Die Entstehung des Textes ist durch Briefe Kafkas an seine spätere Verlobte Felice Bauer dokumentiert. Kafka hatte Ende September 1912 den Roman Der Verschollene (Amerika) begonnen. Über den Fortgang dieser Arbeit setzte er Felice Bauer, die für ihn, wie er es nannte, mit seinem »Schreiben verschwistert« war, regelmäßig in Kenntnis. Am 17.November 1912 teilte er ihr dann mit, daß er, statt an dem Roman weiterzuarbeiten, »eine kleine Geschichte niederschreiben werde, die mir in dem Jammer im Bett eingefallen ist und mich innerlichst bedrängt«. Diese »kleine« Geschichte wuchs sich dann in den folgenden Wochen zu der recht umfangreichen Novelle Die Verwandlung aus. Den Titel nannte Kafka erstmals in einem Brief an Felice vom 23.November; es heißt dort: »[...] die Geschichte ist ein wenig fürchterlich. Sie heißt >Verwandlung<, sie würde Dir tüchtig Angst machen [...].« Am 24.November las der Autor Freunden »den ersten Teil« der Geschichte vor. Eine Dienstreise, die er im Auftrag der Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt unternehmen mußte, wirkte sich störend auf den Fortgang der Arbeit aus; am 25.November teilte er der Briefpartnerin seine Besorgnisse mit und meinte: »Eine solche Geschichte müßte man höchstens mit einer Unterbrechung in zweimal 10 Stunden niederschreiben, dann hätte sie ihren natürlichen Zug und Sturm [...]. Aber über zweimal zehn Stunden verfüge ich nicht.« Am 1.Dezember 1912 war jedoch der zweite Teil des Textes beendet, und »ein dritter Teil [...] hat begonnen sich anzusetzen«. Dieser dritte Teil wurde dann um den 6.Dezember abgeschlossen; Kafka schrieb - vermutlich in der Nacht vom 5. zum 6.Dezember - an Felice: »Weine, Liebste, weine, jetzt ist die Zeit des Weinens da! Der Held meiner kleinen Geschichte ist vor einer Weile gestorben.« In einem in der folgenden Nacht verfaßten Brief heißt es dann: »Liebste, also höre, meine kleine Geschichte ist beendet, nur macht mich der heutige Schluß gar nicht froh, er hätte schon besser sein dürfen, das ist kein Zweifel.« Seine Unzufriedenheit mit dem Schlußteil äußerte Kafka noch über ein Jahr später in einer Tagebucheintragung: »19. I 14 [...] Großer Widerwillen vor >Verwandlung<. Unlesbares Ende. Unvollkommen fast bis in den Grund. Es wäre viel besser geworden, wenn ich damals nicht durch die Geschäftsreise gestört worden wäre.«
Kafka bot den Text - handschriftlich in einem einzelnen gesonderten Heft überliefert - zunächst dem Kurt Wolff Verlag, bei dem schon mehrere seiner Werke erschienen waren, zur Publikation an. Zeitweise war ein größerer Novellenband geplant, der die Erzählungen Das Urteil, Der Heizer und Die Verwandlung enthalten sollte. Als sich abzeichnete, daß dieser Band nicht zustande kommen würde, ging Kafka auf ein Angebot Robert Musils ein, der damals zur Redaktion der im S.Fischer Verlag erscheinenden Neuen Rundschau gehörte, die Erzählung in dieser Zeitschrift abzudrucken. Kafka sandte im März 1914 das Manuskript ein, welches auch angenommen wurde. Im Juli des Jahres teilte man ihm aber mit, daß er den Text energisch kürzen müsse. Ein Entwurf seines Antwortschreibens an Musil hat sich erhalten; darin heißt es: »Und jetzt nachdem auch seit dieser Annahme Monate vergangen sind, verlangt man, ich solle die Geschichte um 1/3 kürzen. Das ist unwürdig gehandelt.« Kafka hoffte zwar noch eine Zeitlang, daß man den Text in voller Länge abdrucken würde, sah sich dann aber nach einer anderen Möglichkeit der Veröffentlichung um. Über Max Brod stellte er den Kontakt zu der Zeitschrift Die weißen Blätter her, erhielt aber von deren Redakteur René Schickele zunächst ebenfalls die Mitteilung, daß der Text zu lang sei. Kafka antwortete darauf am 7.April 1915, daß er die Erzählung »trotzdem nicht freiwillig zurückziehe«, weil ihm »an ihrer Veröffentlichung besonders gelegen« sei. Trotz Schickeles Bedenken wurde dann die Erzählung in voller Länge im Oktoberheft der Zeitschrift veröffentlicht.
Die Weißen Blätter erschienen zwar offiziell in einem eigenen Verlag, dieser wurde aber vom Kurt Wolff Verlag betreut. Georg Heinrich Meyer, der damalige Leiter des Wolff Verlags, wandte sich am 11.Oktober 1915 schriftlich an Kafka. Nachdem er zunächst auf die Tatsache eingegangen war, daß Kafka offenbar nicht die Gelegenheit gehabt hatte, für den Erstdruck der Verwandlung Korrektur zu lesen (»Wenn das der Fall ist, so trifft die Schuld Herrn Schickele«; schlug er vor, die Verwandlung auch als Einzeldruck für den »Jüngsten Tag« erscheinen zu lassen, der Reihe des Kurt Wolff Verlags, in der schon 1913 Kafkas Der Heizer veröffentlicht worden war. Konkreter Anlaß für Meyers Wunsch, ein neues Buch Kafkas herauszubringen, war, daß Carl Sternheim, ebenfalls Wolff-Autor, den »Fontane-Preis für den besten modernen Erzähler« erhalten sollte. Meyer erklärt in seinem Brief an Kafka: »Da aber, wie Ihnen wohl bekannt ist, Sternheim Millionär ist und man einem Millionär nicht gut einen Geldpreis geben kann, so hat Franz Blei, der den Fontane-Preis heuer zu vergeben hat, Sternheim bestimmt, daß er die ganze Summe von ich glaube 800 Mk. Ihnen als dem Würdigsten zukommen läßt. Sternheim hat Ihre Sachen gelesen und ist [...] ehrlich für Sie begeistert.« Der Band war gewissermaßen schon vor seiner Auslieferung im November 1915 preisgekrönt. Kafka verbesserte den Text dieser Ausgabe gegenüber dem Erstdruck. Eine zweite Auflage erschien 1918; sie weist einige Textveränderungen gegenüber der ersten Auflage auf, es ist aber nicht gesichert, daß diese auf den Autor zurückgehen.
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