit den Waisenkindern mit den anderen Gefangen zum Bahnhofvorplatz marschieren, wo schon die Güterzüge mit den Transportwaggons und Viehwagen bereitstanden, um sie nach Treblinka ins Konzentrationslager zu bringen.
Folgendes ist einer der letzten Berichte die es über Janusz Korczak gibt. Als der deutsche Platzkommandant an den Waggons vorrüberschritt, deren Schiebetüren gerade geschlossen werden sollten, wurde ihm gemeldet, das der alte Mann, der in der Tür des ersten Waggons stehe, der polnische Dichter Janusz Korczak sei. Stolz mit dem berühmten Mann sprechen zu können, ging der Kommandant zur offene Tür und sagte: "Sind sie der, der das Buch von kleinen Jack geschrieben hat?\" " Ja\", antwortete Korczak. "Ein gutes Buch\", sagte der Platzkommandant. "Ich habe es gelesen, als ich noch klein war. Los, steigen sie aus.\"
"Und die Kinder?\" fragte Korczak. Die Kinder fahren. Aber sie könne hier bleiben.\" "Sie irren sich\", antwortet Korczak. "Nicht jeder ist ein Schuft.\" Dann wendete er sich ab und stellte sich mitten unter seine Kinder. Der Kommandant gab den Wachsoldaten ein Zeichen. Die Rolltür wurde zugeschoben. Die Lokomotive pfiff. Der Zug fuhr ab.
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