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biologie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Monogen bedingte krankheiten




Bei diesen Erkrankungen ist die Veränderung in ein Gen entscheidend für die Erkrankung verantwortlich. Unter 100 Neugeborenen hat etwa ein Kind eine Erkrankung, die auf der Veränderung eines einzelnen Gens beruht. Einige dieser Störungen äußern sich erst im Laufe des Lebens.

So werden Stoffwechsel- oder Muskelerkrankungen häufig erst im Kindesalter deutlich, neurodegenerative Erkrankungen wie die Chorea Huntington zeigen sich erst im Erwachsenenalter. Insgesamt kann man annehmen, dass etwa 5% aller Neugeborenen eine genetische Veränderung trage, die früher oder später zu einer Erkrankung führt. Bei den monogenen Erkrankungen unterscheidet man autosomal dominante, autosomal rezessive, X-chromosomale und mitochondriale Erkrankungen.





2.2.1. Autosomal dominante Erkrankungen


Eine autosomal dominante Erkrankung liegt vor, wenn an dem entsprechenden Genort eine Kopie (Allel) des entsprechenden Gens

(die väterliche oder die mütterliche) eine Veränderung aufweist, und diese trotz einer normalen zweiten Kopie zur Ausprägung der


Krankheit führt.



Anhand der Abbildung wird deutlich, dass die Wahrscheinlichkeit von

50% besteht, dass Kinder eines Erkrankten ebenfalls erkranken. Wenn

beide Elternteile betroffen sind, erkrankt ein Kind mit der


Wahrscheinlichkeit von 75%.



Eine Krankheit mit vielen Folgen ist Chroea Huntington.






2.2.1.1. Ein Beispiel


Chorea Huntington




2.2.1.1.1. Zusammenfassung



Die Huntington-Krankheit, auch Chorea Huntington und früher erblicher Veitstanz genannt, ist eine genetisch bedingte und autosomal dominant vererbbare Nervenkrankheit. Es ist eine fortschreitende Erkrankung, die meist zwischen dem vierten und fünften Lebensjahrzehnt ausbricht. Innerhalb von einigen Jahren kommt es zum Verlust der motorischen Kontrolle, zu Demenz und zu Wesensveränderungen.

Die Ursache der Erkrankung ist eine Genveränderung (Mutation) des Huntingtin-Gens, (nicht Huntington) auf dem Chromosom 4. Infolge der Mutation erfährt das vom Gen codierte Eiweiß mit der Bezeichnung Huntingtin eine Strukturveränderung von der normalen Struktur in eine Amyloidstruktur, welche die Nervenzellen zerstört. Es kommt zum Untergang von Nervenzellen, insbesondere in den Stammganglien und der Hirnrinde. Die Therapie beschränkt sich auf eine symptomatische Behandlung. Die Erkrankung führt immer zum Tod, wobei der zeitliche Verlauf variabel ist und Jahre bis Jahrzehnte (5 bis 20 Jahre) dauern kann. Die Diagnose der Erkrankung erfolgt durch neurologische, elektrophysiologische sowie bildgebende Untersuchungsverfahren. Durch einen Gentest ist eine direkte molekulargenetische Diagnostik bei Erkrankten und eine differentialdiagnostische Abklärung möglich. Für eine genetische Vorhersagediagnostik bei gesunden Risikopersonen, und eine pränatale Diagnostik gibt es strenge Richtlinien. Sie muss wohlüberlegt sein und darf nur auf ausdrücklichen Wunsch vorgenommen werden, wenn eine entsprechende psychologische Vor- und Nachbetreuung der Risikopatienten gewährleistet ist.






2.2.1.1.2. Allgemeines



Der Name Chorea (griech. Choreia = Tanz) rührt von den für die Erkrankung typischen unkontrollierten Bewegungen, wie überschießenden Bewegungen, einem torkelnden Gang, oder dem Grimassieren.



Die Chorea Huntington wurde erstmals 1841 von C.O. Waters beschrieben. Benannt wurde sie später nach dem amerikanischen Nervenarzt George Huntington aus Ohio, der 1872 erkannte, dass es sich um eine Erbkrankheit handelt und sie von der Chorea minor, die eine Folge einer Streptokokkeninfektion ist, abgrenzte.



Die Bezeichnung Veitstanz = Tanzwut ist eine Lehnübersetzung des mittellateinischen Begriffs Chorea Sancti Viti. Ursprünglich war Veitstanz die Bezeichnung für die Tanzwut, zu deren Heilung man im 14. Jahrhundert nach der Veitskapelle bei Ulm wallfahrte. Bei der Chorea Huntington werden die normalen Bewegungsabläufe durch nicht kontrollierbare Bewegungen zeitweilig unterbrochen, was an einen Tanz erinnern kann. Heute werden mit Chorea plötzlich einsetzende, vielgestaltige unwillkürliche Bewegungen verschiedener Muskeln, besonders der distalen (vom Rumpf weiter entfernt) Extremitäten bezeichnet, die bei verschiedenen Erkrankungen auftreten können (z.B. Chorea minor Sydenham, Chorea gravidarum).

Nachdem 1983 das Gen in einer Region des kurzen Arms des Chromosoms 4 lokalisiert wurde, dauerte es noch zehn Jahre bis das verantwortliche Gen identifiziert werden konnte. Das Huntingtin-Gen enthält einen Bereich aus Wiederholungen des Codons Cytosin-Adenin-Guanin (CAG-Repeat). Mutationen, die durch CAG-Repeat-Verlängerungen charakterisiert sind und zu langen Polyglutaminen führen, kennt man nicht nur von der Huntington-Krankheit, sie sind auch bei der Alzheimer-Erkrankung, oder bei der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit zu finden. Es sei erwähnt, dass einer der ganz großen amerikanischen Balladen-und folksong-Schreiber und -Sänger, der im Jahre 1912 in Okemah/Oklahoma geborene Woodrow Wilson (Woody) Guthrie, an dieser Krankeit im Jahr 1967 verstarb.










2.2.1.1.3. Ursachen



Die Ursache der Huntington-Krankheit ist eine Mutation im Huntingtin-Gen auf dem kurzen Arm des Chromosoms 4. Bei den Mutationen handelt es sich um Verlängerungen einer Sequenz aus Wiederholungen des Nucleotidtripletts Cytosin-Adenin-Guanin (CAG-Repeat), das die Aminosäure Glutamin verschlüsselt (codiert). Die Repeat-Ausdehnungen im codierenden Bereich des Gens führen zur Bildung von langen Polyglutaminen. Durch den Einbau einer zu langen Abfolge von Glutaminresten in das Eiweiß Huntingtin erfolgt eine Stukturumwandlung in eine Amyloidstruktur, die zu einer Zerstörung von Nervenzellen führt. Bei Gesunden wiederholt sich das CAG-Codon 10 bis 30 mal, bei einer Verlängerung von über 37 kommt es zur Manifestation der Huntington-Krankheit, dazwischen liegt eine Grauzone. Es besteht eine eindeutige Beziehung zwischen der Anzahl der Repeats und der Schwere der Erkrankung. Je mehr Repeats vorliegen, desto früher ist mit dem Ausbruch der Erkrankung zu rechnen und desto ungünstiger ist dann die Prognose.



Die Huntington-Krankheit ist eine autosomal dominante Erkrankung. Autosomal heißt, das Gen liegt auf einem Autosom und nicht auf einem Geschlechtschromosomen. Deshalb erkranken Männer und Frauen gleichermaßen. Dominant bedeutet, dass die Veränderung nur einer Kopie des Gens, also entweder des väterlichen oder des mütterlichen, zur Erkrankung führt, obwohl die zweite Genkopie an dem entsprechenden Genort normal ist. Kinder von Eltern, bei denen ein Elternteil die Genveränderung trägt, erkranken mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% ebenfalls.

Fast alle Erkrankungsfälle beruhen auf einer von einem Elternteil ererbten Mutation. Sehr selten, und zwar nur etwa in 3% der Erkrankungsfälle, hat keiner der leiblichen Eltern eine Genveränderung, so dass eine Neumutation eingetreten sein muss.

Bei der Vererbung eines verlängerten CAG-Repeats durch die weibliche Keimbahn kommt es zu keiner oder lediglich geringen weiteren Verlängerung. Dagegen erfolgt bei der Vererbung durch die männliche Keimbahn häufig eine Zunahme der Repeat-Expansion mit einem daraus resultierenden früheren Krankheitsbeginn und einer schwereren klinischen Manifestation (Antizipation) bei den betroffenen Nachkommen.


2.2.1.1.4. Häufigkeit



Die Häufigkeit der Huntington-Krankheit wird mit 5 bis 10 auf 100 000 Menschen angegeben. Sie gehört damit zu den häufigsten genetisch bedingten neurologischen Erkrankungen. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.






2.2.1.1.5. Symptome



Die ersten Symptome der Huntington-Krankheit treten im allgemeinen zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr auf. Ein Erkrankungsbeginn vor dem 10. Lebensjahr bzw. nach dem 60. Lebensjahr ist selten. Die Symptome können in neurologische und psychische unterschieden werden, die sich ihrerseits im Früh- und Spätstadium der Erkrankung unterscheiden. Ein später Erkrankungsbeginn ist häufig mit einem milderen Krankheitsverlauf assoziiert und umgekehrt.




Neurologische Beschwerden
Die Erkrankung beginnt mit einer Bewegungsunruhe der Extremitäten, also der Arme und Beine, des Kopfes sowie des Rumpfes. Diese Unruhe steigert sich zu choreatischen Hyperkinesien. Das sind plötzlich einsetzende, unwillkürliche Bewegungen verschiedener Muskeln, wodurch die Willkürbewegungen unterbrochen werden. Betroffene versuchen zunächst, die choreatischen Bewegungen zu verbergen, in dem sie diese in willkürliche Bewegungsabläufe einbauen, z.B. lecken sie sich nach dem unwillkürlichen Herausstrecke der Zunge die Lippen oder streichen sich nach einer einschießenden Beugebewegung des Armes über das Haar. Zunehmend geraten die Muskelbewegungen aber außer Kontrolle. Beim Vollbild der Erkrankung kommt es zum plötzlichen Grimassieren und zu schleudernden Bewegungen von Armen und Beinen. Sprechen und Schlucken fallen zunehmend schwer (Dysarthrophonie und Dysphagie). Die Bewegungsunruhe verstärkt sich unter seelischer und körperlicher Belastung. Obwohl die unkontrollierten Bewegungen im Schlaf aufhören, nehmen sie bei Ermüdung eher zu. Die anfangs choreatischen Hyperkinesien wandeln sich mit zunehmenden Krankheitsverlauf in Bradykinesen, also in eine Verlangsamung der Bewegungsanläufe. Durch Erhöhung des Muskeltonus können die Gliedmaßen minuten- bis stundenlang in einer schmerzhaften Fehlstellung verharren. Anstelle des Grimassierens tritt dann der Mutismus, d.h. der Patient ist nicht mehr in der Lage, durch Mimik, Gestik und Sprache zu reagieren. Das Schlucken und Atmen fällt den Patienten immer schwerer und kann zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen. Die Huntington-Krankheit nimmt einen über 5-20 Jahre dauernden schicksalhaften Verlauf.

Psychische Beschwerden
Psychische Beschwerden gehen den neurologischen Beschwerden häufig voran. Im Frühstadium werden leichte Beeinträchtigungen der intellektuellen Fähigkeiten sowie Gedächtnisstörungen oft übersehen. Zu den ersten Erscheinungen eines psychischen Abbaus gehören ein unbedachtes und impulsives Verhalten sowie eine Enthemmung in zwischenmenschlichen Beziehungen. Aufgrund der mangelhaften Kontrolle über die Muskulatur, z.B. des Gesichtes mit Grimassieren, kann der falsche Eindruck eines bereits fortgeschrittenen Persönlichkeitsverlustes entstehen, was bei den Patienten Resignation und Depressionen hervorruft. Man führt die relativ hohe Suizidrate unter den Huntington-Patienten nicht nur auf die extrem schlechte Prognose sondern auch auf diesen Zusammenhang zurück.

Im Spätstadium der Erkrankung haben alle Patienten eine Demenz entwickelt, das heißt, es ist zum Verlust geistiger Fähigkeiten gekommen. So finden sich Störungen der Merkfähigkeit, damit im Zusammenhang stehend eine Desorientierung und eine Sprachverarmung. Einige Patienten entwickeln Wahnvorstellungen.






2.2.1.1.6. Diagnose



Die klinische Diagnose der Erkrankung ist im Frühstadium schwierig. Die Bewegungsstörungen sind anfangs gering ausgeprägt, aber bei der neurologischen Untersuchung können bereits Störung der Artikulation sowie der Augenbewegung auffallen. Mit zunehmender Ausprägung der typischen Bewegungsstörungen kann sich der Verdacht auf eine Huntington-Krankheit erhärten. Von besonderer Bedeutung bei der Diagnosestellung ist das Vorkommen der Huntington-Krankheit in der Familie.






2.2.1.1.7. Therapie



Eine kausale Therapie, also eine Therapie der Ursache der Erkrankung, existiert bisher nicht. Eine symptomatische Behandlung ist nur begrenzt möglich, das Voranschreiten der Erkrankung ist damit nicht zu verhindern.




Ernährung
Um der Abmagerung und dem Kräfteverfall entgegenzuwirken, sollten die Patienten hochkalorisch ernährt werden. Dabei müssen die Schluckstörungen bedacht werden. Dünnflüssige Nahrung wird häufig \"verschluckt\", besser ist eine breiige Konsistenz der Nahrung. Es sollten öfter kleinere Mahlzeiten gereicht werden, z.B. 5-6 Mahlzeiten pro Tag. Genussmittel, wie Kaffee, Nikotin und Alkohol können sowohl die Symptomatik verstärken als auch die Wirkung der Medikamente abschwächen.

Medikamentöse Behandlung
Es werden vielfältige Ansätze in der medikamentösen Therapie der Huntington-Krankheit verfolgt, die sich aber bisher noch im Experimentalstadium befinden. Die medikamentöse symptomatische Therapie sollte unbedingt durch einen Neurologen erfolgen, da fast alle derzeit bei der Therapie der Huntington-Krankheit gebräuchlichen Medikamente auch einen ungünstige Wirkungen haben können.


Begleitende Behandlung
Neben der medikamentösen Therapie ist Krankengymnastik außerordentlich wichtig. Dazu gehört u.a. auch ein logopädisches Training, um Sprechstörungen entgegenzuwirken. Darunter werden auch Schluckstörungen günstig beeinflusst. Eine Unterweisung in Entspannungstechniken, wie z.B. autogenes Training, ist nicht nur dem Patienten selbst, sondern auch den Angehörigen zu empfehlen. Auch von einer begleitenden Psychotherapie kann nicht nur der Patient sondern auch die Familie profitieren.





2.2.1.1.8. Komplikationen



Komplikationen ergeben sich aus der gestörten Koordination der Muskelbewegung. Infolge der Schluck- und Atemstörungen kann es zum Verschlucken, Aspiration oder Ateminsuffizienz kommen. Zum anderen geht die depressive Stimmungslage der Patienten mit einer relativ hohen Selbstmordrate einher.





2.2.1.1.9. Prognose



Die Huntington-Krankheit ist nicht heilbar, sie hat einen fortschreitenden Verlauf und endet immer mit dem vorzeitigen Tod. 15 Jahre nach dem Auftreten der ersten Symptome lebt nur noch etwa ein Drittel der Patienten. Es sind aber auch Krankheitsverläufe von über 40 Jahren möglich. Die häufigsten Todesursachen dabei sind Ateminsuffizienz, also Atemstörungen, und Aspirationspneumonien, also Lungenentzündungen durch Verschlucken, infolge der gestörten Koordination der Atemmuskulatur.





2.2.1.1.10. Prophylaxe



Es gibt keine vorbeugenden Maßnahmen, die den Ausbruch der Erkrankung verhindern können, wenn die Genveränderung vorliegt. Durch den Verzicht auf leibliche Kinder oder eine vorgeburtliche Diagnostik mit der Option eines Schwangerschaftsabbruchs bei nachgewiesener Genveränderung kann allenfalls die Geburt eines Kindes verhindert werden, das zunächst gesund ist, aber irgendwann im Erwachsenenalter erkranken wird. Betroffenen Familien sollte daher das Angebot einer genetischen Beratung geboten werden.





2.2.2. Autosomal rezessive Erkrankungen



Es wird von einer autosomalen rezessiven Erkrankung gesprochen, wenn an dem bestimmten Genort beide Kopien (Allele) des entsprechenden Gens eine Veränderung aufweisen müssen (die väterliche und die mütterliche). Wenn lediglich eine Genkopie verändert ist, kommt die Erkrankung nicht zur Ausprägung, weil die zweite normale Genkopie ausreicht, die Folgen der Veränderung zu kompensieren. Tritt eine autosomale rezessive Erkrankung bei einem Kind gesunder Eltern auf, muss davon ausgegangen werden, dass beide Eltern jeweils eine veränderte Kopie des Gens neben einer normalen Kopie an dem entsprechenden Genort tragen.



Anhand der Abbildung wird deutlich, warum beim autosomal rezessiven Erbgang die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung für Kinder 25% beträgt. Dabei entspricht jedes kleine Rechteck der Kopie des bestimmten Gens.



Sofern eines der Elternteile bereits krank ist, also bei ihm oder ihr beide Kopien verändert sind, steigt die Wahrscheinlichkeit für die Nachkommen, ebenfalls zu erkranken, von 25% auf 50% an. Sind gar beide Elternteile erkrankt, werden alle Nachkommen ebenfalls erkranken.



Ein Beispiel, bei dem es sich um einen autosomal rezessiven Erbgang handelt ist die Mukoviszidose oder zytische Fibrose.





2.2.2.1. Ein Beispiel


Mukoviszidose



2.2.2.1.1. Zusammenfassung



Die Mukoviszidose ist eine Erbkrankheit mit einem Erkrankungsrisiko von 1:2500, die vorwiegend die weiße Bevölkerung betrifft. Typisches Merkmal ist die Bildung eines sehr zähen Schleimes in der Lunge, der Bauchspeicheldrüse, der Leber und im Dünndarm, der die Funktion dieser Organe beeinträchtigt. Erstes Symptom ist oft der Darmverschluss des Säuglings. Später stehen die Probleme von Seiten der Lunge im Vordergrund. Häufige Infektionen müssen immer wieder mit Antibiotika behandelt werden und führen zu zunehmender Verschlechterung der Atemfunktion. Die Beeinträchtigung von Leber und Bauchspeicheldrüse kann dagegen sehr gut mit Medikamenten beherrscht werden. Die Diagnose erfolgt mittels Genanalyse, die schon durch Fruchtwasseruntersuchung in der Schwangerschaft möglich ist. Auch ein Schweißtest, der den erhöhten Salzgehalt nachweist, hat hohe Aussagekraft. Da der Gendefekt nicht heilbar ist, liegt die Therapie in der Behandlung der Symptome. In seltenen Fällen ist eine Lungentransplantation möglich und erfolgversprechend. Heute liegt die mittlere Lebenserwartung bei über 40 Jahren.



2.2.2.1.2. Allgemeines



Die Mukoviszidose, auch als zystische Fibrose bezeichnet, ist die häufigste rezessiv autosomale Erbkrankheit. Sie tritt fast nur unter der \"kaukasischen\" Bevölkerung, also nicht unter Farbigen oder Asiaten auf. Unter rezessiv autosomaler Erbkrankheit ist folgendes zu verstehen:

Das menschliche Erbgut ist in normalen Körperzellen auf 46 Chromosomen verteilt. Davon sind die Chromosome 1-22 so genannte Autosome, die jeweils zweifach vorhanden sind; also insgesamt 44 Chromosome. Zudem gibt es noch zwei Chromosomen, die das Geschlecht des Menschen bestimmen. Frauen besitzen das X Chromosom zweifach; Männer ein X und ein Y-Chromosom.

Das gesamte Erbgut, mit Ausnahme der Geschlechtschromosomen

bei Männern, ist somit doppelt vorhanden. Kommt es nun zu einer Mutation eines Gens oder wird ein mutiertes Gen von den Vorfahren geerbt, gibt es normalerweise noch eine gesunde Kopie auf dem

zweiten Autosom. Sofern ein mutiertes und nicht mutiertes Gen nicht

zu einer Erkrankung der betreffenden Person führt, liegt eine rezessive

Erbanlage vor. Von einer dominanten Erbanlage spricht man, sofern

bei Vorliegen bereits eines mutierten Gens

die Person erkrankt. Zeugen ein gesunder Vater und eine gesunde

Mutter mit jeweils einem mutierten Gen ein Kind, so besitzt dieses


eine 25% tige Wahrscheinlichkeit, zwei mutierte Gene zu erhalten,

und damit zu erkranken.





2.2.2.1.3. Ursache



Auf Chromosom 7 ist ein Gen mutiert, dass für ein Protein mit dem Namen Cystic-Fibrosis-Transmembrane-Conductance Regulator (CFTR) codiert.

Bei einer erkrankten Person fehlt aufgrund der defekten Gene in diesem Protein an der Stelle 508 die Aminosäure Phenylalanin. Dieses Protein fördert in der Zellmembran den Chloridtransport zwischen Zellinneren und

Zelläußeren. Bei dem mutierten Protein ist dieser Transport gestört.





2.2.2.1.4. Häufigkeit



Mukoviszidose tritt, wie erwähnt, fast nur unter weißen Menschen auf. In Deutschland leben 6 000 - 8 000 an Mukoviszidose Erkrankte, davon sind rund 30% älter als 18 Jahre. In den USA leben ca. 30 000 an dieser Krankheit leidende Menschen.

Rund 5% der weißen Amerikaner und Europäer sind Träger eines defekten Gens. Die Wahrscheinlichkeit an Mukoviszidose zu erkranken beträgt in Europa und den USA etwa 1 : 2 500. Das heißt, dass auf etwa 2 500 Geburten weißer Eltern ein an Mukoviszidose erkranktes Kind kommt. Damit ist diese Erbkrankheit bei der weißen Bevölkerung die häufigste autosomale rezessive Erbkrankheit.









2.2.2.1.5. Symptome



Die Erkrankung führt in der Regel zu nachteiligen Veränderungen jeglicher Sekretion an der Lunge, der Bauchspeicheldrüse, der Leber, dem Dünndarm, der Haut sowie den Geschlechtsorganen. Heutzutage sterben ca. 90% der an Mukoviszidose Erkrankten an Komplikationen der Lunge.



Lunge


Aufgrund des gestörten Chloridaustauschs entsteht in der Lunge ein zähflüssiger Schleim, der die Bronchien und ihre Verästelungen, die Bronchiolen und Alveolen verstopft. Ihre mit Flimmerhärchen ausgestattete Wandung ist normalerweise mit einer dünnen Schleimschicht überzogen, auf der eingeatmete Partikel haften bleiben und wie auf einem Förderband bis zum Rachen geschafft und dann verschluckt oder ausgehustet werden.

Den zähen, dicken Schleim der erkrankten Person aber vermögen die Flimmerhärchen nur schlecht oder gar nicht abzutransportieren. Dies kann zu einer Verengung der Luftwege führen und das Atmen behindern. Zugleich entwickeln sich aber Infektionen, da Bakterien ebenfalls nicht entfernt werden und in den Atemwegen verbleiben. Solche immer wiederkehrenden Infektionen schädigen das Lungengewebe, weil zu ihrer Abwehr Zellen des Immunsystems aktiviert werden, die aggressive chemische Substanzen und Enzyme freisetzen und so entzündliche Reaktionen auslösen. Die Zerstörung und Verengung der Bronchien schreitet mit der Zeit so weit fort, bis schließlich die Lunge versagt.

Sehr selten kommt in diesen Fällen eine Lungentransplantation in Frage.




Geschlechtsorgane


Aufgrund der Anomalie von Samenleiter und Nebenhoden, sind über 90% der Männer zeugungsunfähig; auch viele Frauen sind unfruchtbar, da die starke Verschleimung mit Pfropfen in den Eileitern den Spermien den Weg versperren.



Haut
Infolge der nicht normal funktionierenden Schweißdrüsen enthält der Schweiß erheblich mehr Kochsalz (Na Cl) als der von gesunden Personen.

Das hauptsächlich aus Wasser bestehende Sekret wird bei gesunden Menschen am Grund der Drüsen gebildet und fließt dann durch einen Gang zur Hautoberfläche. Anfangs ist es reich an Natrium- und Chlorid-Ionen; aber während seiner Passage werden diese vom Wandepithel, das die Schweißdrüsen auskleidet wieder aufgenommen, so dass die ausgeschwitzte Flüssigkeit nur noch schwach salzhaltig ist. Bei Patienten mit Mukoviszidose hingegen nimmt das Epithel keine Chlorid-Ionen aus dem Gang auf und im Zusammenhang damit auch schlechter Natrium-Ionen, so dass der Schweiß ungewöhnlich salzig bleibt.


Bauchspeicheldrüse
Bei rund 90% der Erkrankten verhindert ein durch zähen Schleim ausgelöster Verschluss der entsprechenden Kanäle den Abfluss der in der Bauchspeicheldrüse gebildeten Verdauungsenzyme. Durch fibrös verändertes Gewebe kann weiterhin die Produktion des Hormons Insulin gestört werden, so dass ein Diabetes die Folge sein kann.

Dünndarm
Bei etwa 10% der \"Erkrankten\" ist kurz nach der Geburt eine Operation wegen eines Darmverschlusses notwendig. Dieser Verschluss entsteht durch ein extrem zähes Mekonium, also den ersten Stuhl des Neugeborenen.


Leber


Durch eine Verstopfung der Gallengänge wird die Abgabe des für die Verdauung notwendigen Gallensaftes in den Zwölffingerdarms behindert bzw. verhindert.

2.2.2.1.6. Diagnose



Die Krankheit wird meist aufgrund der häufig wiederkehrenden Erkältungskrankheiten im Kindesalter diagnostiziert. Die endgültige Diagnose findet per DNA-Analyse statt. Auch eine Pränataldiagnose ist mittels Amniozentese möglich. Bei der Amniozentese wird unter Ultraschallkontrolle mit Hilfe eines Endoskops Fruchtwasser entnommen und einer DNA-Analyse unterzogen.





2.2.2.1.7. Therapie



Zur Zeit gibt es noch keine kausale, also die Krankheit selbst bekämpfende Therapie. Bis jetzt lassen sich nur bestimmte Symptome verbessern, mildern oder sogar zum Verschwinden bringen. Die Problematik des Verdauungsapparats ist mittlerweile gut behandelbar. Gegen das Versagen der Bauchspeicheldrüse werden den Patienten Kapseln mit entsprechenden Verdauungsenzymen eingegeben; dazu werden eine kalorien- und vitaminreiche Nahrung und fettlösliche Vitamine empfohlen.

In über 90% ist der Tod oder die Invalidität auf Manifestationen in der Lunge zurückzuführen. Auf ihre Behandlung konzentrieren sich daher vor allem die Bemühungen. So wird eine intensive Antibiotikatherapie durchgeführt. Auch physiotherapeutische Übungen finden Anwendung, so z.B. die autogene Drainage, wobei die Patienten lernen, mit Hilfe spezieller Atemtechniken ihre Lungen selbst vom Schleim zu reinigen. Erwähnt sei auch ein spezielles Atemtherapiegerät (Flutter), in dem beim Ausatmen eine Kugel in Schwingung gerät und damit eine Hilfe zur Reinigung der Lunge liefert. Durch das Auflegen der Hände auf den Brustkorb an der Stelle von Schleimansammlungen und durch eine entsprechende rhythmische Druckausübung erzeugt man ein die Schleimreinigung unterstützendes Vibrieren

Ein neuerer Therapieansatz besteht im Inhalieren des Enzyms DNAse. Dieses Enzym trägt zur Verflüssigung des Schleims dadurch bei, dass es die langen verklebenden Stränge, der DNA zerlegt, die aus abgestorbenen Zellen frei werden.

Eine Behandlung mittels Gentherapie befindet sich seit einigen Jahren in klinischen Tests. Dabei soll ein gesundes Gen in die betroffenen Zellen eingeschleust werden und zur Synthese von normalen CFTR führen. Eine Möglichkeit das Gen in die Zellen einzuschließen besteht darin, Adenoviren als Träger zu verwenden. Diese Viren dringen in die Zellen ein und infizieren die Zelle. Die Virusinfektion hat aber nur vergleichsweise harmlose Erkrankungen, wie grippale Infekte oder Erkältungen zur Folge während sie gleichzeitig das gesunde Gen mit in die Zelle verbringen. Bei dieser Therapie haben sich jedoch eine Menge von Problemen ergeben, so z.B. Abstoßungsreaktionen. Bisher sind derartige Therapieansätze noch nicht über experimentelle Studien herausgekommen.





2.2.2.1.8. Prognose



In den 50er und frühen 60er Jahren starben die meisten Erkrankten bereits im Säuglings- oder Kindesalter.

Durch eine erhebliche Verbesserung der symptomatischen, also nicht kausalen Therapie, soll die mittlere Lebenserwartung heute geborener Patienten bei über 40 Jahren liegen.

 
 

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