Berthold Brecht gilt als verspäteter Aufklärer, was auch bei den Geschichten von Herrn Keuner deutlich wird. Jede Geschichte hat eine Botschaft an den Leser, wobei diese nicht sofort sichtbar ist. Der dazu eingesetzte sogenannte Verfremdungseffekt (V-Effekt) der Brecht\'schen Dramaturgie, der z.B. bei der Verlagerung der Handlung an den Meeresboden eingesetzt wird, bewirkt, daß der Leser das Alltägliche nicht als gegeben und unveränderlich -eben als alltäglich- ansieht. Es wird ein kritischer Lern- und Bewusstseinsprozess beim Leser in Gang gesetzt. Doch dazu muß der Leser sehr sorgfältig lesen, weil er die Verfremdung rückgängig machen muß, um die Botschaft verstehen zu können. Ansonsten verlieren die Geschichten ihre Aussage und Wirkung.
Die Geschichten leiden teilweise ein wenig unter Brechts subjektiver, kommunistisch beeinflußter Weltsicht. So geißelt er in der \"natürliche Eigentumstrieb\" den selbigen, obwohl dieser die Grundlage des Fortschritts und steigenden Wohlstandes ist. Doch trotz dieser ideologischen Prägung haben die meisten seiner Geschichten nichts an ihrer Aussagekraft verloren und auch wenn dies der Fall ist, ist es immer noch interessant zu lesen, wie Brecht seine Botschaft verpackt. Denn bei fast allen Brechtstücken gilt, daß nicht der Inhalt, sondern die Verpackung den Reiz der Stücke ausmacht.
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