Am Morgen des 8.November1780 war eine fahl-goldene Nebelkappe über Schönbrunn gehangen. Die "Herzog Albertischen" waren aus Preßburg zu Besuch gekommen, und die Kaiserin hatte für den Vormittag eine Fasanjagd befohlen. Obgleich der Fasanzauber mit einem Male erlosch, und es sachte in richtiger Novemberart zu nieseln begann, wollte sie sich durchaus nicht abhalten lassen, dabei zu sein, um ihrer Mimi Schießkünste zu bewundern. In dicke Decken gepackt, saß sie in der hohen Halle der Gloriette, dem weiß leuchtenden, aus schwerelosem Stein und Luft erbauten Lusthaus, das nach des Fürsten Kaunitz Angaben erst kürzlich von dem jungen Hetzendorfer von Hohenberg auf demselben Hügel errichtet worden war, auf dem einst Fischer von Erlach sein barockes Traumschloss hatte hinstellen wollen.
Marianne war da, Elisabeth, die Vasquez, ein paar junge Hof-
damen und Kämmerer. Man war sehr aufgeräumt, und Therese stapfte
nachher in ihren hoch und fest geschnürten Stiefletten die Jagdstrecke lab, wo die hingemähten Vögel in ihrem sanft glühenden Gefieder lagen. Stand noch herum im feuchten Laub und plauderte, bis Elisabeth
energisch sie in die rotsamtene Sänfte verpackte, die sie hatte kommen lassen, und die mit dem eingestickten goldenen Doppeladler ein
Meisterstück Wiener Nadelkunst darstellte.
Nun aber wollte die Kaiserin, obwohl die Feuchtigkeit von Boden
und Luft alle Kleider durchtränkte, auch, auch wieder nicht direkt zum Schloss zurück, sondern zur neu aufgestellten Statue der Artemisia ge-
tragen werden, die mit anderen steinernen Gestalten vom Hofbildhauer
Beyer zur Ausschmückung des Schönbrunner Parterre geschaffen
worden war. Mimi solllte die Statue nun sehen und bewundern; und tat dies natürlich gebührend.Auf diese Weise war es noch später ge-
worden, als man endlich im Schloss ankam, wo ein Jagdfrühstück der
Gäste harrte. Schwiegersohn Albert glaubte zwar, es wäre besser für
die Mama, nach Hause in die Burg zurückzufahren, um sich umzu-
ziehen und auszuruhen. Sie aber war fast beleidigt und meinte, so zer-
brechlich sei sie noch nicht und dachte bei sich:
Wenn die wüssten, wie nass und kalt meine Füße sind! Aber was
kann mir schon passieren? Wird bald mein Schnupfen bissel ärger.(. . .]
Zu Hause in der Hofburg bemerkt die Kaiserin, dass ihr Husten ärger
geworden ist. Doch da sie diesen "Mode-Cathar" gleich den anderen
jeden Winter hat, beunruhigt sich anfangs niemand darüber, am
wenigsten sie selbst. Sie geht auch wie gewöhnlich ihren Beschäftigung-
en nach, klagt nur einmal, wie scherzend, sie werde innerlich zu Stein,
sie spüre es. Denn mehr und mehr macht ihr das Atmen Beschwerden,
die Hustenanfälle bringen sie an den Rand des Erstickens, und sie
kann nicht mehr liegen. Doch unentwegt arbeitet sie an ihrem Schreib-
tisch. Die Nacht verbringt sie in einem Lehnsessel. Treu bedient sie in
dieser Hinfälligkeit ihre alte Guttenberg, die jungen Frauen will sie
nicht um sich haben. [ . . .]
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