Der 1842 erschienenen Novelle "Die Judenbuche" von Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) liegt eine wahre Begebenheit zu Grunde: Im Gutsbezirk ihres Großvaters, Werner Adolf von Haxthausen, erschlug der Knecht Hermann Georg Winkelhagen aus Bellersen (Dorf B. in der "Judenbuche") im Februar 1783 den Juden Soestmann-Behrens. Der Mörder flüchtete nach Algerien und geriet dort in die Sklaverei. Nachdem er nach 25 Jahren zurückkehrt macht er seinem Leben selbst ein Ende. Annette von Droste-Hülshoff entnahm mündlichen Überlieferungen und der schriftlichen Fassung ihres Onkels, August von Haxthausen, den Stoff für ihre Novelle.
Friedrich Mergel, die Hauptperson dieser Novelle, geboren 1738, war der einzige Sohn eines Grundeigentümers geringerer Klasse im nicht sehr schön gebauten, dafür sehr schön liegenden Dorf B. (Bellersen). Durch Unverständnis von Recht und Gesetz straften die Gutsbesitzer meist nach eigenem Ermessen. Holz- und Jagdfrevel war an der Tagesordnung, ebenso wie Schlägereien.
Hermann Mergel, Friedrichs Vater, war ein Trinker. Seine erste Ehe scheiterte nach einer Woche schon. Nach einigen Jahren heiratete er erneut. Er heiratete Margreth Semmler. Aus dieser Ehe ging Friedrich Mergel hervor. Als Friedrich 9 Jahre alt war, fand man seinen Vater nachts tot im nahegelegenen Brederholz. Seitdem wuchs Friedrich in verwahrlosten Zuständen auf. Er wurde still und verschlossen.
Nach drei Jahren kam Margreths Bruder, Simon Semmler vorbei und vereinbarte mit ihr, daß er sich um den Junge vermehrt kümmern wollte, ohne daß die Mutter ihn aber ganz entbehren mußte. Als Friedrich nach einem Besuch bei Simon wieder nach Hause ging, brachte er dessen Schweinehirt, Johannes Niemand, mit. Johannes war ein armer, dürrer Junge, der Friedrich bis auf die Magerkeit glich. Die beiden wurde Freunde, und Johannes war fast ständig sein Begleiter. Unter dem nun starken Einfluß von Simon entwickelte Friedrich sich zu einem "Dorfelegant", der sich auch durch seine Kraft und Zurechtweisungen mit der Faust an die Spitze der Dorfjugend brachte.
Zur Zeit als Friedrich 18 Jahre alt war, war der Holzfrevel am größten. Die "Blaukittel" zerstörten trotz aller Wachsamkeit der Förster ganze Waldstreifen in einer Nacht, und es gab keine Spur zu den Mitgliedern dieser Bande. In einer Nacht im Juli 1756 wurde der Förster Brandis mit einer Axt erschlagen, nachdem Friedrich die "Blaukittel" gewarnt hatte und Brandis den falschen Weg gezeigt hatte. Friedrich wurde wegen seiner Auseinandersetzung, die er mit Brandis zuvor hatte, der Tat verdächtigt, was aber nie bewiesen werden konnte.
Vier Jahre später, wurde eine große Hochzeit veranstaltet. Friedrich führte einen wilden Tanz auf, und präsentierte in seinem Hochmut stolz vor dem Publikum seine silberne Taschenuhr. Der Jude Aaron mahnte ihn darauf um einen Betrag von zehn Talern für eine Taschenuhr. Friedrich empfand dieses als eine sehr große Schmach und stürmte raus - der Jude ihm folgend. Drei Tage später fand man Aaron tot im Brederholz. In dieser Nacht noch wurde nach Friedrich geschickt um ihn zu verhaften, da Herr von S. selbst Zeuge eines Spektakels geworden ist, welches den Verdacht auf Friedrich lenken könnte. Außerdem hatten die zwei Kleinknechte des Gutsherren in jener Nacht Stockschläge und Schreie aus dem Brederholz vernommen. Doch Friedrich war von da an nicht mehr auffindbar. Die gerichtliche Verhandlung wurde ohne genügend Erfolg geschlossen. Die Glaubensgenossen von Aaron kauften die Buche, unter der jener gefunden worden war. Eine jüdische Inschrift fand man nun in der Buche eingehauen: " " .
28 Jahre später kam ein kranker, gebrechlicher Mann von der Breder Höhe. Es war das Weihnachtsfest, der 24. Dezember 1788. Tiefer Schnee lag in den Hohlwegen. Der Mann suchte Zuflucht in einem Haus des Dorfes. Am nächsten Tag wurde dieser Mann als Johannes Niemand erkannt, der total entkräftet und entstellt aus der Türkischen Sklaverei kam. Johannes fand heraus, daß der Mord an Aaron geklärt worden sei, es aber nicht Friedrich war. Er wurde bei einer Witwe im Dorf aufgenommen, und aß im Schloß. Er wollte sich seinen Unterhalt mit Botengängen für den Gutsherren und Holzlöffelschnitzen verdienen. Das Brederholz war abgeholzt, nur die alte Buche mit der Inschrift stand noch. Im September kam Johannes auch am dritten Tag nicht von einem Botengang zurück. Man suchte ihn mit allen Mitteln, doch fand ihn nicht. Nur ein Kind hatte ihn gesehen, wie am Wegrand saß und einen Löffel schnitzte, den er jedoch zerbrach. Vierzehn Tage später, als der junge Brandis von einer Besichtigung seines Reviers zurückkam, ruhte er sich unter der Judenbuche aus. Er ärgerte sich über den Gestank, den die Pilze dort verbreiteten, doch kurz darauf entdeckte er mit Schrecken, daß dort ein Mensch über ihm in der Buche hing. Der Gutsherr Herr von S. erkannte diesen als Johannes. Doch als man ihm die Schlinge abmachte, erkannte man an der Narbe an seinem Hals, daß dieser nicht Johannes Niemand, sondern Friedrich Mergel war. Die Inschrift an dem Baum, an dem Aaron erschlagen wurde und Friedrich sich das Leben nahm bedeutet: "Wenn du dich diesem Orte nahest, so wird es dir ergehen, wie du mir getan hast."
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