Anfang der Sechziger-Jahre begegnen sich der Chemiker Manfred Herrfurth und die einfache Dorfbewohnerin Rita Seidel. So sehr sie voneinander nach Herkunft und Wesen verschieden sind, lernen sie sich lieben und wissen vom ersten Moment an, dass sie zusammengehören. Rita will Lehrerin werden und verlässt ihre Mutter und ihre Tante, die für sie sorgten, seit ihr Vater an der Front vermisst wurde. So zieht sie zur Familie Herrfurth. Manfreds Eltern sind nicht gerade erfreut, dass ihr Sohn nun nicht mehr alleine sein Zimmer bewohnt, doch sie können nichts machen. Zuerst gibt es oft Unstimmigkeiten zwischen ihnen, doch mit der Zeit gewöhnen sich alle an die Tatsache, dass es ein weiteres Familienmitglied im Hause Herrfurth gibt. Um sich ein Studium finanzieren zu können, beginnt Rita in einem Waggonbaubetrieb zu arbeiten, was nicht immer leicht für sie ist, als einzige Frau im Betrieb. Aber sie gewinnt viele neue Freunde, die ihr in schlimmen Situationen weiterhelfen und mit denen sie reden kann, am Arbeitsplatz, sowie nachher beim Studieren.
Das intime Glück der Liebenden wird immer mehr in den Umkreis großer gesellschaftlicher Umwälzung einbezogen, und in dem Maße, in dem sie dadurch geformt werden, wird auch ihr Leben bestimmt. Manfred hat Probleme in seinem Beruf, die ihm sehr zu schaffen machen. Die Anwendung einer bedeutenden Erfindung Manfreds wird von engstirnigen Wirtschaftsfunktionären verhindert. Doch er vermag es nicht um sein Werk zu kämpfen. Aufgrund der Schwierigkeiten mit den Planungsbehörden geht er nach Westberlin. Diese Übersiedlung erscheint ihm als der einzig mögliche Ausweg. Rita reist ihm nach und versucht vergeblich, Manfred zur Rückkehr zu bewegen, doch es gelingt ihr nicht. Auch sie fühlt sich in der fremden Stadt nicht wohl. Die Nächte waren für sie aus einem anderen Stoff als anderswo: aus dem Stoff fremden Lebens. Wenn sie bei ihm geblieben wäre, hätte sie sich selbst, und vor allem ihm geschadet. Ihr Rückweg bewirkt einen krisenhaften seelischen Prozess, der ihr jedoch die Eingliederung in die DDR wieder ermöglicht. Obwohl es ihr sehr schwer fällt und sie ihn immer noch liebt, lernt Rita ohne ihren Verlobten zu leben. Auch für Manfred ist die Trennung nur schwer zu verkraften, doch er kann sie nicht zwingen bei ihm zu bleiben. Zuerst passten die beiden Hälften der Erde ganz genau ineinander, doch nun teilt sich der Himmel, \"dieses ganze Gewölbe von Hoffnung und Sehnsucht, von Liebe und Trauer\" schließlich endgültig.
Mir hat dieses Buch eigentlich recht gut gefallen, da die ganze Erzählung auf eine realistische Art und Weise erzählt wird. Ich glaube, viele Liebespaare können sich mit Rita und Manfred identifizieren. In jeder Beziehung gibt es Höhen und Tiefen, die ein Paar überwinden muss. Manchmal zerbricht eine Liebe aufgrund einer nicht überstandenen Tiefe, sowie es in diesem Buch dargestellt wird. Rita und Manfred wollen für immer zusammensein, sie lieben sich abgöttisch, doch es kommt durch viele verschiedene Gründe zu einer Trennung.
Interpretation
Christa Wolf beschäftigt sich in ihrem Roman "Der geteilte Himmel" zum ersten mal mit der Problematik um "das Recht des Einzelnen auf Selbstverwiklichung und auf sein Aufbegehren gegen die Entfremdung, Vereinzelung und Bürokratisierung des Lebens in der modernen Industriegesellschaft." Die Teilung des Himmels Deutschlands steht also nicht im Vordergrund. Die beiden Hauptfiguren sollen auch nicht für die verschiedenen politischen Systeme des geteilten Deutschlands interpretiert werden, sondern eher als Beispiele für zwei verschiedene Lebensarten in einer modernen Massengesellschaft. Christa Wolf spricht die vermeintlichen und tatsächlichen Unzulänglichkeiten in der DDR-Gesellschaft durchaus mutig an. Dabei ist interessant, dass die Hauptfigur der Erzählung, Rita, nicht aufgrund ihrer gefestigten sozialistischen Überzeugung in ihre Heimat zurückkehrt. Es ist vor allem auch die Angst, nicht klarzukommen, die Frustration über die eigenmächtige Entscheidung ihres Geliebten, in den Westen zu gehen, bis hin zur liebgewonnenen Brigade im Waggonwerk. All das Gründe, die einem \"normalen\" Menschen durchaus näher liegen als die idealisierte Vorstellung einer gerechten, sozialistischen Gesellschaft.
Ihre Erzählung lässt sich nicht auf eine simple und unglückliche Liebesgeschichte reduzieren; in ihr geht es um das Generationsproblem in der sich konstituierenden Gesellschaft, um das Verhältnis von der Arbeit und menschlicher Entfaltung, um das Dilemma der nationalen Spaltung und dann eben auch um die Entscheidung zwischen einer persönlichen Liebe und dem gesellschaftlichen Auftrag des Einzelnen. Individuum und Gesellschaft sollte auch nach diesem Werk ein zentrales Thema in den Büchern Christa Wolfs bleiben.
Zusatzinformation:
Obwohl der Roman am Anfang als politisch gewagt und teilweise unsachlich galt, bekam er eine Breite Zustimmung aus Politik und Wirtschaft "mit Zustimmung von allerhöchster Stelle stimmte alles, was Rang und Namen hatte, darin überein"². Das Buch wurde ein voller Erfolg. Es wurden insgesamt 160 000 Exemplare gedruckt. Schon bald wurde der Roman dann ins Rumänische, Serbische, Kroatische, Polnische, Ungarische, Bulgarische, Tschechische und Russische, aber auch ins Englische, Französische, Spanische, Finnische und Japanische übersetzt. Und nur ein Jahr nach der Erstveröffentlichung in Buchform drehte die DEFA unter Regie von Konrad Wolf den Spielfilm "Der geteilte Himmel".
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